Farfallino

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Farfallino Perugino, bravissimo soprano,[1] der in der Oper des Roten Priesters[2] am Teatro di Aliberti im Jahr 1723 sang...“, Karikatur von Pier Leone Ghezzi (Rom 1728, heute: Biblioteca Vaticana)[3]

Giacinto Fontana (3. Februar 1692 in Perugia11. Juni 1739)[4] war ein italienischer Opernsänger (Sopran-Kastrat) des Spätbarock. Er war bekannt unter dem Spitz- bzw. Künstlernamen Farfallino (kleiner Schmetterling), der sich sowohl auf seine ungewöhnlich zierliche, anmutige Erscheinung,[5] als auch auf gesangliche Qualitäten, wie eine besonders leichte, bewegliche, koloraturfähige Stimme, beziehen könnte.

Laufbahn

Giacinto Fontana erhielt seine musikalische Ausbildung in seiner Heimatstadt Perugia bei dem Filippiner-Pater Giacomo Bacci und sang mit 18 Jahren in der Kathedrale von Perugia.[6]

1710 trat er mit 17 oder 18 Jahren in Foligno in Caldaras Pastoraloper La costanza in amor vince L’inganno in der Rolle der Silvia auf.[7] Seine weitere Karriere erstreckte sich zwischen 1712 und 1735 fast ausschließlich in Rom, wo er zeitweise zu den Sängern der päpstlichen Kapelle gehörte.[8] Da aufgrund eines päpstlichen Erlasses Frauen auf der Opernbühne verboten waren, war Farfallino aufgrund seiner besonderen persönlichen Qualitäten prädestiniert für und spezialisiert auf Frauenrollen und war dabei – nicht zuletzt auch musikalisch – so erfolgreich, dass er fast nur die Primadonnenrollen bekam.

Er sang an allen wichtigen römischen Opernhäusern, auch bei der Eröffnung oder Wiedereröffnung der Theater Capranica, Alibert (oder delle Dame), Argentina und Tordinona.[4] Viele bedeutende Komponisten schrieben Partien für Farfallino, darunter Francesco Gasparini, Alessandro Scarlatti, Giovanni Bononcini, Antonio Vivaldi, Domenico Natale Sarro, Nicola Porpora, Francesco Feo und besonders Leonardo Vinci.[4] Dabei waren unter seinen Rollen ausgesprochen melancholische oder tragische Frauenfiguren, wie A. Scarlattis Griselda (1721) oder die Dido in Vincis Didone abbandonata (1726).

Als Farfallino 1727 die Emira in Porporas Oper Siroe, re di Persia am Teatro delle dame sang, gab ihm die berühmte Sängerin La Romanina (Marianna Benti Bulgarelli) – eine Freundin des Librettisten Metastasio, die für ihre schauspielerischen Qualitäten berühmt war – Tipps für seine Interpretation (möglicherweise auch schon ein Jahr zuvor für Vincis Didone abbandonata).[9][10] Metastasio selber schätzte Giacinto Fontanas Kunst sehr, und bezeichnete ihn in einem Brief an die Romanina als „unvergleichlich“:[4]

… Da tutte le parti sono assicurato dalla premura ed esatezza de’ rappresentanti; rendetene , vi priego, loro grazie a mio nome, e particolarmente agl’ incomparabili Scalzi e Fontana, che riverisco ed abbraccio.

„...Von allen Seiten versichert man mir die Sorgfalt und Genauigkeit der Ausführenden; richtet ihnen, bitte, Eure Komplimente in meinem Namen aus, und besonders an die unvergleichlichen Scalzi und Fontana, denen ich mich empfehle und die ich umarme.“

Metastasio: in einem Brief vom 7. Juli 1731 aus Wien, bezüglich einer Aufführung des Artaserse von Leonardo Vinci im Teatro Alibert in Rom[4]

Abgesehen von seiner grazilen und femininen Bühnen-Persona wusste sich der Sänger durchaus gegen Angriffe zu wehren: so wird berichtet, dass es während einer Aufführung von Vincis Didone abbandonata (1726), hinter der Bühne zu einem Duell zwischen ihm und einem anderen Musiker kam.[11][12]

Farfallinos Aussehen ist nicht wirklich bekannt, es existiert nur eine Karikatur von Pier Leone Ghezzi, die zwar ein liebenswert-sympathisches Wesen einfängt, aber aufgrund der typisch bizarr übertriebenen Gesichtszüge in dieser Kunstgattung keinen realistischen Eindruck gestattet. Ghezzi bezeichnete den Sänger im Begleittext zu dieser Zeichnung als „bravissimo soprano“ („hervorragender Sopran“).

Repertoire (Auswahl)

Es folgt eine Auswahl von Opernpartien, die ausdrücklich für Giacinto Fontana gen. Farfallino komponiert wurden; eine ausführlichere Liste seines Opern-Repertoires findet man auf Corago.

