Falsches zipfsches Gesetz
Das falsche zipfsche Gesetz ist eine als Gesetz formulierte Beobachtung zur Sparsamkeit im Gebrauch von Sprache.
Herkunft
George Kingsley Zipf hat eine Reihe linguistischer Hypothesen als Gesetze formuliert, z. B. zum Zusammenhang zwischen Wortlänge und Worthäufigkeit. Vor diesem Hintergrund wurde ihm gelegentlich eines fälschlich zugeschrieben, weshalb es später als „falsches“ Zipfsches Gesetz bezeichnet wurde, im Gegensatz zum Echten zipfschen Gesetz. In der Linguistik gibt es eine als Gesetz formulierte Beobachtung zur Sparsamkeit im Gebrauch von Sprache, die teilweise auch als zipfsches Gesetz kursiert. Sie hängt kaum mit dem Original zusammen und war auch wohl nicht von George Kingsley Zipf beabsichtigt. Auch wenn der Urheber nicht auszumachen ist, ist auch dieses zipfsche Gesetz eine wichtige und bedeutende Aussage darüber, wie Sprache entsteht.
Zur Benennung siehe Folk-Theorem.
Aussage
Dieses falsche zipfsche Gesetz besagt, dass Äußerungen in einer Sprache immer aus einem Kompromiss zwischen zwei entgegengesetzten Tendenzen im Sprecher entstehen:
- einerseits aus dem Wunsch, eine Information möglichst verständlich zu vermitteln, was zu Wiederholung (Redundanz) und Ausführlichkeit führt, und
- andererseits aus Sparsamkeit, dem Bedürfnis, möglichst wenig physische und geistige Energie bei der Sprachproduktion aufzuwenden.
Bedeutung
Dieses zipfsche Gesetz ist eine Hypothese über die Veränderung von Phonemen innerhalb einer Sprache(n) im Laufe der Zeit (Lautwandel): Durch graduell voranschreitende Anpassungen als Veränderungen bei den gesprochenen Lauten ändert sich ihr Beitrag zur Gesamtinformation, weil sie sich im Zeitablauf dem Lautwert anderer Laute nähern oder sich von ihnen entfernen. Nähert sich ein Laut L1 dem Lautwert des Lauts L2, so wird der Informationswert von L2 immer geringer, was es notwendig macht, auch den Lautwert L2 zu verändern; Annäherung des Lautwerts von L2 an L3 macht Veränderung von L3 notwendig usw. Diese von der Sprechökonomie losgetretene Entwicklung kann in einer durchgreifenden Veränderung vieler Laute im Rahmen eines Dominoeffektes enden und damit sogar Sprachen gleicher Sprachfamilie entfremden (vgl. Deutsch und Niederländisch). Unter der Voraussetzung, dass sich diese Hypothese in der Praxis bewährt, könnte sie manchen wichtigen Beitrag in der Phonetik und allgemein der Sprachwandelforschung leisten.
Siehe auch
Literatur
- Helmut Birkhan: Das „zipfsche Gesetz“, das schwache Präteritum und die germanische Lautverschiebung, Verl. d. Österr. Akad. d. Wiss., 1979 ISBN 3700102852
- David Crystal: Die Cambridge Enzyklopädie der Sprache. Campus, Frankfurt/ New York 1993, ISBN 3-593-34824-1
- X. Gabaix: Zipf's law for cities: An explanation. In: Quarterly Journal of Economics 114 (3): 739-767 AUG 1999
- Henry Guiter, M.V. Arapov (eds.): Studies on Zipfs Law. Brockmeyer, Bochum 1982, ISBN 3-88339-244-8
- M. Marsili, Y.C. Zhang: Interacting individuals leading to Zipf's law. In: Physical Review Letters 80 (12): 2741-2744 MAR 23 1998
- George Kingsley Zipf: The Psycho-Biology of Language. An Introduction to Dynamic Philology. The M.I.T. Press, Cambridge, Mass. 1935/ 1968
- George Kingsley Zipf: Human Behavior and the Principle of Least Effort. An Introduction to Human Ecology. Addison-Wesley, Cambridge MA 1949.
Weblinks
- Umfangreiche Bibliografie
- Zipf's law and the creation of musical context
- Zipf'sches Gesetz am Beispiel Deutscher Wortschatz
- Zipf, Power-laws and Pareto
- Use of Hermetic Word Frequency Counter to Illustrate Zipf's Law
- B. McCOWAN et al.: The appropriate use of Zipf’s law in animal communication studies. ANIMAL BEHAVIOUR, 2005, 69, F1–F7 (PDF; 167 kB)
- Das zipfsche Gesetz in den Primfaktoren der Fibonacci Zahlen
- Das zipfsche Gesetz in der logistischen Gleichung