Evangelische Kirche (Niederquembach)

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Kirche in Niederquembach von Südwesten
Ansicht von Südosten

Die evangelische Kirche im mittelhessischen Niederquembach in der Gemeinde Schöffengrund ist eine Saalkirche aus dem Jahr 1603. Das Gebäude ist aufgrund seiner geschichtlichen und städtebaulichen Bedeutung hessisches Kulturdenkmal.[1]

Geschichte

Niederquembach gehörte im Mittelalter zum Archipresbyterat Wetzlar im Archidiakonat St. Lubentius Dietkirchen in der Erzdiözese Trier.[2]

Mitte des 16. Jahrhunderts wurde die Reformation unter Pfarrer Johannes Geissler aus Bonbaden eingeführt. Die Kirchengemeinde wechselte 1582 unter Graf Konrad von Solms-Braunfels zum reformierten Bekenntnis.[3] Im Jahr 1599 brannte der Ort samt Kirche völlig ab. Die neue Kirche aus dem Jahr 1603 wurde wohl auf den Fundamenten eines Vorgängenbaus errichtet.[4] Die Kirchengemeinde unterstand bis zu diesem Zeitpunkt zusammen mit Oberquembach dem Rektorat von Bonbaden und gehörte bis 1717 zu Kraftsolms und wurde danach mit Oberquembach zur selbstständigen Pfarrei erhoben. Erster evangelischer Pfarrer war Gottfried Brückel (1717–1744).[5]

Die Kirchengemeinde Schöffengrund ist evangelisch-reformiert[6] und umfasst die Orte Niederquembach, Oberquembach und Oberwetz. Sie gehört heute zum Evangelischen Kirchenkreis an Lahn und Dill in der Evangelischen Kirche im Rheinland.[7]

Architektur

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Nordseite

Der in etwa geostete, weiß verputzte Saalbau mit halbrundem Ostschluss liegt in Hanglage oberhalb des Ortszentrums. Oberhalb des Mauerwerks bildet ein hölzerner Aufbau mit Zahnschnitt und Bibelversen den Übergang zum verschindelten Satteldach. Das westliche Giebeldreieck ist verschindelt. Das Südportal in einem Holzrahmen wird von zwei geschnitzten Pilastern flankiert.[8] Dem Dach ist mittig ein achtseitiger, vollständig verschindelter Dachreiter mit Spitzhelm aufgesetzt. Die Glockenstube beherbergt zwei Glocken. Der Helm wird von Turmknauf, Kreuz mit Kreis und einem vergoldeten Wetterhahn bekrönt.

Ausstattung

Im Inneren ruht die Flachdecke auf einem Längsunterzug, der von einem polygonalen Pfosten mit Bügen gestützt wird.[8] Dieser ist mit der Jahreszahl 1603 bezeichnet. Die polygonale hölzerne Kanzel an der Südwand ist wohl ebenfalls bauzeitlich. Sie hat rechteckige Füllungen und ist durch einen angeschlossenen Pfarrstuhl zugänglich.[8] Die Emporenbrüstung hat schlichte querrechteckige Füllungen. An den Fenstern wurde die alte Quadermalerei freigelegt.[1]

Orgel

Als die Kirchengemeinde Steindorf 1834 eine neue Orgel anschaffte, wurde das Vorgängerinstrument, das sechs Register auf einem Manual ohne Pedal hatte, möglicherweise nach Niederquembach versteigert. Nach Abicht war die Kirche 1836 noch „ohne Orgel“.[9] Gustav Raßmann stellte 1890 ein Instrument mit sechs Registern auf. Die Disposition lautet wie folgt:[10]

I Manual C–
Principal 8′
Salicional 8′
Gedackt 4′
Flöte 4′
Octave 2′
Pedal C–
Subbass 16′

Diese Orgel wurde 1984 durch ein zweimanualiges Werk von Orgelbau Hardt ersetzt. Teile der Orgel wurden 1985 in der Orgel in Stangenrod wiederverwendet.

