Planare Höhenstufe

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Weitgehend natürlicher Heidemoorbereich in der Ohligser Heide (Solingen); häufige azonale Vegetation in der Planarstufe der nordwestdeutschen Mittelgebirge
In Arktis und Antarktis wird keine planare, kolline oder montane Höhenstufe ausgewiesen, da die Vegetation aufgrund des polaren Klimas von Meereshöhe bis etwa 900 Meter ausschließlich aus Tundra besteht. Unterschiede gibt es lediglich im Arteninventar der unterschiedlichen Höhen (Beispiel Spitzbergen)
Die größte Tiefebene der Erde ist das westsibirische Tiefland
Obwohl die Prärieebenen in den USA von rund 200 m am Mississippi westwärts auf bis zu 2000 m ansteigen, werden sie aufgrund der überall dominierenden Steppenvegetation zur planaren Ebene gerechnet

Planare Höhenstufe (von lateinisch planus = eben, flach – auch Planarstufe, Ebenenstufe, Flachlandstufe (engl. Plains) und vereinzelt planare Vegetationsstufe) ist die orographische Bezeichnung für (Tief-)Ebenen in Bezug auf Gebirgsräume und ihre Vegetation.

Die Standortbedingungen der Ebenenstufe für die Pflanzenwelt entsprechen den zonalen Gegebenheiten der Klimazone, in der das Gebirge liegt; extrazonale Gegebenheiten aufgrund des Gebirgsklimas sind hier noch nicht zu erwarten. Sie ist im Allgemeinen von schwachen Hangneigungen und wenigen Erhebungen geringer Reliefenergie (maximal 50 m Höhenunterschied) geprägt.[1] Ihre Obergrenze wird am Gebirgsfuß nach den jeweiligen ökologischen Vorgaben bei einem bestimmten Wechsel der natürlichen Pflanzenformationen gezogen. Die nächsthöhere Vegetationsstufe ist entweder die kolline oder montane Höhenstufe.

Nomenklatur

Die Begriffe planar, kollin, montan, alpin und nival gehören in Geobotanik, Biogeographie und Ökologie zu der am weitesten verbreiteten, „klassischen“ Nomenklatur für Höhenstufen mit ihren jeweils typischen Klimata und der potenziellen natürlichen Vegetation. Obwohl sich diese Bezeichnungen, die aus der traditionellen Alpenforschung stammen, ursprünglich nur auf humide Gebirge der gemäßigten Breiten bezogen,[2] werden sie heute (mit den bereits beschriebenen Ausnahmen) auch für Gebirge anderer Klimazonen verwendet. Aufgrund dessen kann es keine allgemeingültigen Definitionen geben, da die Abstufung immer auf die tatsächlichen Verhältnisse eines konkreten Gebirges bezogen ist. Einige Autoren benutzen daher – insbesondere bei völlig andern ökologischen Verhältnissen – abweichende Bezeichnungen und Abfolgen, um Verwechslungen und falsche Schlussfolgerungen zu vermeiden.[3]

Alternative Bezeichnungen

Die Bezeichnung planar ist für die gemäßigte Zone allgemein üblich. In mediterranen Gebirgen wird häufig die abweichende Bezeichnung thermomediterran (zum Teil zusätzlich mesomediterran, jedoch uneinheitlich)[3] verwendet, um bereits durch die Begrifflichkeit die Vegetationsunterschiede zu den Gebirgen der angrenzenden gemäßigten Zone deutlich zu machen.

In den übrigen Subtropen[4] und in den trockenen Tropen[5] wird wiederum bisweilen eine planare Stufe genannt. In den Feuchttropen ändert sich höhenwärts zwar das Artenspektrum der Vegetation, doch die Formation des Tieflandregenwaldes bleibt bis auf 1000/1400 Meter bestimmend, sodass es irreführend wäre, hier von planarer Stufe zu sprechen).[3] Auch für polare Gebirge wird keine Planarstufe definiert (In den hohen Breiten herrscht bereits in der Ebene Tundra vor, die viele hundert Meter in die Höhe reicht und überall als alpine Vegetation beschrieben wird.[5] Ähnlich wie bei den Polargebieten umfasst eine boreale Stufe mehrere orographische Höhenstufen: Sie reicht von der Planar- bis zur Montanstufe. Zum Teil bestehen hier jedoch bereits Unterschiede der Waldformationen zwischen Flachland und Gebirge, sodass die Planarstufe separat etwa als thermoboreal[6] abgegrenzt wird.

