Europäisches Patentübereinkommen

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Europäisches Patentübereinkommen

Titel (engl.):
European Patent Convention
Abkürzung: EPÜ / EPC / CBE
Datum: 5. Oktober 1973
Inkrafttreten: 7. Oktober 1977
Fundstelle: SR 0.232.142.2
Vertragstyp: Multinational
Rechtsmaterie: Gewerblicher Rechtsschutz
Unterzeichnung:
Ratifikation: 38 Verbandsländer (1. Oktober 2010)[1]

Deutschland: 7. Oktober 1977
Liechtenstein: 1. April 1980
Österreich: 1. Mai 1979
Schweiz: 7. Oktober 1977
Bitte beachte den Hinweis zur geltenden Vertragsfassung.

Das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ; englisch European Patent Convention, EPC, französisch Convention sur le brevet européen, CBE) ist ein völkerrechtlicher Vertrag, durch den die Europäische Patentorganisation (EPO) geschaffen wurde und die Erteilung Europäischer Patente geregelt wird. Durch das EPÜ bilden seine Vertragsstaaten auch einen Sonderverband gemäß der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums (PVÜ), müssen also dessen Bestimmungen einhalten (z. B. zur Priorität).

Geschichte

Das Europäische Patentübereinkommen wurde am 5. Oktober 1973 auf einer Konferenz in München von 16 europäischen Staaten unterzeichnet und trat für Belgien, Frankreich, Deutschland, Luxemburg, die Niederlande, die Schweiz, und das Vereinigte Königreich am 7. Oktober 1977 in Kraft. Weitere Staaten ratifizierten das Abkommen in der Folgezeit.

1991 fand eine weitere Konferenz der Mitgliedstaaten statt, auf der die Laufzeit eines Europäischen Patents auf zwanzig Jahre festgelegt wurde. Diese Änderung trat für die Mehrheit der Mitgliedstaaten am 4. Juli 1997 in Kraft.

Eine grundlegende Überarbeitung des Übereinkommens erfolgte im Jahre 2000. Ziel der Überarbeitung war, das Übereinkommen flexibler zu machen, an neuere Internationale Verträge anzupassen und Bedürfnisse der Anmelder besser zu berücksichtigen. Das geänderte Übereinkommen, nach dem Jahr seiner Unterzeichnung kurz als EPÜ 2000 bezeichnet, trat für die überwiegende Mehrheit der Mitgliedstaaten am 13. Dezember 2007 in Kraft. Ein großer Teil der zwischenzeitlich beigetretenen Mitgliedstaaten hat nur die letzte revidierte Fassung des Jahres 2000 angenommen.

Mit dem Beitritt Serbiens am 1. Oktober 2010 gehören nun 38 Vertragsstaaten dem Europäischen Patentübereinkommen an.

Allgemeines

Das Übereinkommen wurde geschlossen, um die Patenterteilung innerhalb Europas zu zentralisieren und das Patentrecht seiner Vertragsstaaten zu harmonisieren. Statt in jedem Staat, in dem ein Patentschutz gewünscht wird, nationale Patentanmeldungen einzureichen, braucht nach dem EPÜ nur noch eine Anmeldung eingereicht zu werden, die vom Europäischen Patentamt (EPA), einem Organ der Europäischen Patentorganisation (EPO) zentral bearbeitet wird. In der Anmeldung müssen die Vertragsstaaten angegeben werden, für die ein Europäisches Patent beantragt wird.

Ein Europäisches Patent kann auch beantragt werden durch eine Internationale Anmeldung nach dem Patentzusammenarbeitsvertrag (

Patent Cooperation Treaty, PCT

) und Einleiten der regionalen EP-Phase nach Abschluss der Internationalen Phase.

Die zentrale Bearbeitungsphase vor dem Europäischen Patentamt enthält außer dem eigentlichen Erteilungsverfahren evtl. noch ein Einspruchsverfahren, falls innerhalb von neun Monaten nach der Bekanntmachung der Erteilung eines Patents Einspruch dagegen erhoben wird.

Danach ist das Europäische Patentamt nicht mehr zuständig; das Europäische Patent „zerfällt“ in ein Bündel nationaler Patente in den in der Anmeldung benannten Vertragsstaaten, die den durch nationale Patentämter erteilten Patenten gleichwertig sind. Nichtigkeitsklagen gegen Europäische Patente können daher nur vor den nationalen Gerichten eingereicht werden.

