Felix Steiner

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Felix Steiner als SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Waffen-SS (1942)

Felix Martin Julius Steiner (* 23. Mai 1896 in Stallupönen[1]; † 12. Mai 1966 in München) war ein deutscher SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS.[2]

Leben

Erster Weltkrieg und Zwischenkriegszeit

Der Sohn eines Gymnasiallehrers trat im März 1914 als Einjährig-Freiwilliger in die Preußische Armee ein und wurde Fahnenjunker im Infanterie-Regiment „von Boyen“ (5. Ostpreußisches) Nr. 41 in Tilsit. In diesem Verband nahm er ab August am Ersten Weltkrieg teil, wurde im November 1914 schwer verwundet und nach seiner Genesung am 27. Januar 1915 zum Leutnant befördert. Bis 1918 nahm er an verschiedenen Feldzügen auf dem südlichen Kriegsschauplatz und an der Ostfront teil und wurde am 10. Oktober 1918 zum Oberleutnant befördert. Für seine Leistungen erhielt Steiner beide Klassen des Eisernen Kreuzes sowie das Verwundetenabzeichen in Schwarz.[3]

1919 trat er in ein ostpreußisches Freikorps ein und wurde 1921 in die Reichswehr übernommen, die er 1933 als Major verließ. Er schloss sich nun der NSDAP (Mitgliedsnummer 4.264.295) und deren Parteimiliz SA an. Dort wurde er beim „Chef des Ausbildungswesen“ eingesetzt und verfasste nach eigenen Angaben unter Pseudonym eine Anleitung zur militärischen Ausbildung der SA, die im Rahmen des geplanten Umbaus der Organisation zu einem „NS-Volksheer“ als Ersatz für die Reichswehr verwendet werden sollte (Steiner spricht in seiner Erinnerung anachronistisch von „einer neuen Wehrmacht“).[4]

In der SS

Nach der Entmachtung der SA wechselte Steiner 1935 zur SS (SS-Nr. 253.351) über. Dort übernahm er am 1. Juli 1936 als SS-Standartenführer das Kommando über ein kurz zuvor gegründetes Regiment der SS-Verfügungstruppe, die SS-Standarte „Deutschland“.

Im Oktober 1936 wurde Steiner militärischer Ausbilder an der SS-Junkerschule Bad Tölz. Dort traf er im April 1938 auch auf Cassius Freiherr von Montigny, der die Funktion eines „Taktikausbilders“ ausübte und ähnliche Ausbildungsansichten wie er vertrat.[5]

Steiner nahm mit seiner SS-Standarte „Deutschland“ als SS-Standartenführer an der Zerschlagung der Tschechoslowakei sowie am Überfall auf Polen 1939 und dem Westfeldzug 1940 teil, wofür ihm am 15. August 1940 das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes verliehen wurde.[6] Nach seiner Beförderung zum SS-Brigadeführer am 9. November 1940 wurde Steiner am 1. Dezember zum Kommandeur der SS-Division „Wiking“ ernannt, die er auch beim Angriff auf die Sowjetunion befehligte. Am 30. Januar 1942 wurde er zum SS-Gruppenführer und Generalleutnant der Waffen-SS befördert und am 22. April 1942 mit dem Deutschen Kreuz in Gold[6] sowie am 23. Dezember mit dem Eichenlaub zum Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes (159. Verleihung) ausgezeichnet.[6]

Von Juli bis Dezember 1942 operierte die SS-Division „Wiking“ unter Steiner im Verband des III. Panzerkorps im Kaukasus, beim LVII. Panzerkorps im Raum Rostow und im Frühjahr 1943 im Verband des XXXX. Panzerkorps bei den Abwehrkämpfen im Donbass. Am 30. März 1943 übernahm Steiner den Oberbefehl über das neugebildete III. (germanische) SS-Panzerkorps, das ab August 1943 am Balkan und ab Dezember 1943 im Raum westlich von Leningrad eingesetzt wurde. Ende Oktober 1944 musste er das Kommando krankheitsbedingt abgeben. Am 10. August 1944 waren ihm die Schwerter zum Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes (86. Verleihung) verliehen worden.[6] Wieder genesen, wurde er Oberbefehlshaber der 11. Armee in Pommern. Ende März 1945 wurde er zum Befehlshaber der im Grunde nur theoretisch bestehenden „Armeegruppe Steiner“ ernannt, mit der er in der Schlacht um Berlin die eingekesselte Reichshauptstadt von Norden her entsetzen sollte. So überzeugte ihn Rudolf Nadolny (1873–1953), ehemaliger deutscher Botschafter in Moskau und zu jener Zeit Gutsbesitzer auf Katharinenhof bei Gransee, in diesen Tagen die Stadt Gransee mit den Truppen zu verlassen. Dadurch konnte die Stadt fast kampflos übergeben werden. Er unterließ, wie in diesem Falle, an mehreren Frontbereichen Berlin-Nord die faktisch nicht ausführbare Entsatzoperation, weshalb er wegen Gehorsamsverweigerung am 27. April 1945 seines Kommandos enthoben wurde. Am 3. Mai 1945 begab sich Steiner an der Elbe in amerikanische Kriegsgefangenschaft, aus der er am 27. April 1948 entlassen wurde.

