Fédération Internationale des Résistants

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Fédération Internationale des Résistants (FIR), logo.gif
Obelisk mit dem Zeichen der FIR auf dem Heidefriedhof in Dresden

Die Fédération Internationale des Résistants (FIR; deutsch Internationale Föderation der Widerstandskämpfer) – Association Antifasciste ist die internationale Dachorganisation von Verbänden der antifaschistischen Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime mit Sitz in Berlin. Generalsekretär ist Ulrich Schneider.[1]

Geschichte

Die FIR wurde im Mai 1951 in Wien mit dem Ziel der Schaffung einer Welt ohne Faschismus und Krieg gegründet. Vorläufer der Organisation war die 1947 gegründete FIAPP (Federation internationale des anciens prisioniers politiques), in der sich Widerstandskämpfer aus 17 Ländern zusammenfanden. 1948 wurden auch die Antifaschisten aus Deutschland und Österreich in diese Gemeinschaft aufgenommen. Während des Kalten Krieges wurde sie von staatlichen Stellen als kommunistisch beeinflusste Organisation bezeichnet.[2] Sie ist als eine internationale nichtstaatliche Organisation „Botschafter des Friedens“ bei den Vereinten Nationen. Zum Jahreswechsel 2004 verlegte die FIR ihren Sitz von Wien nach Berlin und trägt seitdem den Namen Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten. Zum Generalsekretär wurde der Bundessprecher der VVN/BdA, Ulrich Schneider, gewählt.

Mitgliedsorganisationen

FIR-Denkmal für die Haftanstalt Mathildenstraße in Dresden während der Zeit des Nationalsozialismus.
Inschrift: „An dieser Stelle stand das Gefängnis 'Mathildenstrasse'. 1933 bis 1945 widerstanden Tausende Deutsche und Tschechoslowaken dem faschistischen Terror.“
Kongress der FIR: DDR-Briefmarke von 1982

Dem Verband gehören über 60 Organisationen aus 25 europäischen Ländern, Israel und Chile an. Darunter sind Veteranenverbände des antifaschistischen und Partisanenkampfes, Verbände von Kämpfern der Anti-Hitler-Koalition, Internationale Lagergemeinschaften ehemaliger Konzentrationslager sowie Organisationen in der Tradition des antifaschistischen Widerstandes und Antifaschisten heutiger Generationen.[3]

Die VVN/BdA übernahm das Organisationsbüro innerhalb der Dachorganisation FIR.[4]

In Deutschland sind bzw. waren folgende Organisationen Mitglied:

In Frankreich sind neben diversen Amicales (Häftlingsvereinigungen) unter anderem die Verbände Association Nationale des Anciens Combattants de la Résistance (ANACR) und Association Nationale des Cheminots Anciens Combattants (ANCAC) Mitglied der FIR.

Die mitgliederstärksten Verbände sind die "Russische Union der Veteranen", die italienische Partisanenorganisation ANPI und die serbische Veteranenorganisation SUBNOR.

Die ungarische MEASZ (Verband der ungarischen Widerstandskämpfer und Antifaschisten – Gemeinsam für Demokratie) gehört zu jenem gesellschaftlichen Bündnis in Ungarn, das in Opposition zur Orbán-Regierung steht.[5]

Organisatorisches

Zum IX. Kongress der FIR 1982 in Ost-Berlin gab die Deutsche Post der DDR Sonderbriefmarken und einen Ersttagsbrief heraus. Der Briefumschlag trägt den Aufdruck: „Nie wieder Krieg und Faschismus – IX. Kongreß der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer in Berlin, Hauptstadt der DDR.“[6]

Vom 13.–14. November 2004 fand in Berlin der XIII. ordentliche Kongress der FIR statt. Es wurde ein neues Statut beschlossen, mit dem auch Angehörige heutiger Generationen, die dem politischen Anliegen der Widerstandskämpfer und Verfolgten verpflichtet sind, Mitglieder in der FIR werden können. Präsident wurde der Belgier Michel Vanderborght (verstorben im September 2010).

