Filmverleih

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Ein Filmverleih ist ein Distributor von Kinofilmen, beliefert also Kinos mit Filmkopien oder Datenträgern und stellt damit ein wichtiges Bindeglied zwischen der Produktion des Films (durch eine Filmproduktionsgesellschaft) und dem Konsum in den Kinos dar.

Die Interessen der deutschen Verleiher werden vom Verband der Filmverleiher (VdF) und der AG Verleih vertreten.

Begriffserläuterung

„Verleih“ ist juristisch genau genommen ein unangemessener Terminus, da die Filmkopien vom Verleih nicht (unentgeltlich) verliehen, sondern gegen Gebühr (Filmmiete) vermietet werden. In der Praxis hat sich der Begriff „Filmverleih“ allerdings so eingebürgert, dass er beibehalten wird.

Geschichte

Bis etwa 1906 oder 1907 waren die meisten Filme nicht länger als etwa 10 Minuten, also ein bis maximal zwei Filmrollen. Die Hersteller produzierten ihre Filme der Nachfrage entsprechend in großer Anzahl und verkauften sie an Kinobesitzer. Als das Kino gegen 1906 weltweit erstmals Besucherrückgänge verzeichnete, da die kurzen, inhaltlich immer ähnlichen Filme bereits an Attraktivität verloren, fand der Übergang zu längeren, inhaltlich vielfältigeren Filmen, mit bis zu etwa 20 Minuten Dauer, statt. Um die nun entsprechend höheren Herstellungskosten finanzieren zu können und zugleich dem Kinobesitzer zu ermöglichen, die Filme häufiger zu wechseln, wurde das Verleihsystem flächendeckend eingeführt.

Vorarbeit

In der Regel werden vom Hersteller der Filme (Produzent oder dem von ihm beauftragten Weltvertrieb) die Rechte für die nationale Verwertung erworben. Der Verleih kümmert sich nun um eine entsprechende marktgerechte Bearbeitung des Films (Synchronisation, Untertitelung) und die Altersfreigabe (Vorlage bei der Freiwilligen Selbstkontrolle etc.). Es kann vorkommen, dass der ursprüngliche Film gekürzt wird, um eine für die Vermarktung günstigere Altersfreigabe zu erhalten. Es ist aber auch möglich, dass ein Film, der in seinem Ursprungsland aus denselben Gründen gekürzt wurde, hier in einer längeren Fassung verliehen wird.

Der Verleih setzt einen Zeitpunkt fest, in dem der Film offiziell auf den Markt kommt (in Deutschland: Bundesstart). Im Rahmen von Filmfestivals oder ähnlichem sind auch offizielle Vorpremieren oder unangekündigte Sneak Previews möglich. Darüber hinaus gibt es Pressevorführungen. Auch die überregionale Werbung für einen Film liegt bei den Verleihern, während die regionale Werbung (außer in Großstädten) zumeist den lokalen Kinos überlassen ist. Der Verleiher unterstützt die lokalen Kinos durch Werberatschläge.

Die Verleihvorkosten für die technische Herausbringung und Bewerbung des Kinostarts fasst man unter dem Begriff Prints and Advertising (P&A) zusammen.

Verleihvorgang

Der Verleih stellt nun den Kinos die heute in der Regel digitalen Filmkopien sowie deren Vorführungsrecht zur Verfügung und erhält dafür in der Regel einen prozentualen Anteil der Einnahmen. Er kümmert sich um die Terminierung (wann die Filme wo eingesetzt werden), während Lagerung und Versand oftmals von unabhängigen regionalen Filmlagern oder zentralen Logistikfirmen erledigt werden. Digitale Kopien der Filme werden in der benötigten Zahl auf Festplatten hergestellt, die an die Kinos geliefert werden. Zur Reduzierung der Lagerkosten wird nach der ersten, massiven Auswertung ein Großteil dieser Festplatten für neue Filme wiederverwendet. Zu Zeiten analoger Filmdistribution wurde ein Großteil der Kopien vernichtet bzw. das Trägermaterial (Polyester) dem Recycling zugeführt.

Meist hat der Verleih die nationalen Rechte an der Filmauswertung nur für einen begrenzten Zeitraum erworben. Gerade im Bereich der nichtgewerblichen Filmarbeit (Filmclub, Kommunales Kino, Filmfestivals) kommt es daher vor, dass ein Verleih noch Kopien, aber keine Rechte mehr hat, die dann vom Kinobetreiber zusätzlich zur Gebühr an den Verleiher extra beim Weltvertrieb oder sonstigen Rechteinhaber erworben werden müssen. Ebenso kann es vorkommen, dass zwar noch Rechte für die nationale Aufführung beim Verleih liegen, der aber über keine spielbare Filmkopie mehr verfügt, die dann anderweitig (Kinemathek, Filmsammler, Archiv) beschafft und ebenfalls extra bezahlt werden muss.

