Die Fourier-Motzkin-Elimination ist ein Verfahren, um einen durch ein lineares Ungleichungssystem gegebenen konvexen Polyeder
auf eine Hyperebene der Form
zu projizieren. Dabei ist eine Matrix und eine passende rechte Seite.
Das Verfahren wurde von Joseph Fourier im Jahr 1827 erstmals beschrieben,[1] geriet jedoch in Vergessenheit und wurde schließlich 1936 in der Doktorarbeit von Theodore Motzkin
erneut entdeckt.[2]
Beschreibung des Verfahrens
Der Algorithmus kombiniert die Zeilen der Matrix und die Einträge der rechten Seite konisch zu neuen Ungleichungen. Dies geschieht in einer Weise, die
sicherstellt, dass die resultierenden neuen Ungleichungen die Variable nicht länger beinhalten.
Der Algorithmus wird durch folgenden Pseudocode beschrieben:
function FourierMotzkin(A, b, j) is
Eingabe: eine Matrix der Dimension , ein Vektor der Dimension
und ein Index j
Ausgabe: eine Matrix der Dimension , sodass für alle
und ein Vektor mit Einträgen
eine Indizierung der Elemente in , also eine Bijektion
for to do
if then
else if then
endif
endfor
return
Der resultierende Polyeder beschreibt anschließend die gewünschte Projektion[A. 1].
Beispiel für die Fourier-Motzkin-Elimination
Als Beispiel wählen wir den Polyeder , der durch das folgende Ungleichungssystem gegeben ist:
Die entsprechende Matrix und rechte Seite sind folglich
Für die Projektion auf die Hyperebene , also für , erhalten wir die folgenden Mengen:
- , und .
Damit ist und . Wir setzen .
Für kombinieren wir die erste und zweite Ungleichung:
Für erhalten wir durch die Kombination der ersten und dritten Ungleichung die folgende neue Ungleichung:
Das Bild der Projektion ist also gegeben durch ,
während die resultierende Matrix bzw.
die rechte Seite die folgende Gestalt haben:
Die Fourier-Motzkin-Elimination aus Sicht der linearen Algebra
Die im Algorithmus angewandten Zeilenoperationen lassen sich durch die Multiplikation der Matrix bzw. der
rechten Seite mit einer Matrix
darstellen, deren -te Zeile gegeben ist durch
Da die Matrix eine konische Kombination der Zeilen von beschreibt, sind alle Einträge
von nicht negativ.
Im obigen Beispiel ist
Anwendungen
Zulässigkeitsprobleme
Die Fourier-Motzkin-Elimination hat als Projektionsverfahren die Eigenschaft, dass das
System eine Lösung besitzt genau dann wenn dies auch auf das
System zutrifft.
Während es im Allgemeinen schwierig ist, zu entscheiden, ob ein konvexer Polyeder eine zulässige
Lösung besitzt, lässt sich dies in einigen Spezialfällen recht leicht bewerkstelligen:
- Verbleibt keine Variable in dem resultierenden System , ist also die Nullmatrix, so ist das System dann und nur dann lösbar, wenn die rechte Seite nicht negativ ist
- Enthält nur eine einzige zu einer Variable gehörige Spalte der Matrix von Null verschiedene Einträge, so entspricht die Projektion einem Intervall . Ist dieses nicht leer, so ist auch das System lösbar. Weiterhin sind die möglichen Werte der Variablen in dem Polyeder gerade durch das Intervall gegeben
Diese Erkenntnis lässt sich nutzen, um zu überprüfen, ob ein beliebiges Polyeder
eine zulässige Lösung hat oder nicht: Zunächst werden sämtliche Variablen nacheinander herausprojiziert:
Die resultierende Matrix ist dann die Nullmatrix und man kann entscheiden, ob
, denn gdw. .
Insbesondere gilt gdw. .
Da sich der -te Projektionsschritt durch eine Multiplikation mit einer nichtnegativen Matrix ausführen lässt, gilt außerdem:
- .
Wenn der -te Eintrag von negativ ist,
so ist und , wobei . Diese Aussage entspricht dem Farkas' Lemma. Da sich die Matrizen während der Ausführung des Algorithmus aufstellen lassen, bietet die Fourier-Motzkin-Elimination damit die Möglichkeit, das Zertifikat für
explizit zu berechnen.
Zusätzlich impliziert die Fourier-Motzkin-Elimination, dass die Projektion eines Polyeders wieder ein Polyeder ist.
Dieses Resultat kann benutzt werden, um die Äquivalenz der - und -Darstellung von Polyedern zu zeigen.
Beispiel zur Entscheidung der Zulässigkeit
Wir wollen entscheiden, ob der folgende konvexe Polyeder eine zulässige Lösung hat:
Dies entspricht in der Form dem System
Nach den einzelnen Projektionsschritten ergeben sich folgenden Systeme:
Es offenbart sich also ein Widerspruch, der Polyeder entspricht der leeren Menge.