Im Mai 2006 führte die FIR gemeinsam mit der Fraktion GUE/NGL im Europäischen Parlament den Kongress „60 + 1 Jahre: Antifaschismus in Europa“ durch. Am 13./14. Juni 2007 organisierte sie in Brüssel auf Einladung der sozialistischen und sozialdemokratischen Fraktion PSE ein Treffen mit jungen Leuten im Europa-Parlament.[7]

Vom 19.–20. Oktober 2007 fand in Athen der XIV. ordentliche Kongress statt. Gemeinsam mit dem Institute des Vétérans (Belgien) und dem Internationalen Komitee Buchenwald-Dora und Kommandos wurde für den April 2008 ein Internationales Jugendtreffen in Weimar in der Gedenkstätte KZ Buchenwald durchgeführt. An diesem Treffen nahmen über 1000 Jugendliche aus allen Teilen Europas teil. Auf der Abschlusskundgebung sprachen Überlebende des Lagers, Vertreter der belgischen Regierung und der Präsident der FIR Michel Vanderborght. In 20 Sprachen erneuerten Jugendliche den Schwur von Buchenwald und übernahmen die Verpflichtung zur Bewahrung des Vermächtnisses.

Am 9. und 10. Januar 2010 erfolgte in Berlin der XV. ordentliche Kongress. Zu den Delegierten sprach auch der Präsident der Weltföderation der Veteranenverbände (FMAC – Fédération Mondiale des Anciens Combattants). Der Kongress beschloss, im Mai 2012 erneut ein internationales Jugendtreffen, diesmal in der Gedenkstätte Auschwitz, durchzuführen. An diesem Treffen nahmen über 1000 Jugendliche aus ganz Europa teil.

Am 5. und 6. Oktober 2013 fand in Sofia der XVI.ordentliche Kongress statt. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten nahmen auch wieder Vertreter der italienischen und tschechischen Veteranen und Antifaschisten-Verbände teil. Zum Präsidenten wurde Vilmos Hanti (Ungarn) einstimmig gewählt. Vizepräsidenten kommen aus Griechenland, Italien, den Niederlanden und Russland.[8]

Vom 18. bis 20. November 2016 fand in Prag der XVII. ordentliche Kongress statt. Erneut waren frühere Mitgliedsverbände wieder in die Reihen der FIR zurückgekehrt. Der Kongress zog eine Bilanz der erfolgreichen Arbeit der vergangenen Jahre, z. B. des Internationalen Jugendtreffens im Mai 2015 in Auschwitz („Zug der Tausend“) gemeinsam mit dem belgischen „Institut des Vétérans“ oder die Veranstaltungen in knapp 20 europäischen Staaten mit der Friedensfackel der FIR („Torch of FIR“). Einstimmig wurde der Präsident wiedergewählt und drei Vizepräsidenten aus Griechenland, Italien und Russland gewählt.

Am 5./6. Mai 2018 führte die FIR gemeinsam mit den Veteranenverbänden des ehemaligen Jugoslawiens eine antifaschistische Balkan-Konferenz mit annähernd 100 Teilnehmenden aus allen Staaten des früheren Jugoslawiens, aus Bulgarien, Griechenland, Italien, Russland und Ungarn durch. In einer gemeinsamen Abschlusserklärung wird für den Balkan das Ziel "einer Zone des Friedens, der Verständigung und der Zusammenarbeit" genannt.[9]

Am 29./30. November 2019 fand in Reggio Emilia (Italien) der XVIII. ordentliche Kongress statt. Delegierte aus 15 Nationen nahmen an dieser Tagung teil. Drei Verbände konnten neu in den Reihen der FIR begrüßt werden. Die Delegierten wählten ein erweitertes Leitungsgremium, in dem nun mit Frankreich und Bulgarien acht Nationen vertreten sind.[10]

Conoa-bedingt mussten in den Jahren 2020 und 2021 alle geplanten internationalen Treffen ("Zug der Tausend" in den Gedenkstätte Auschwitz, Feierlichkeiten zum 75. Gründungsjubiläum, Konferenz über die Gefahr der extremen Rechten in Europa) abgesagt bzw. verschoben werden. Nur die Dokumentation über "Gedenkstätten der FIR zu antifaschistischem Kampf und Verfolgung" konnte anlässlich des 75. Gründungsjubiläums im Juni 2021 öffentlich vorgestellt werden.

Die FIR gibt seit 2004 ein vierteljährliches Informationsbulletin FIR – News in deutscher, englischer und französischer Sprache heraus.[11] Seit 2015 ist die Facebook-Seite der FIR aktiv und seit Frühjahr 2018 wird ein wöchentlicher FIR-Newsletter elektronisch an Interessierte verbreitet.