Bestandteile

Das Europäische Patentübereinkommen besteht aus mehreren Teilen:

  • Das Europäische Patentübereinkommen im engeren Sinne (Präambel und Artikel 1 bis 178).[2] Es legt die wesentlichen Grundlagen fest, z. B. Aufbau und Zuständigkeiten der Europäischen Patentorganisation, materielles Patentrecht, Patentierbarkeit, die zur Einreichung und Erlangung des Europäischen Patents berechtigten Personen, zu den Wirkungen der Patentanmeldung, zu den Formerfordernissen einer Anmeldung, zum Erteilungsverfahren, zum Einspruchs- und Beschwerdeverfahren und zu den Auswirkungen auf das nationale und internationale Recht.
  • Die Ausführungsordnung (ursprünglich Regeln 1 bis 106)[3] regelt Detailfragen zu den Sprachen und zur Organisation des Europäischen Patentamts und zu Einzelheiten des Verwaltungsverfahrens. Die Ausführungsordnung kann von dem Verwaltungsrat, einem Organ der Europäischen Patentorganisation, geändert werden; hiervon wurde über 35 Mal Gebrauch gemacht. Eine Neufassung der Ausführungsordnung wurde am 7. Dezember 2006 beschlossen.[4]
  • Es folgen vier Protokolle:
    • Protokoll über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung von Entscheidungen über den Anspruch aus Erteilung eines europäischen Patents (Anerkennungsprotokoll),[5]
    • Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Patentorganisation (Immunitätenprotokoll),[6]
    • Protokoll über die Zentralisierung des Europäischen Patentsystems und seine Einführung (Zentralisierungsprotokoll),[7]
    • Protokoll über die Auslegung des Artikels 69 des Übereinkommens[8] betreffend den Schutzbereich Europäischer Patente.
  • Eine gesondert ergangene Gebührenordnung (20. Oktober 1977;[9] neu gefasst am 7. Dezember 2006[10] mit mehreren nachfolgenden Änderungen) legt die an das Europäische Patentamt zu entrichtenden Gebühren fest und enthält Bestimmungen zur Durchführung der Zahlungen.

Vertrags- und Erstreckungs- und Validierungsstaaten

Datei:Office europeen brevets.svg
Vertragsstaaten (dunkelgrün) und Erstreckungsstaaten (hellgrün) sowie Validierungsstaaten (blau) des Europäischen Patentübereinkommens
Nr. Staat Kürzel Vertragsstaat seit Erstreckungs- bzw. Validierungsstaat seit E bzw. V
1 Belgien (*) BE 7. Okt. 1977
2 Deutschland (*) DE 7. Okt. 1977
3 Frankreich (*) FR 7. Okt. 1977
4 Luxemburg (*) LU 7. Okt. 1977
5 Niederlande (*) NL 7. Okt. 1977
6 Schweiz (*) CH 7. Okt. 1977
7 Großbritannien (*) GB 7. Okt. 1977
8 Schweden (*) SE 1. Mai 1978
9 Italien (*) IT 1. Dez. 1978
10 Österreich (*) AT 1. Mai 1979
11 Liechtenstein (*) LI 1. Apr. 1980
12 Griechenland (*) GR 1. Okt. 1986
13 Spanien (*) ES 1. Okt. 1986
14 Dänemark (*) DK 1. Jan. 1990
15 Monaco (*) MC 1. Dez. 1991
16 Portugal (*) PT 1. Jan. 1992
17 Irland (*) IE 1. Aug. 1992
18 Finnland (*) FI 1. März 1996
19 Zypern CY 1. Apr. 1998
20 Türkei TR 1. Nov. 2000
21 Bulgarien BG 1. Juli 2002
22 Tschechien CZ 1. Juli 2002
23 Estland EE 1. Juli 2002
24 Slowakei SK 1. Juli 2002
25 Slowenien SI 1. Dez. 2002 1. März 1994 E
26 Ungarn HU 1. Jan. 2003
27 Rumänien RO 1. März 2003 15. Okt. 1996 E
28 Polen PL 1. März 2004
29 Island (*) IS 1. Nov. 2004
30 Litauen LT 1. Dez. 2004 5. Juli 1994 E
31 Lettland LV 1. Juli 2005 1. Mai 1995 E
32 Malta MT 1. März 2007
33 Kroatien HR 1. Jan. 2008 1. Apr. 2004 E
34 Norwegen (*) NO 1. Jan. 2008
35 Nordmazedonien MK 1. Jan. 2009 1. Nov. 1997 E
36 San Marino SM 1. Juli 2009
37 Albanien AL 1. Mai 2010 1. Feb. 1996 E
38 Serbien RS 1. Okt. 2010 1. Nov. 2004 E
Bosnien und Herzegowina BA 1. Dez. 2004 E
Montenegro ME 1. März 2010 E
Marokko MA 1. März 2015 V
Moldawien MD 1. Nov. 2015 V
Tunesien TN 1. Dez. 2017 V
Kambodscha KH 1. März 2018 V

Das Europäische Patentübereinkommen wurde von 38 Vertragsstaaten unterzeichnet. Darunter befinden sich alle 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie 11 weitere Staaten (Stand: Feb. 2020). Als bisher letztes Mitglied trat am 1. Oktober 2010 Serbien der Organisation bei.[11] Vertreter der in der Tabelle mit (*) gekennzeichneten Staaten haben an der diplomatischen Konferenz zur Gründung der Organisation teilgenommen. Diese Staaten waren daher berechtigt, der Organisation durch Ratifikation beizutreten. Island hat das Abkommen allerdings erst 2004 ratifiziert, in Norwegen ist es am 1. Januar 2008 in Kraft getreten.