Die resultierenden Matrizen sind gegeben durch
Ein Zertifikat für die Nichtzulässigkeit ist also der Vektor .
Durch Ausnutzen der Dualität der linearen Optimierung lässt sich
jedes lineare Programm auf ein Zulässigkeitsproblem reduzieren, welches sich dann durch die Anwendung
der Fourier-Motzkin-Elimination lösen lässt. In diesem Fall benötigt man jedoch recht viele neue
Variablen und Ungleichungen, was die Anwendung des Verfahrens verlangsamt.
Alternativ kann man den folgenden Ansatz wählen: Um das Problem
zu lösen, führt man eine zusätzliche Variable ein, und fordert zusätzlich, dass . Der Wert der Variablen ist also
durch die Optimallösung des Problems beschränkt. Man erhält dadurch einen Polyeder
mit
Man projiziert anschließend die ersten Einträge heraus, sodass man schließlich ein System der Form
erhält. Das resultierende Intervall beschreibt die Menge der möglichen Werte
für die Variable . Es treten folgende Fälle auf:
- Das Intervall ist leer. In diesem Fall besitzt das Optimierungsproblem keine zulässige Lösung.
- Das Intervall ist nicht nach oben beschränkt. Damit ist auch das Optimierungsproblem unbeschränkt.
- Das Intervall ist nicht leer und besitzt ein maximales Element . Damit ist der Zielfunktionswert der Optimallösung des Problems genau .
Um eine Lösung mit einem gegebenen Zielfunktionswert zu erhalten,
geht man wie folgt vor:
Zunächst betrachtet man das System nach der -ten Iteration: Es treten nur noch die Variablen und auf, wobei der Wert von schon auf festgelegt ist:
Man erhält somit ein (nicht leeres) Intervall von möglichen Lösungen für , von denen man eine beliebige auswählt. Diesen Prozess iteriert man für
[A. 2].
Beispiel zur Lösung eines linearen Programms
Zur Illustration des Verfahrens wählen wir das Programm
Um das Problem zu lösen, fügen wir die Variable zusammen mit der Ungleichung
zu dem Problem hinzu. Die folgenden Systeme zeigen den Polyeder , sowie
die veränderten Systeme nach der Projektion auf und :
Damit steht fest, dass die Optimallösung des Problems den Zielfunktionswert 4 hat. Um eine entsprechende Lösung
zu erhalten, setzen wir und kehren zum vorletzten Schritt zurück. Es ergibt sich das System
Es bleibt also nichts anderes übrig, als zu setzen. Der Wert von ergibt
sich schlussendlich aus dem System
Damit ist die Optimallösung . Diese hat natürlich auch den erwarteten
Zielfunktionswert von .
Laufzeit
Obwohl die Fourier-Motzkin-Elimination zur Lösung von linearen Programmen verwendet werden kann, gibt man in der
Praxis anderen Algorithmen den Vorzug. Das Problem der Fourier-Motzkin-Elimination ist, dass im ungünstigsten Fall
die Anzahl der Ungleichungen bzw. die Größe der Matrizen in jeden Projektionsschritt
von vorher auf
anwächst.
In diesem Fall ist die Laufzeit des Algorithmus nicht mehr polynomiell.
Im Allgemeinen sind außerdem die meisten der erzeugten Ungleichungen redundant.
Da dies in der Regel allerdings nicht effizient erkannt werden kann,
wird für die Fourier-Motzkin-Elimination weit mehr Speicher
gebraucht als nötig wäre, um die Polyeder zu beschreiben.
Anmerkungen
- ↑
Da die Menge im Allgemeinen sehr groß werden kann, ist es ratsam, die Ungleichungen zunächst so zu skalieren, dass für alle . Zur Bestimmung
von und müssen die Spalten dann nur noch voneinander subtrahiert werden.
- ↑
Das hier vorgestellte Verfahren des Rückwärtseinsetzens lässt sich stets anwenden, um eine zulässige Lösung
des Polyeders zu erhalten.
Einzelnachweise
- ↑ J.B.J. Fourier aus dem Journal: Analyse des travaux de l'Académie Royale des Sciences pendant l'année 1824, Partie mathématique, 1827.
- ↑ T.S. Motzkin: Beiträge zur Theorie der Linearen Ungleichungen.
Literatur
- Alexander Schrijver: Theory of Linear and Integer Programming. John Wiley & sons, 1998, ISBN 0-471-98232-6, S. 155–156.
- H. P. Williams: Fourier's Method of Linear Programming and its Dual. In: American Mathematical Monthly. 93, 1986, S. 681–695.
- Unger, Thomas; Dempe, Stefan: Lineare Optimierung, S. 19–23, Vieweg+Teubner 2010, ISBN 978-3-8351-0139-5
Weblinks