Farblexem

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Farblexeme sind die semantischen Grundeinheiten zur Bezeichnung von Farben (schwarz, weiß, rot usw.).

Das Spektrum der Farben ist physikalisch betrachtet kontinuierlich, wird aber sprachlich in diskrete lexikalische Morpheme zerlegt, was den Vergleich von Farblexemen in verschiedenen Sprachen für die Linguistik besonders interessant macht. Die Frage, die sich dabei stellt ist, ob die mit den jeweiligen Lexemen gemeinten Bereiche des Spektrums willkürlich gesetzt, also kultureller Natur sind oder universell, also in allen Sprachen annähernd deckungsgleich, was für ein physiologisch bedingtes lexikalisches Muster spräche.

Tatsächlich lassen sich in vielen Sprachen grundlegende, also nicht zusammengesetzte Farblexeme finden, für die in anderen kein genaues Gegenstück existiert. So gibt es im Lateinischen keine Lexeme für grau und braun, das Navajo hat ein gemeinsames Lexem für blau und grün, aber zwei für schwarz (bezogen auf Dunkelheit und dunkle Gegenstände), im Russischen gibt es kein blau, stattdessen die zwei Farben sinij (синий) und goluboj (голубой) für dunkelblau und himmelblau. In einigen Sprachen kommen nur sehr wenige Farblexeme vor, so im Hochland von Neuguinea, wo einige Völker nur zwischen schwarz und weiß unterscheiden.

Trotz solcher Überschneidungen, Verschiebungen und Lücken kamen B. Berlin und P. Kay 1969 bei einer Untersuchung der Farbsysteme von 98 Sprachen zu dem Schluss, dass ein universelles Inventar von elf grundlegenden Farbkategorien existiere, das je nach Sprache entweder vollständig oder in fester Rangfolge teilweise ausgeschöpft wird. Als „grundlegend“ zählten sie nur Begriffe, die nicht zusammengesetzt, allgemein gebräuchlich, allgemein anwendbar und nicht in einer anderen Farbe enthalten sind. Ihrer Untersuchung zufolge besitzen Sprachen, die Lexeme für die hier weiter unten aufgezählten Farben haben, immer auch die darüberstehenden, demnach gibt es z. B. keine Sprache, die blau kennt, aber nicht gelb oder grün. Die Spannweite der in einer Sprache verwendeten Farblexeme reicht dabei von zwei wie bei einigen Papua-Sprachen bis elf, wie im Deutschen (bzw. zwölf im russischen).

weiß, schwarz
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rot
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grün, gelb
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blau
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braun
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violett, rosa, orange, grau

Das Konzept von Berlin und Kay ist nicht unumstritten und wohl vereinfachend, die Untersuchung hat aber dennoch umfassende sprachübergreifende Ähnlichkeiten im Gebrauch von Farblexemen nachweisen können. Auffallend ist dabei auch die annähernde Entsprechung der ersten sechs Farbkategorien zum Aufbau der menschlichen Netzhaut (Stäbchen für die Hell-Dunkel-Wahrnehmung, Zapfen für die Farben rot, grün und blau) und zu den sogenannten Grundfarben.

Siehe auch

Literatur

Crystal, David: Die Cambridge Enzyklopädie der Sprache. Campus Verlag. Frankfurt/Main 1995. ISBN 3-88059-954-8

Földes, Csaba: Farbbezeichnungen als phraseologische Strukturkomponenten im Deutschen, Russischen und Ungarischen. In: EUROPHRAS 90. Akten der internationalen Tagung zur germanistischen Phraseologieforschung Aske/Schweden 12.–15. Juni 1990. Hrsg. von Christine Palm. Acta Universitatis Upsaliensis. Studia Germanistica Upsaliensia 32, Uppsala 1991. S. 77–89.