Grundsätzlich beziehen sich Begriffe, die auf globale Zonenkonzepte verweisen – wie arktisch, boreal, mediterran, subtropisch oder tropisch –, zwangsläufig (in den meisten Fällen) auf die planare Tiefebene. Etliche Autoren bilden den Namen der Stufe schlicht aus der typischen Vegetation: Bei humiden, kühlgemäßigten Gebirgen heißt die planare(-kolline) Ebene etwa Laubwaldstufe (nicht zu verwechseln mit der montanen Waldstufe). Darüber hinaus verwenden einige Autoren eigene Bezeichnungen – wie etwa der peruanische Geograph Javier Pulgar Vidal, der für die tropischen Anden zwei planare Stufen definierte: Die feuchtheiße Chala für den westlichen Fuß und die trockenheiße Omagua für den östlichen. Der klassisch lateinamerikanische Begriff Tierra Caliente („heißes Land“) für die unterste Höhenstufe wird bisweilen als Synonym für die planare Stufe verwendet, jedoch zumeist bis zur kollinen Stufe.

Höhen bis 100 Meter über dem Meer können bis auf die genannten Ausnahmen zur planaren Stufe gerechnet werden.[7] Die konkrete Obergrenze wird jedoch für jedes Gebirge nach der ökologischen Definition separat festgelegt.

Sofern Klima und Vegetation im ansteigenden Vorland eines Gebirges noch keine wesentlichen Unterschiede zur Ebene aufweisen, fassen viele Autoren die planare Ebene mit der untersten Gebirgsstufe zur planar-kollinen- beziehungsweise kollin-planaren Höhenstufe zusammen.[8][9]

Aus forstwirtschaftlicher Sicht[10] und im allgemeinen Sprachgebrauch gehört die Planarstufe zusammen mit der kollinen- und submontanen Stufe zu den Tieflagen.

Ökologische Vorgaben

Tiefebenen sind oftmals Sumpfland: Hier der Sudd im Süd-Sudan, darin Inseln mit menschlichen Behausungen

Die Pflanzenformationen der Ebenenstufe soll die zu erwartende zonale Vegetation der jeweiligen Klimazone repräsentieren, sodass weder die Höhe über dem Meeresspiegel noch ihre Geländeformationen diesen Klimaxzustand beeinflussen dürfen. Die Festsetzung der Obergrenze der planaren Vegetationsstufe hängt von der Betrachtungsweise ab: Sie reicht einerseits umso höher ins Gebirge, je geringer die klimatischen Unterschiede sind. Andererseits bestimmt der Autor jedoch die Zahl der Höhenstufen und die Maßstabsebene der vorhandenen Ökosysteme (etwa konkrete, eher kleinräumige Waldgesellschaften wie Eichen-Hainbuchenwald, Hainsimsen-Buchenwald oder Kalkmagerrasen – oder aber stark abstrahierte Großlebensräume wie Sommergrüner Laubwald, Gebirgsnadelwald oder Hochlandsteppe), sodass Vergleiche verschiedener Regionen wenig aussagekräftig sind.

Sofern ein Gebirge die Grenze zweier Klimazonen bildet und vom Umland getrennt beschrieben wird, ist die Betrachtung der unteren Höhenstufen stärker vegetationsbezogen, sodass es zu unterschiedlichen Bezeichnungen innerhalb eines Gebirges kommen kann. Das gilt etwa für die Alpen, die im Norden eine planare Stufe mit Laubmischwäldern und im Süden auf gleicher Höhe stattdessen eine thermomediterrane Höhenstufe mit Hartlaubvegetation aufweisen.[3] Orographisch handelt es sich um zwei klimatisch verschiedene Planarstufen.

Strenggenommen sind viele so genannte Planarstufen, die Höhen von wenigen hundert Metern übersteigen, orographisch betrachtet (nach dem Geländeprofil) eher Kollin- oder gar Montanstufen, sodass einige Autoren unmissverständlichere Benennungen fordern.

Weitere Besonderheiten

Die größten Metropolregionen der Erde liegen fast alle in planaren Ebenen (hier der Bezirk Shinjuku der weltgrößten Stadt Tokio-Yokohama; im Hintergrund der Vulkan Fuji).