Neben dem ehemaligen Reichswehrgeneral Paul Hausser gehörte Steiner zu den maßgeblichen Personen, die am Aufbau der Waffen-SS beteiligt waren. Der Ausbau der SS-Verfügungstruppe, wie die militärischen SS-Verbände anfangs hießen, zu einer regelrechten Armee fand nach der nationalsozialistischen Machtübernahme und Ausschaltung der SA statt. Die Waffen-SS blieb stets eine politische Armee, die sich Hitler zu seiner persönlichen Verfügung hatte schaffen lassen.

Steiner gehörte zu den wenigen ehemaligen Offizieren, auf die sich die Reichsführung SS beim Aufbau von militärischen Strukturen in der Waffen-SS stützen konnte. Steiner bildete hierbei ein Gegengewicht zu Hausser, der stärker dem Generalstabsdenken der alten preußischen Armee verhaftet war. Basierend auf seiner Fronterfahrung führte Steiner Ausbildungs- und Führungsstrukturen ein, die sich an einem neuen Einsatzkonzept orientierten. Als wichtigste taktische Kampfeinheiten sollten nicht mehr große Verbände fungieren, sondern Stoßtrupps, was eine beweglichere Kampfführung ermöglichte. Auf diese Weise sollten Grabenkriege wie die des Ersten Weltkriegs verhindert werden. Dazu setzte Steiner in der Führerausbildung nicht mehr auf akademische Vorbildung und theoretische Schulung, wie noch in der Wehrmacht üblich, sondern auf Sportausbildung und körperliche Fitness.

Nachkriegszeit

Im Verlauf der Nürnberger Prozesse wurden Vorwürfe gegen Steiner wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und anderer Kriegsverbrechen fallengelassen.

In den 1950er Jahren hatte Steiner Führungspositionen in mehreren durch die Central Intelligence Agency gegründeten und finanzierten Einrichtungen inne.[7] Neben der Mitgliedschaft in der Redaktion der Deutsche Soldaten-Zeitung[8] war er auch eine der führenden Persönlichkeiten der Gesellschaft für Wehrkunde.[7] Anfang der 1950er Jahre war Steiner führendes Mitglied der Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Angehörigen der ehemaligen Waffen-SS (HIAG); 1953 gehörte er dem Präsidium der Bundesverbindungsstelle der HIAG an. Dabei war Steiner ebenso wie Paul Hausser und Herbert Otto Gille Gegner einer bundesweiten Organisation der HIAG und bevorzugte eine gemeinsame Organisation der Veteranen der Wehrmacht und der Waffen-SS im Verband deutscher Soldaten (VdS). Ungefähr im November 1955 verließ Steiner die HIAG im Streit. Zuvor wollte er vermutlich die HIAG an die Partei Gesamtdeutscher Block/Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten (GB/BHE) parteipolitisch anbinden.[9]

In der Folgezeit verfasste Steiner mehrere Bücher, darunter das 1958 im rechtsextremen Plesse-Verlag erschienene Werk Die Freiwilligen. In der Veröffentlichung versuchte er, die Waffen-SS als Teil einer „Freiwilligenbewegung“ zu glorifizieren, zu deren Wurzeln er Kriegsfreiwillige wie das Lützowsche Freikorps, die Sturmbataillone des Ersten Weltkriegs oder Walter Flex zählte.[10] In Armee der Geächteten, 1963 ebenfalls im Plesse-Verlag erschienen, versuchte er, die Waffen-SS als Opfer der willkürlichen Vergeltungspolitik der Alliierten darzustellen, die durch eine opportunistische Gesetzgebung der Bundesrepublik unterstützt worden sei. Zudem sei die Waffen-SS durch die SS-Führung „verraten“ worden, da diese die KZ-Wachverbände in die Waffen-SS eingegliedert und diese damit in Verbindung mit den nationalsozialistischen Verbrechen gebracht hätte. Dieser Verantwortung habe sich Heinrich Himmler bei Kriegsende durch Suizid entzogen, so Steiner.[11] Daneben verfasste er auch einige Romane, die vielfach im Zweiten Weltkrieg spielen.

