Fürstentum Rheina-Wolbeck

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Fürstentum Rheina-Wolbeck (rot)

Das Fürstentum Rheina-Wolbeck war ein Kleinstaat im nördlichen Münsterland, der 1803 im Zuge der Säkularisation gegründet wurde und bereits 1806 wieder unterging.

Haupt- und Residenzstadt des Fürstentums war Rheine mit Sitz im Kloster Bentlage, das zum Schloss umgebaut wurde. Zum Herrschaftsgebiet des Fürstentums gehörten die Orte Mesum, Emsdetten, Nordwalde, Altenberge, Neuenkirchen, Salzbergen, Schepsdorf und Emsbüren. Das Staatsgebiet erstreckte sich links der Ems über etwa 60 km von Münster bis Lingen, war in west-östlicher Richtung jedoch nur 10–15 km breit. Es umfasste eine Fläche von etwa 556 km².[1] Der Streit mit den Nachbarn darüber, wo genau die Grenze verlief, welche Bauernhöfe dazugehörten und welche nicht, dauerte bis 1820 – 14 Jahre nachdem das kurzlebige Fürstentum Rheina-Wolbeck untergegangen war.[1]

Geschichte

Das Fürstentum wurde im November 1802 aufgrund des Lunéviller Friedens und im Vorgriff auf die Regelungen des Reichsdeputationshauptschlusses aus Teilen der Ämter Bevergern und Wolbeck des säkularisierten Fürstbistums Münster gebildet, die dem Herzog Wilhelm Josef von Looz-Corswarem als Entschädigung für seine verlorenen Gebiete in den Österreichischen Niederlanden zugewiesen wurden.[2] Er nahm am 31. Januar 1803 sein Fürstentum in Besitz.[3] Er nannte sich Fürst von Rheina-Wolbeck, da ihm die latinisierte Form des Namens „Rheine“ besser gefiel.[4] Nach seinem Tod im selben Jahr übernahm Joseph Arnold von Looz-Corswarem die Herrschaft.[5]

Schon am 26. Juli 1806 wurde das Fürstentum mediatisiert und in das Großherzogtum Berg eingegliedert, das frühere Herzogtum Berg, das Napoleon zusammen mit den rechtsrheinischen Teilen des früheren Herzogtums Kleve im März 1806 seinem Schwager Joachim Murat als Herrschaftsgebiet zugewiesen hatte.[6] Von Dezember 1810 bis Dezember 1814 war das Gebiet Bestandteil des Kaiserreichs Frankreich (Département Lippe).[7] Im Dezember 1814 wurde der größere Teil des einstigen Fürstentums schließlich preußisch; der nördliche Teil (ca. 180 km² mit Salzbergen, Emsbüren, Schepsdorf etc.) fiel an das Königreich Hannover.[8] Die Bemühungen des Herzogs von Looz-Corswaren, auf dem Wiener Kongress die Souveränität für sein Fürstentum zu erlangen, blieben erfolglos.[9]

Vererbung des Titels

Der Titel des Fürsten von Rheina-Wolbeck kam 1827 durch Heirat an die Familie Lannoy de Clervaux.[10] Der Graf Florent Stanislaus Lannoy de Clervaux († 23. September 1836) war mit der Prinzessin Clementine Josephine Franziska Therese von Looz-Corswaren († 4. Juni 1826), Tochter des Fürsten Joseph Arnold von Looz-Corswarem, verheiratet. Mit dem Tod des Fürsten erbte dessen Enkel Napoleon Lannoy de Clervaux (* 17. September 1807) den Titel und den Sitz im preußischen Herrenhaus. Das Erbe wurde allerdings von Verwandten zunächst angefochten. So musste die Erbfolge am 27. September 1836, am 27. März und 7. September 1839 erst von preußischen Gerichten bestätigt werden.[10] Die Bestätigung der Füstenwürde erfolgte am 15. Oktober 1840 durch einen Gnadenerweis des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. anlässlich seiner Thronbesteigung,[10] und erneut am 17. Juni 1878 bzw. 28. Juni 1880 durch Kaiser Wilhelm I. für Arthur Clemens Florentin Karl Fürst zu Rheina-Wolbeck, Graf von Lannoy-Clervaux.[11]

Literatur

  • Anton Führer: Geschichte der Stadt Rheine. Von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart. A. Rieke Nachf., Rheine 1927, S. 333 ff.
  • Josef Tönsmeyer: Das Landesfürstentum Rheina-Wolbeck. Rheine 1962.
  • Josef Tönsmeyer: Vom Landesfürstentum Rheina-Wolbeck zur Gutsherrschaft Rheine-Bentlage. Rheine 1980, ISBN 3-9800313-4-9.
  • Gothaisches genealogisches Taschenbuch nebst diplomatisch-statistischem Jahrbuch 1873. S. 182.
  • Stefan Schröder: Greven und das Fürstentum Rheina-Wolbeck. Stadtarchiv Greven, 2003.

Fußnoten

  1. a b Josef Tönsmeyer: Vom Landesfürstentum Rheina-Wolbeck zur Gutsherrschaft Rheine-Bentlage. Rheine 1980, S. 83.
  2. Josef Tönsmeyer: Vom Landesfürstentum Rheina-Wolbeck zur Gutsherrschaft Rheine-Bentlage. Rheine 1980, S. 20.
  3. Josef Tönsmeyer: Vom Landesfürstentum Rheina-Wolbeck zur Gutsherrschaft Rheine-Bentlage. Rheine 1980, S. 27.
  4. Josef Tönsmeyer: Vom Landesfürstentum Rheina-Wolbeck zur Gutsherrschaft Rheine-Bentlage. Rheine 1980, S. 81.
  5. Josef Tönsmeyer: Vom Landesfürstentum Rheina-Wolbeck zur Gutsherrschaft Rheine-Bentlage. Rheine 1980, S. 78.
  6. Josef Tönsmeyer: Vom Landesfürstentum Rheina-Wolbeck zur Gutsherrschaft Rheine-Bentlage. Rheine 1980, S. 159.
  7. Josef Tönsmeyer: Vom Landesfürstentum Rheina-Wolbeck zur Gutsherrschaft Rheine-Bentlage. Rheine 1980, S. 163.
  8. Josef Tönsmeyer: Vom Landesfürstentum Rheina-Wolbeck zur Gutsherrschaft Rheine-Bentlage. Rheine 1980, S. 166.
  9. Josef Tönsmeyer: Vom Landesfürstentum Rheina-Wolbeck zur Gutsherrschaft Rheine-Bentlage. Rheine 1980, S. 167.
  10. a b c Josef Tönsmeyer: Vom Landesfürstentum Rheina-Wolbeck zur Gutsherrschaft Rheine-Bentlage. Rheine 1980, S. 326.
  11. A. Freiherr von Houwald: Brandenburg-Preußische Standeserhebungen und Gnadenakte für die Zeit 1873-1918. Görlitz 1939, S. 20.