Eine zu Beginn der 1920er Jahre von amerikanischen Filmkonzernen angewandte, illegale Methode, um Kinos zur Abnahme aller im eigenen Verleih befindlichen Filme zu nötigen, war das Blocksystem. Damit sollte der europäische Markt für eigene Produktionen gesichert werden.

Mit der Verbreitung des Digitalen Kinos haben sich auch die Abläufe im Vertrieb der Filmkopien völlig verändert: Die Verleiher versenden ihre Filme in Form kompakter Festplatten (in der Regel in stabilen Wechseleinschüben, teilweise in Form von USB-Festplatten) mit Digital Cinema Packages per Post und anderer Unternehmen. In jüngster Zeit beginnt sich auch die rein digitale Distribution per Satellit oder Breitband-Verbindungen zu etablieren, in Europa ist diese Technik (im Gegensatz z. B. zu den USA) aber noch wenig verbreitet. Obwohl seit Einführung der digitalen Filmkopien die Kosten des Verleihs pro Kopie extrem gesunken sind, legt der Filmverleih in der Regel dennoch eine Startkopienzahl vorab fest. Übliche Startkopienzahlen in Deutschland liegen zwischen weniger als 10 bei sehr kleinen Filmkunstfilmen bis zu über 1000 bei Blockbustern.

In Zeiten analoger Distribution war es entscheidend, dass eine Filmkopie, die in einer Spielwoche (also bis Mittwoch) in einem Kino eingesetzt wurde, bereits am Folgetag zur neuen Spielwoche in einem anderen Haus gespielt werden konnte. Hierfür existierte der Berufszweig des Filmspediteurs, der in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag alte Kopien abholte und neue aus dem Filmlager oder von einem Vorspieler brachte. Diese Form der Belieferung ist weitgehend weggefallen. Manche Speditionen versorgen seither die Kinos mit Produkten des gastronomischen Bereiches (Süßigkeiten, Zutaten für Popcorn etc.).

Verleihbezirke

Die größeren Filmverleiher haben sogenannte Verleihbezirke eingeteilt. Für jeden Bezirk gibt es eine eigene Pressebetreuung und eine gesonderte Disposition. Vor allem viele kleine Verleiher haben eine zentrale Disposition. Manche übernehmen diese Aufgabe auch gar nicht selbst, sondern überlassen das "Booking and Billing" (also die Vermietung ihrer Filme an die Kinos sowie die Abrechnung) speziellen Agenturen oder anderen Verleihfirmen.

Vor der Digitalisierung der Kinos gab es in jedem Verleihbezirk ein oder mehrere Filmlager, aus denen die Kinos zentral über Speditionen mit den Kopien beliefert werden. Heute wird die digitale Belieferung teilweise noch über die verbliebenen Filmlager ausgeführt, in der Regel liefern aber zentrale Logistik-Anbieter die Filmkopien aus. Auch die Pressevorführungen sind nach Bezirken aufgeteilt.

Die Verleihbezirke im Einzelnen:

  • Hamburg (Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen)
  • Berlin (Mecklenburg-Vorpommern, Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen)
  • Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen)
  • Frankfurt (Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Teile von Baden-Württemberg, Teile von Bayern)
  • München (Teile von Bayern, Teile von Baden-Württemberg)

Nichtgewerblicher Filmverleih

Es gibt auch nichtgewerbliche Filmverleihe (z. B. Landesfilmdienste / Landesmediendienste e. V., Matthias-Film der Evangelischen Kirche in Deutschland) von denen sich aber viele, auch Landes- und Kreisbildstellen, auf DVDs und BluRays beschränken. Früher war auch das z. B. in Schulen und Jugendarbeit gebräuchlichere Schmalfilmformat 16 mm üblich. Im gewerblichen Bereich (Kino) wird fast ausschließlich mit digitalen Filmkopien sowie früher dem 35-mm-Format gearbeitet.

Unternehmen

In Europa dominieren US-amerikanische Verleiher. Über die größten Marktanteile verfügen:

Bedeutendste deutsche Verleiher sind
Deutsche Kleinverleiher (alphabetisch) sind
Ehemalige deutsche Verleiher

Weblinks