Auszeichnungen

Siehe auch

Veröffentlichungen

  • Die Freiwilligen: Idee und Opfergang. Plesse-Verlag, Göttingen 1958.
  • Die Armee der Geächteten. Deutsche Verlagsgesellschaft, Rosenheim 1964, ISBN 3-920722-10-8.

Literatur

  • Peter Lieb: Steiner, Felix. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 25, Duncker & Humblot, Berlin 2013, ISBN 978-3-428-11206-7, S. 180 (Digitalisat).
  • Christopher Ailsby: Die Geschichte der Waffen-SS. Tosa-Verlag, Wien 2004, ISBN 3-85001-986-1.
  • Mark P. Gingerich: Felix Steiner – Himmlers „ausgesprochenes Lieblingskind“. In: Ronald Smelser, Enrico Syring (Hrsg.): Die SS. Elite unter dem Totenkopf. 30 Lebensläufe. 2. durchgesehene und aktualisierte Auflage, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2003.
  • Gordon Williamson: Die SS. Hitlers Instrument der Macht. Neuauflage. Neuer Kaiser-Verlag, Klagenfurt 2005, ISBN 3-7043-6037-6.
  • Juha E. Tetri: Kunniamerkkikirja. 3. täydennetty painos. Ajatus kustannusosakeyhtiö, Helsinki 1998, ISBN 951-9440-23-2.
  • Knut Stang: Ritter, Landsknecht, Legionär. Militärmythische Leitbilder in der Ideologie der SS. Peter Lang, Frankfurt am Main u. a. 2008, ISBN 978-3-631-58022-6.

Weblinks

Commons: Felix Steiner – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. 3. Auflage, Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2011, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 600.
  2. Dermot Bradley (Hrsg.): Die Generale der Waffen-SS und der Polizei. Band 5, Osnabrück 2011, ISBN 3-7648-3209-9, S. 454–479.
  3. Reichswehrministerium (Hrsg.): Rangliste des Deutschen Reichsheeres. E.S. Mittler & Sohn, Berlin 1930, S. 146.
  4. Felix Steiner: Die Armee der Geächteten. S. 25.
  5. Gordon Williamson: Die SS. Hitlers Instrument der Macht. Die Geschichte der SS von der Schutzstaffel zur Waffen-SS. Neuer Kaiser Verlag, Klagenfurt 2005, ISBN 3-7043-6037-6, S. 36.
  6. a b c d Veit Scherzer: Ritterkreuzträger 1939–1945. Die Inhaber des Eisernen Kreuzes von Heer, Luftwaffe, Kriegsmarine, Waffen-SS, Volkssturm sowie mit Deutschland verbündete Streitkräfte nach den Unterlagen des Bundesarchivs. 2. Auflage, Scherzers Militaer-Verlag, Ranis/Jena 2007, ISBN 978-3-938845-17-2, S. 721.
  7. a b Betreff: GfW. Central Intelligence Agency, Januar 1953, abgerufen am 15. März 2015.
  8. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. 2. aktualisierte Auflage. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-596-16048-0, S. 600 mit Bezug auf die Quelle BA N 1080/272.
  9. Karsten Wilke: Die Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit (HIAG) 1950–1990. Veteranen der Waffen-SS in der Bundesrepublik. Schöningh, Paderborn/Wien 2011, ISBN 978-3-506-77235-0, S. 25 f., 40 f., 50 (zugleich Dissertation, Universität Bielefeld, 2010).
  10. Karsten Wilke: Die Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit (HIAG) 1950–1990. Veteranen der Waffen-SS in der Bundesrepublik. Schöningh, Paderborn/Wien 2011, ISBN 978-3-506-77235-0, S. 229 (zugleich Dissertation, Universität Bielefeld, 2010).
  11. Karsten Wilke: Die Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit (HIAG) 1950–1990. Veteranen der Waffen-SS in der Bundesrepublik. Schöningh, Paderborn/Wien 2011, ISBN 978-3-506-77235-0, S. 125 f. (zugleich Dissertation, Universität Bielefeld, 2010).
  12. Tetri 1998, S. 51.