Literatur

  • Brumana Biancamaria: Il cantante Giacinto Fontana detto Farfallino e la sua carriera nei teatri di Roma. In: Università degli Studi Roma Tre - CROMA (Hrsg.): Roma Moderna E Contemporanea – Il melodramma a Roma tra Sei e Settecento. Nr. 1, 1996, ISSN 1122-0244, S. 75–112 (italienisch, Auszug [abgerufen am 26. Oktober 2019]).
  • Kurt Sven Markström: The Operas of Leonardo Vinci, Napoletano, Pendragon Press, 2007, in Auszügen online als „Google-Book“ (englisch; gesehen am 19. Oktober 2019)
  • Juliane Riepe: Sänger in der Kirche, Zur Praxis in italienischen Musikzentren des 18. Jahrhunderts, Online auf Academia (Abruf am 1. Januar 2020)

CD-Einspielungen

Von einigen Opern liegen Gesamtaufnahmen vor (siehe unten), durch die man einen gewissen Eindruck von Farfallinos stimmlichen und interpretativen Möglichkeiten gewinnen kann, auch wenn die Besetzung seiner Rollen mit so völlig verschiedenen Sopranen wie Dorothea Röschmann und Dominique Labelle, der Mezzosopranistin Joyce DiDonato oder dem Countertenor Max Emanuel Cenčić ein sehr uneinheitliches Bild abgeben. Es werden nur die Sänger von Farfallinos Partien genannt.

Einzelanmerkungen

  1. deutsch: „Farfallino aus Perugia, hervorragender Sopran...“
  2. il prete rosso war der Spitzname von Antonio Vivaldi
  3. Übersetzung der Originalbeschriftung von Ghezzi, hier nach: Kurt Sven Markström: The Operas of Leonardo Vinci, Napoletano, Pendragon Press, 2007, S. 136–140, hier: 139 (Auszüge online als „Google-Book“, gesehen am 19. Oktober 2019)
  4. a b c d e Brumana Biancamaria: Il cantante Giacinto Fontana detto Farfallino e la sua carriera nei teatri di Roma. In: Università degli Studi Roma Tre - CROMA (Hrsg.): Roma Moderna E Contemporanea – Il melodramma a Roma tra Sei e Settecento. Nr. 1, 1996, ISSN 1122-0244, S. 75–112 (italienisch, Auszug [abgerufen am 26. Oktober 2019]).
  5. Dies war bei einem erwachsenen Kastraten eher ungewöhnlich, weil durch die fehlenden Geschlechtshormone nicht selten ein eunuchoider Hochwuchs entstand; die Betroffenen wurden dann ungewöhnlich groß und auffällig. Auch Fettleibigkeit war bei erwachsenen Kastraten ziemlich verbreitet.
  6. Juliane Riepe: Sänger in der Kirche, Zur Praxis in italienischen Musikzentren des 18. Jahrhunderts, S. 62. Online auf Academia, S. 62
  7. La costanza in amor vince L’inganno (Antonio Caldara) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  8. Juliane Riepe: Sänger in der Kirche, Zur Praxis in italienischen Musikzentren des 18. Jahrhunderts, Online auf Academia, S. 67.
  9. a b Kurt Sven Markstrom: The Operas of Leonardo Vinci, Napoletano, Pendragon Press, 2007, S. 146
  10. Siroe, re di Persia (Nicola Porpora) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  11. Es ist bekannt, dass die Kastraten jenseits der Opernbühne oft mit Verachtung, Spott u. ä. konfrontiert waren. Nach anderer Interpretation soll dies jedoch ein Beispiel für ein möglicherweise „gefährliches“ Temperament des Sängers sein, doch sind derart negative Interpretationen angesichts der historischen Realität, in der die Kastraten und besonders ein zierlicher Frauendarsteller wie Farfallino (der vielleicht auch mit „dummer Anmache“ rechnen musste) lebten, mit Vorsicht zu genießen.
  12. Valesio: „Diario di Roma: Libro settimo e libro ottavo“, S. 632; hier nach: Kurt Sven Markström: The Operas of Leonardo Vinci, Napoletano, Pendragon Press, 2007, S. 136–140, hier: 138 (& Fußnote 41) (online als „Google-Book“, gesehen am 19. Oktober 2019)
  13. La costanza in amor vince L’inganno (Antonio Caldara) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  14. Ataulfo, re de’ Goti, ovvero la Forza della virtù (Giuseppe Maria Orlandini) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  15. Il Pirro (Francesco Gasparini) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  16. Astianatte (Francesco Gasparini) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  17. Lucio Vero (Francesco Gasparini) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  18. Crispo (Giovanni Bononcini) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  19. Griselda (Alessandro Scarlatti) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  20. Nino (Giuseppe Maria Orlandini) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  21. Arminio (Alessandro Scarlatti) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  22. Ercole sul Termodonte (Antonio Vivaldi) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  23. Giustino (Antonio Vivaldi) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  24. La Tigrena (Francesco Gasparini) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  25. Kurt Sven Markstrom: The Operas of Leonardo Vinci, Napoletano, Pendragon Press, 2007, S. 136–140, hier: 136
  26. Il Valdemaro (Domenico Natale Sarro) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  27. Siroe, Re di Persia (Nicola Porpora) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  28. Kurt Sven Markstrom: The Operas of Leonardo Vinci, Napoletano, Pendragon Press, 2007, S. 188–200, hier: 189
  29. Ipermestra (Francesco Feo) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  30. Catone in Utica (Leonardo Vinci) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  31. Semiramide riconosciuta (Leonardo Vinci) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  32. Alessandro nell’Indie (Leonardo Vinci) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  33. Artaserse (Leonardo Vinci) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  34. Berenice (Domenico Natale Sarro) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  35. Rosbale (Geminiano Giacomelli) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.
  36. Nerone (Egidio Romualdo Duni) im Corago-Informationssystem der Universität Bologna.