Ausstellung "Europäischer Widerstand gegen den Nazismus 1922–1945"

Seit 2013 arbeiten die FIR und ihre Mitgliedsverbände mit einer historischen Ausstellung zum europäischen Widerstand. Sie wurde gemeinsam mit dem "Institut des Veteranes" (Brüssel) und Museen zur Widerstandsgeschichte in verschiedenen europäischen Ländern erarbeitet. Im Sommer 2013 im Europäischen Parlament in Brüssel in Anwesenheit des Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments eröffnet, wurde die mehrsprachige Ausstellung mittlerweile in mehr als zehn europäischen Staaten gezeigt. Zu wichtigen Ausstellungsorten in Deutschland gehören das Bremer Rathaus (Januar 2015), die "documenta14" in Kassel (2017), das Dietrich-Keuning-Haus in Dortmund (2018), der Thüringische Landtag (2019) und das Rathaus in Rostock (2019).

Michel-Vanderborght-Preis

Die FIR verleiht den Michel-Vanderborght-Preis. Mit ihm sollen diejenigen geehrt werden, die sich im Sinne der Ideale des antifaschistischen Widerstandes für die Bewahrung der historischen Erinnerung, für die sozialen und politischen Interessen der Überlebenden und für die Fortsetzung des antifaschistischen Vermächtnisses durch besonderes Engagement gegen alte und neue Nazis ausgezeichnet haben.[12]

Im November 2016 wurde anlässlich des XVII. FIR Kongresses der Preis zum zweiten Mal verliehen. Preisträger aus Deutschland war der Studienkreis Deutscher Widerstand 1933–1945 (Frankfurt/M.).

Im Mai 2019 wurde der Preis an den griechischen Kommunisten Lazaros Kiritsis vergeben, der noch im hohen Alter als Zeitzeuge über den antifaschistischen Kampf der Demokratischen Armee berichtet, und an Ilja Kremer, der als Angehöriger der Roten Armee an der Befreiung Berlins beteiligt war. Weiterhin wurden geehrt der ungarische antifaschistische Musiker Janos Brody, der italienische Journalist Paolo Berizzi, die belgische Auschwitz-Stiftung und ihr Präsident Henri Goldberg sowie die deutsche Initiative Aufstehen gegen Rassismus.[13]

Die geplante Preisverleihung im September 2021 musste Corona-bedingt verschoben werden.

Publikationen

  • Internationale Föderation der Widerstandskämpfer FIR (Hrsg.): Die FIR im Bild. 1951–1981, Wien 1982 (in deutscher, französischer und russischer Sprache)
  • Fédération Internationale des Résistants (FIR) – Association Antifasciste 1951–2011. Red. Dr. Ulrich Schneider, Berlin 2011 (in deutscher, englischer und französischer Sprache)
  • Gedenkstätten der FIR zu antifaschistischem Kampf und Verfolgung. Red. Ulrich Schneider, Berlin 2021

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. fir.at
  2. Facts about international Communist front organisations (1958). S. 85–86, archive.org
  3. nach eigener Aussage auf fir.at

    „eine Dachvereinigung von Organisationen ehemaliger Widerstandskämpfer, Partisanen, Angehörigen der Anti-Hitler-Koalition, Verfolgten des Naziregimes und Antifaschisten heutiger Generationen aus über zwanzig Ländern Europas und Israels.“

  4. Communist and Post-communist Parties in Europe: Schriften des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung 36, herausgegeben von Uwe Backes, Patrick Moreau; Veröffentlicht von Vandenhoeck & Ruprecht, 2008, S. 75.
  5. 70 Jahre Internationale Föderation der Widerstandskämpfer, Der Historiker Ulrich Schneider über Antifaschismus einst und heute, nd-aktuell.de, 9. Juli 2021
  6. Quelle: Michel-Briefmarkenkatalog
  7. Ein Veranstaltungsbericht und Auszüge aus den Ansprachen finden sich in der No. 12 des FIR-Bulletins (November 2007)
  8. Die FIR wächst wieder in antifa 11/2013
  9. Der Balkan – eine Zone des Friedens, der Verständigung und der Zusammenarbeit
  10. Erfolgreicher Kongress der FIR in Reggio Emilia. In: FIR.at. 5. Dezember 2019, abgerufen am 13. Dezember 2019.
  11. Online unter https://www.fir.at/fir-bulletin/
  12. Fondation Auschwitz – Mémoire d'Auschwitz ASBL
  13. Antifaschistische Signale aus Budapest. In: junge Welt, 7. Mai 2019