Fachspezifische Fremdsprachenausbildung

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Die Fachspezifische Fremdsprachenausbildung (kurz: FFA) ist eine studienbegleitende Zusatzausbildung an Universitäten, durch die für einen bestimmten Studienbereich Kenntnisse in einer Fremdsprache vermittelt werden. In Deutschland wird eine FFA oft im Zusammenhang mit dem Studienfach Rechtswissenschaften angeboten.

Überblick

Seit einigen Jahren bieten manche deutsche Fakultäten konkrete Ausbildungen für ihren Fachbereich in verschiedenen Fremdsprachen an. Die meisten Hochschulen konzentrieren sich dabei auf Programme in den Sprachen Englisch, Französisch und Spanisch. Immer mehr Universitäten ermöglichen aber auch fachspezifische Zusatzausbildungen in Italienisch, Türkisch oder Russisch.

Die meisten Ausbildungen werden von rechtswissenschaftlichen Fakultäten angeboten. Vereinzelt gibt es auch FFA-Programme in den Fachbereichen Wirtschafts-/Sozialwissenschaften, (Wirtschafts-)Mathematik, (Wirtschafts-)Informatik oder Soziologie.

Ziel einer FFA ist es im Grunde, den Studierenden einen fachlichen Überblick ihrer Studiendisziplin in einer fremden Fachsprache zu geben. Angesichts der Globalisierung und wachsenden internationalen Beziehungen jedweder Art ist immer mehr internationale Kompetenz auf sprachlichem und fachlichem Niveau gefordert. Das Studienmodell FFA ersetzt im Regelfall zwar kein Auslandsstudium, bereitet aber mindestens auf ein solches vor und vermittelt Grundlagenkenntnisse, mit denen die Studierenden auf einen Arbeitsmarkt vorbereitet sind, der mehr und mehr durch internationale Bezüge geprägt ist.

Teilnahmebedingungen und Studienverlaufspläne variieren je nach Universität. In der Regel werden aber nachweisbare Kenntnisse in der jeweiligen Fremdsprache vorausgesetzt.

FFA für Juristen

Allgemein

Immer mehr juristische Fakultäten bieten ihren Studierenden eine fachspezifische Fremdsprachenausbildung (FFA) an. Es geht dabei vor allem darum, einen Einblick in fremde Rechtsordnungen zu erhalten. Daneben deckt die Ausbildung den obligatorischen Fremdsprachenschein ab, der deutschlandweit eine Zulassungsvoraussetzung zur Ersten Juristischen Prüfung ist. Absolventen der FFA erhalten also nicht nur einen zusätzlichen Abschluss, sondern erfüllen auch eine Voraussetzung für die Erste Juristische Prüfung. Sie müssen in der Regel keinen weiteren Fremdsprachenkurs mehr erbringen.

In Deutschland

Im Rahmen der FFA erwerben die Studierenden in der Regel ein Zertifikat, das juristische Fremdsprachenkenntnisse in der jeweiligen Fremdsprache belegt. Ein Absolvent der FFA in Englisch verfügt also zertifiziert über Wissen zum anglo-amerikanischen Rechtssystem und über einen fachspezifischen Wortschatz.

Die Regelstudienzeit beträgt meistens zwei bis vier Semester bzw. 16 bis 18 Semesterwochenstunden. In der Zeit sind mündliche und schriftliche Prüfungen abzuleisten. Je nach Hochschule kann auch ein Praktikum im entsprechenden Rechtssystem vorgeschrieben sein. Die Vorlesungen werden in der Regel in der jeweiligen Landessprache abgehalten. Details sind überwiegend in eigenen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen geregelt.

An mindestens den folgenden Hochschulen werden in Deutschland eine FFA oder zumindest Fremdsprachenkurse im Fachbereich Rechtswissenschaften angeboten:

Universität Fachsprachen
Westfälische Wilhelms-Universität Münster Englisch, Spanisch, Französisch[1]
Georg-August-Universität Göttingen Chinesisch, Englisch, Französisch, Spanisch[2]
Universität Bonn Englisch[3]
Universität Passau Chinesisch, Englisch, Französisch, Italienisch, Polnisch Portugiesisch, Russisch, Spanisch, Tschechisch[4]
Universität Osnabrück Englisch (UK), Englisch (USA), Französisch, Spanisch, Polnisch, Chinesisch[5]
Universität Potsdam Rechtswissenschaftliche Fremdsprachenkurse, u. a. in Englisch[6]
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Englisch, Französisch[7]
Christian-Albrechts-Universität Kiel Englisch[8]
Universität Augsburg Englisch, Französisch[9]
Universität Bayreuth Englisch, Französisch, Italienisch, Russisch, Spanisch[10]
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Englisch Französisch, bis zur Basisstufe auch Italienisch, Türkisch[11]
Ludwig-Maximilians-Universität München Chinesisch, Englisch, Französisch, Griechisch, Italienisch, Portugiesisch, Russisch, Spanisch, Türkisch[12]
Universität Trier Chinesisch, Englisch, Französisch, Italienisch, Japanisch, Portugiesisch, Spanisch, Türkisch[13]
Universität Bielefeld Englisch, Französisch, Türkisch, Russisch[14]
Universität Heidelberg Englisch, Französisch[15]
Universität Greifswald Englisch[16]
Bucerius Law School Englisch, Französisch, Spanisch[17]
Ruhr-Universität Bochum Englisch[18]

(Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.)

FFA in Münster

Als eine der ersten Fakultäten in Deutschland hat die Juristische Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster eine FFA etabliert und damit einen deutschlandweiten Trend begründet. Seit Herbst 1995 bietet die Rechtswissenschaftliche Fakultät in Zusammenarbeit mit dem Sprachenzentrum eine viersemestrige FFA für Juristen an. Zum Wintersemester melden sich im Durchschnitt rund 200 Studierende für die FFA an; aktuell umfasst der Zusatzstudiengang knapp 450 Studierende.

Bedeutung

Die FFA in Münster ist ein kostenloser Zertifikatsstudiengang, der parallel zum Jurastudium absolviert werden kann und auch vom Land Nordrhein-Westfalen im Sinne des Juristenausbildungsgesetzes NRW anerkannt wird. Nach erfolgreichem Abschluss der FFA kann die Anerkennung eines Freisemesters für die Berechnung der Freiversuchsregelung beim Justizprüfungsamt beantragt werden. Es gibt juristische und sprachliche Vorlesungen, die nahezu ausnahmslos von Muttersprachlern gehalten werden. Die Lehrbeauftragten arbeiten für gewöhnlich als Dozenten, Anwälte oder Richter im englischen, spanischen oder französischen Sprachraum und reisen für die FFA an. Die FFA-Ausbildung ist in Münster durch starke Praxisbezogenheit geprägt: Jeder Studierende hat während der vorlesungsfreien Zeit ein mindestens dreiwöchiges Praktikum bei einer Institution im Ausland zu absolvieren, die sich überwiegend mit dem Recht des entsprechenden Landes in der jeweiligen Fachsprache befasst (z. B. Kanzlei, Verwaltungsbehörde, Sommerkurs, …).

Zulassungsvoraussetzungen

Berechtigt, an der FFA teilzunehmen, sind Studierende, die in den Studiengang Rechtswissenschaft der Universität Münster eingeschrieben sind, die Rechtswissenschaft als Nebenfach eines anderen Studiengangs studieren und im begründeten Einzelfall auch fachfremde Studierende, Doktoranden oder wissenschaftliche Mitarbeiter der Rechtswissenschaftlichen Fakultät, wenn sie sich nach abgeschlossenem Studium der Rechtswissenschaft juristisch weiterqualifizieren möchten.

Um an der FFA teilnehmen zu dürfen, müssen im Vorfeld mindestens 70 von 100 Punkten im so genannten C-Test erreicht werden. Dabei handelt es sich um einen Einstufungstest, mit dem die allgemein-sprachlichen Fertigkeiten der Studierenden festgestellt werden.

Aufbau

Die FFA in Münster erstreckt sich für jede der angebotenen Rechtssprachen über vier Semester mit insgesamt 18 Semesterwochenstunden. Darin sind drei Sprachkurse und fünf juristische Vorlesungen, sowie eine Lehrveranstaltung aus dem Wahlpflichtbereich (sog. Ergänzungskurs) enthalten.

Im ersten und zweiten Semester werden vor allem fachliche Sprachkenntnisse sowie rechts- und landeskundliche Kenntnisse vermittelt. Es gibt Einführungsveranstaltungen in das jeweilige Landesrecht und einen Überblick über die größten Rechtsgebiete. Die Lehrveranstaltungen des zweiten Studienabschnitts (drittes und viertes Semester) bauen auf denen des ersten Studienabschnitts auf und vermitteln vertiefte allgemeine und fachliche Sprachkenntnisse. Jede Vorlesung schließt mit einer schriftlichen Teilprüfung ab. Zum Ende der FFA findet außerdem eine mündliche Prüfung statt.

Im Ausland

Vergleichbare Programme wie die FFA sind im Ausland schwer zu finden. Viele Hochschulen bieten Ausbildungen im deutschen Recht aber in Form eines Bachelor of Laws (LL.B.) oder Master of Laws (LL.M.) Studiengangs an.

Einzelnachweise