Geläut

Datei:Kirche Niederquembach Glocke 2.jpg
Zweite Junker-Glocke von 1950

Im Jahr 1609 goss Melchior Moeringk aus Erfurt eine neue Glocke, die 1848 durch Andreas Otto aus Gießen ersetzt wurde. Diese wurde im Ersten Weltkrieg an die Rüstungsindustrie abgeliefert. Eine zweite Glocke aus dem Jahr 1785 stammte von Nicolaus Bernhard aus Tiefenbach und ging ebenfalls verloren.[9] Die Gemeinde schaffte 1950 zwei neue Glocken von Albert Junker aus Brilon auf den Schlagtönen es2 und ges2 an.[11] Die große Glocke trägt den Namen des Gießers mit dem Gussort, die kleinere den Bibelvers aus Jer 22,29 LUT: „O LAND LAND LAND HÖRE DES HERRN WORT“.

Literatur

  • Friedrich Kilian Abicht: Der Kreis Wetzlar historisch, statistisch und topographisch dargestellt. Teil: 2. Die Statistik, Topographie und Orts-Geschichte des Kreises. Wigand, Wetzlar 1836, S. 144–145, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
  • Folkhard Cremer (Red.): Dehio-Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Hessen I: Regierungsbezirke Gießen und Kassel. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 2008, ISBN 978-3-422-03092-3, S. 697.
  • Fest- und Heimatbuch für Oberquembach und den Schöffengrund. Oberquembach [1955].
  • Gerhard Kleinfeldt, Hans Weirich: Die mittelalterliche Kirchenorganisation im oberhessisch-nassauischen Raum (= Schriften des Instituts für geschichtliche Landeskunde von Hessen und Nassau 16). N. G. Elwert, Marburg 1937, ND 1984, S. 193.
  • Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hrsg.), Maria Wenzel (Bearb.): Kulturdenkmäler in Hessen. Lahn-Dill-Kreis II (Altkreis Wetzlar) (= Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland). Theiss, Stuttgart 2003, ISBN 978-3-8062-1652-3, S. 431–432.
  • Heinrich Läufer (Bearb.): Gemeindebuch der Kreissynoden Braunfels und Wetzlar. Herausgegeben von den Kreissynoden Braunfels und Wetzlar. Lichtweg, Essen 1953, S. 57–58.

Weblinks

Commons: Evangelische Kirche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hrsg.): Evangelische Kirche In: DenkXweb, Online-Ausgabe von Kulturdenkmäler in Hessen
  2. Kleinfeldt, Weirich: Die mittelalterliche Kirchenorganisation im oberhessisch-nassauischen Raum. 1984, S. 193.
  3. Niederquembach. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS). Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde (HLGL), abgerufen am 14. Juni 2020.
  4. niederquembach.de: Niederquembach einst und heute, abgerufen am 14. Juli 2020.
  5. Fest- und Heimatbuch für Oberquembach und den Schöffengrund. [1955], S. [43].
  6. reformiert-info.de. Abgerufen am 13. Januar 2021.
  7. Kirchenkreis an Lahn und Dill, abgerufen am 14. Juli 2020.
  8. a b c Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Hessen I. 2008, S. 697.
  9. a b Abicht: Der Kreis Wetzlar historisch, statistisch und topographisch dargestellt. Bd. 2. 1836, S. 144, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche.
  10. Franz Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 7,2). Band 2: Das Gebiet des ehemaligen Regierungsbezirks Wiesbaden. Teil 2: L–Z. Schott, Mainz 1975, ISBN 3-7957-1307-2, S. 662.
  11. Hellmut Schliephake: Glockenkunde des Kreises Wetzlar. In: Heimatkundliche Arbeitsgemeinschaft Lahntal e. V. 12. Jahrbuch. 1989, ISSN 0722-1126, S. 5–150, hier S. 140.

Koordinaten: 50° 28′ 32,2″ N, 8° 27′ 8,3″ O