Alle Vertragsstaaten des EPÜ sind auch Vertragsstaaten des Europarates. Dieses gibt Anlass zur Debatte, ob die Europäische Patentorganisation dem Europarat beitreten kann. Derzeit wird geprüft, wie die EPÜ dem Europarat beitreten kann.[12][13]

Außerdem hat die Europäische Patentorganisation in den Jahren 1993 bis 2009 mit einigen Staaten, die (damals) nicht dem EPÜ angehör(t)en, Abkommen über die Erstreckung des Schutzes europäischer Patente geschlossen. Es ist daher möglich, beim Europäischen Patentamt die Erstreckung einer europäischen Patentanmeldung auf die Erstreckungsstaaten zu beantragen. Mit dem Antrag sind Erstreckungsgebühren zu entrichten. Die Patentanmeldung hat dann in den Erstreckungsstaaten dieselbe Wirkung wie eine nationale Patentanmeldung und kann nach ihrer Erteilung auch dort als Patent eingetragen werden. Derzeit kann die Erstreckung für Bosnien und Herzegowina (BA) und Montenegro (ME) beantragt werden. Einige frühere Erstreckungsstaaten sind mittlerweile zu Vertragsstaaten geworden. Für eine in der Zeit eingereichte Patentanmeldung, als diese noch Erstreckungsstaaten waren, kann auch für diese Staaten noch eine Erstreckung beantragt werden.

Seit 2010 wurde dieses Instrument durch die Validierungsabkommen abgelöst, die nicht auf Europa beschränkt sind. Vier davon sind in Kraft, das Abkommen mit Tunesien ist seit 1. Dezember 2017 in Kraft.

Siehe auch

Literatur

  • Georg Benkard, Europäisches Patentübereinkommen. Kommentar, 2. Aufl., München 2012, Verlag C. H. Beck, ISBN 978-3-406-60579-6
  • Friedrich-Karl Beier, Kurt Haertel, Gerhard Schricker, Joseph Straus (Hrsg.): Europäisches Patentübereinkommen, Münchner Gemeinschaftskommentar, in Lieferungen, Carl Heymanns Verlag 1984 ff. (2005 bis 28. Lieferung), ISBN 3-452-19412-4
  • Matthias Brandi-Dorn, Stephan Gruber, Ian Muir: Europäisches und Internationales Patentrecht. 5. Auflage, C. H. Beck, 2002, ISBN 3-406-49180-4
  • Lise Dybdahl: Europäisches Patentrecht. 2. Auflage, Carl Heymanns Verlag, 2004, ISBN 3-452-25682-0
  • Gautschi: EPÜ-Direkt, September 2009, www.epc-2000.de, ISBN 978-3-00-029510-2
  • Hansjörg Kley, Harald Gundlach und Carola Jacobi: Kommentar zum EPÜ 2000. 2. Auflage mit grafischen Übersichten (Mindmaps), mfh-verlag, 2008, Erscheinungstermine: jährlich Januar, August, optional Aktualisierungslieferungen, Online-Variante
  • Margarete Singer / Dieter Stauder (Hg.): The European Patent Convention. A Commentary. 2 Vol., 3. Aufl., Thomson / Sweet & Maxwell / Carl Heymanns, Köln, Berlin, Berlin, Bonn, München 2003.
  • Margarete Singer / Dieter Stauder: Europäisches Patentübereinkommen, 5. Auflage, Carl Heymanns Verlag, 2010, ISBN 978-3-452-27135-8
  • Tobias Bremi, The European Patent Convention and Proceedings before the EPO, 1st Edition September 2008, ISBN 978-3-452-26880-8
  • Bozic / Düwel / Gabriel / Teufel: EPÜ- und PCT-Tabellen, 1. Auflage, Carl Heymanns Verlag, 2011, ISBN 978-3-452-27682-7

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.epo.org/about-us/epo/member-states_de.html
  2. BGBl. 1976 II S. 826
  3. BGBl. 1976 II S. 915
  4. BGBl. 2007 II S. 1199, 1290
  5. BGBl. 1976 II S. 982
  6. BGBl. 1976 II S. 985
  7. BGBl. 1976 II S. 995
  8. BGBl. 1976 II S. 1000
  9. BGBl. 1978 II S. 1133, 1148
  10. BGBl. 2007 II S. 1199, 1290
  11. Serbien, 38. Mitgliedstaat (Memento vom 3. August 2010 im Internet Archive). Englisch, abgerufen am 5. August 2010
  12. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: Der Beitritt der EU zur EMRK – Eine schier unendliche Geschichte. In: Christine Hohmann-Dennhardt, et al. (Hrsg.): Grundrechte und Solidarität. Durchsetzung und Verfahren. Festschrift für Renate Jäger. Engel, Kehl am Rhein 2011, ISBN 978-3-88357-155-3, S. 135–146.
  13. https://www.eerstekamer.nl/eu/documenteu/hc_1492_i_oral_and_written/f=/viuxjuxc2dzh.pdf