Da sich abfließendes Wasser in den planaren Ebenen sammelt, finden sich hier die größten azonalen Lebensräume wie Sümpfe, Moore und große Flussauen. In Bodensenken der planaren Höhenstufe kann es zur Bildung von Kaltluftseen kommen.[11]

Anthropogener Einfluss

Die natürliche Vegetation der Ebenen ist jenseits der polaren und subpolaren Zonen – im Dauersiedlungsraum – weltweit stark beeinträchtigt, da sie sich häufig am besten zur landwirtschaftlichen Nutzung eignet und in Kulturlandschaften umgewandelt wurde.[12]

Beispiele für Höhenfestlegungen und ursprüngliche Vegetation

Die folgende Tabelle zeigt die enormen Unterschiede der untersten Vegetationsstufe anhand einiger Beispiele (zumeist Gebirgsumland) aus allen Ökozonen:

Ökozone Gebirge/Region (Land) bis (abweichender Stufenname) Vegetation
Feuchte Mittelbreiten Bergisches-Land/Sauerland (Deutschland) 100 m etwa Hainmieren-Schwarzerlen-Auwald, Schwarzerlen-Hainbuchenwald, Traubenkirschen-Schwarzerlen-Eschenwald[13]
Immerfeuchte Subtropen Northland-Halbinsel (Neuseeland) 100 m Subtropischer Kauri-Regenwald[14]
Feuchte Mittelbreiten Nördliche Schweizer Alpen 200 m Eichenreiche Laubwälder[3]
Boreale Zone Zentrales Kamtschatka-Gebirge (Russland) 200 m Erlen-Pappeln-Weidenwälder[3]
Sommerfeuchte Tropen Küstenebene Tansanias 200 m Halbimmergrüner Monsun-Regenzeitenwald[15]
Winterfeuchte Subtropen Südliche Seealpen (Frankreich) 350 m Steineichen-/Korkeichenwälder[3]
Winterfeuchte Subtropen Teide-Nordhang (Teneriffa) 300/400 m (infrakanarisch) Wolfsmilch-Sukkulentengebüsch[16]
Immerfeuchte Tropen Äquatoriale Anden (Venezuela, Kolumbien, Ecuador, Peru) 500 m (untere Tierra caliente, jedoch selten differenziert) Immergrüner Auen- und Tieflandregenwald[17]
Winterfeuchte Subtropen West-Kaukasus (Georgien) 600 m Immergrüner kolchischer Lorbeerwald[3]
Polare Zone Brooks Range Alaska 600 m (planar-kollin-montan-alpin*) Tundra[5]
Immerfeuchte Tropen Kinabalu (Borneo, Malaysia) 350/600 m Dipterocarpaceen-Tieflandregenwald[18][3]
Trockene Mittelbreiten Balchaschsee (Kasachstan) 500/600 m Salzwüste und Strauchwüste[19]
Boreale Zone Nördlich Coast Mountains-Westabdachung (Kanada) 800 m Gemäßigter Küsten-Nadelregenwald (Hemlock zone)[20]
Sommerfeuchte Tropen Sierra Nevada (Mexiko) 800 m (Tierra caliente) Halbimmergrüner Regenwald und Mesquite-Dornbuschsavanne[21]
Tropisch / subtropische Trockengebiete Ahaggargebirge (Algerien) 500/1000 m (saharo-tropisch) Heiße Wüste[22]
Feuchte Mittelbreiten Pazifische Kaskadenkette (Vereinigte Staaten) 1000 m Gemäßigter Küstenregenwald[3]
Immerfeuchte Subtropen Sichuan-Becken (VR China) 1000 m Immergrüner Eichen-Lorbeerwald[19]
Tropisch / subtropische Trockengebiete Nanga Parbat Südabdachung (Pakistan) 1100 m Trockensteppe und Halbwüste[3]
Trockene Mittelbreiten Rocky Mountains in Colorado (Vereinigte Staaten) 1500 m (Plains) Trockene Kurzgrasprärie[23]

*) = In den Polargebieten gibt es keine ausschließlich planare Pflanzenformation, da bis in alpine Höhen Tundra oder Kältewüste vorherrscht

Literatur

  • Gustav Wendelberger: Über die Eigenständigkeit der Planarstufe, Verh. Zool.-Bot. Ges. Österreich 135 (1998), Seite 271–287[9]

Einzelnachweise

  1. Hans Ernst Hess, Elias Landolt, Rosmarie Müller-Hirzel, Matthias Baltisberger: Bestimmungsschlüssel zur Flora der Schweiz und angrenzender Gebiete, Seite 29 eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  2. Heinz Ellenberg: Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen in ökologischer, dynamischer und historischer Sicht. 5., stark veränderte und verbesserte Auflage. Ulmer, Stuttgart 1996, ISBN 3-8001-2696-6.
  3. a b c d e f g h i j k Conradin Burga, Frank Klötzli und Georg Grabherr (Hrsg.): Gebirge der Erde – Landschaft, Klima, Pflanzenwelt. Ulmer, Stuttgart 2004, ISBN 3-8001-4165-5. S. 32, 67–83, 128, 174, 184–185, 193, 205, 255, 332, 372, 385, 401–416.
  4. Georg Grabherr: Farbatlas Ökosysteme der Erde. Ulmer, Stuttgart 1997, ISBN 3-8001-3489-6. S. 224–225.
  5. a b c Michael Richter (Autor), Wolf Dieter Blümel et. al (Hrsg.): Vegetationszonen der Erde. 1. Auflage, Klett-Perthes, Gotha und Stuttgart 2001, ISBN 3-623-00859-1. S. 301–312
  6. Jörg S. Pfadenhauer und Frank A. Klötzli: Vegetation der Erde. Springer Spektrum, Berlin/Heidelberg 2014, ISBN 978-3-642-41949-2. S. 74–78
  7. Höhenstufen spektrum.de
  8. Social Ecology Working Paper 58, Karl Heinz Erb: Die Beeinflussung des oberirdischen Standing Crop und Turnover in Österreich durch die menschliche Gesellschaft aau.at
  9. a b [1] Gustav Wendelberger: Über die Eigenständigkeit der Planarstufe
  10. W. Kilian, F. Müller, F. Starlinger: Die forstlichen Wuchsgebiete Österreichs. Eine Naturraumgliederun nach waldökologischen Gesichtspunkten., Online pdf-Version, Forstliche Bundesversuchsanstalt, Wien 1994, ISSN 0374-9037, S. 10.
  11. Höhenstufen und Waldgesellschaft
  12. Wolfgang Frey, Rainer Lösch: Geobotanik: Pflanze und Vegetation in Raum und Zeit, ISBN 978-3-8274-2335-1, Seite 478 eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  13. Reiner Suck, Michael Bushart, Gerhard Hofmann und Lothar Schröder: Karte der Potentiellen Natürlichen Vegetation Deutschlands, Band I, Grundeinheiten. BfN-Skripten 348, Bundesamt für Naturschutz, Bonn/Bad Godesberg 2014, ISBN 978-3-89624-083-5.
  14. Graeme M.J. Hall & Matt S. McGlone: Potential forest cover of New Zealand as determined by an ecosystem process model, in New Zealand Journal of Botany, 2006, S. 215–218, 227.
  15. Josef Schmithüsen (Hrsg.): Atlas zur Biogeographie. Meyers großer physischer Weltatlas, Bd. 3., Bibliographisches Institut, Mannheim, Wien, Zürich 1976, ISBN 3-411-00303-0. S. 31.
  16. Brigitta Erschbamer (Leitung): Auslandsexkursion Tenerife - 29.04. bis 6.5. 2016, Institut für Botanik, Universität Innsbruck, Online-Exkursionsbericht, abgerufen am 3. August 2020, S. 20–26, 58, 69.
  17. Die Höhenstufen der Anden geohilfe.de
  18. Vegetationsgebiete der Erde. In: link.springer.com, abgerufen am 26. August 2020, S. 412 (= S. 8 im pdf).
  19. a b Josef Schmithüsen (Hrsg.): Atlas zur Biogeographie. Meyers großer physischer Weltatlas, Bd. 3., Bibliographisches Institut, Mannheim, Wien, Zürich 1976, ISBN 3-411-00303-0. S. 23.
  20. J. C. Ritchie: Post-glacial Vegetation of Canada, Cambridge University Press 2003, ISBN 0-521-54409-2, S. 25–26.
  21. Wilhelm Lauer: The Altitudinal Belts of the Vegetation in the Central Mexican Highlands and Their Climatic Conditions, in Arctic and Alpine Research, 5:sup3, A99-A113, Online-Zugang, Universität Colorado, 1973, abgerufen am 1. September 2020, S. A101–A103.
  22. Georg Grabherr: Farbatlas Ökosysteme der Erde. Ulmer, Stuttgart 1997, ISBN 3-8001-3489-6. S. 165–166.
  23. Harold DeWitt Roberts und Rhoda N. Roberts: Colorado Wild Flowers. Denver Museum of Natural History Popular Series #8, 1953, S. 3 (umgerechnet von feet in Meter, gerundet im Abgleich mit Zeichnung)