Franz Hilbert

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Franz Hilbert, undatiertes Foto

Franz Hilbert (* 11. August 1893 in Cranz an der Samlandküste; † 1969 in Göttingen[1]) war das einzige Kind des Mathematikers David Hilbert und seiner Ehefrau Käthe, geb. Jerosch. Weite Teile seines Lebens über litt er unter einer nicht diagnostizierten psychischen Störung. Diese belastete auch seinen Vater.

Eltern

David Hilbert war ein deutscher Mathematiker und gilt als einer der bedeutendsten Mathematiker der Neuzeit.

Käthe Jerosch (* 31. März 1864 in Braunsberg im Ermland; † 17. Januar 1945 in Göttingen)[2] stammte aus einer seit langem mit den Hilberts befreundeten Familie. David Hilbert und Käthe Jerosch waren bereits längere Zeit befreundet, bevor sie am 12. Oktober 1892 heirateten.[3] David Hilbert folgte 1895 einem Ruf nach Göttingen und zog mit seiner Familie dorthin.

In der Göttinger Gesellschaft wurde später unzutreffenderweise gemunkelt, sie seien Cousins 1. Grades, sie waren aber nicht direkt verwandt.[4]

Leben

Franz Hilbert wurde am 11. August 1893 im Königlich Preußischen See- und Moorbad Cranz / Selenogradsk nahe Königsberg / Kaliningrad geboren.

Als Baby konnte Franz alle anderen Babys überschreien, so David Hilbert. Das Sprechenlernen fiel Franz wohl schwer. Hermann Minkowski, ein enger Freund, brachte Franz durch Ermunterung und Spiel letztlich das Sprechen bei.[5] Bei der Einschulung (1899/1900?) konnte Franz seine Religionszugehörigkeit nicht angeben.[6] Auf den ab 1902 im Hause Hilbert häufig stattfindenden lebhaften Festen wurde der Sohn nicht vorgestellt.[7]

Die schulischen Leistungen von Franz waren nicht gut. Richard Courant war 1909 Privatlehrer an einer Mädchenschule in Göttingen und Assistent von David Hilbert. Er wurde gebeten, Franz Nachhilfe zu geben, da ihn seine Mutter in Mathematik unterrichtete. Nach einem Schulwechsel wurden die Leistungen etwas besser. Courant beschreibt Franz als zugänglich, nicht unintelligent oder untalentiert, aber: Ich war immer von der Tatsache beeindruckt, dass der Junge ein Gedächtnis wie eine photographische Platte hat, die man in den Entwickler steckt, aus dem dann etwas Nettes herauskommt. Aber nach einer kurzen Weile legt sich ein Schleier darüber, es wird alles undeutlicher und schließlich ist nichts mehr auf der Platte (aus dem Englischen)[8]. Ein undatiertes Bild zeigt Franz vermutlich zu dieser Zeit.[9]

Franz wurde zeitweise einem Gärtner in Göttingen als Gehilfe zugeteilt. Auch hatte er einen kleinen Job in einer Buchhandlung in Frankfurt. Jedoch kam er nirgends zurecht. Es wurde langsam klar, dass Franz an einer psychischen Störung litt. Bei Kriegsbeginn 1914 war Franz 21 Jahre alt. Er wurde von der Armee nicht angenommen, obwohl alle wehrfähigen Männer, auch Dozenten aus Göttingen, eingezogen wurden.[10]

Eines Abends erschien Franz mit Schmutz bedeckt und aufgeregt zu Hause. Er hatte seine Stelle in Frankfurt verlassen und war mit dem Zug nach Göttingen gefahren. Diesen hatte er einige Stationen vor Göttingen verlassen und war zu Fuß gelaufen. Er kam, um seine Eltern vor teuflischen Geistern zu retten, die hinter ihnen her seien. Es gab eine erregte Diskussion, während der Franz versuchte, Vater, Mutter und Courant zu schlagen. Hilbert hielt Franzens Hand auf dem Tisch fest. Ein Professor der Psychiatrie gab ihm zur Beruhigung eine Injektion. Per Taxi wurde Franz in eine Klinik für Geisteskranke nahe der Universität Göttingen gebracht. Gegen Morgen verließen Hilbert und Courant die Klinik. Hilbert soll ruhig, traurig und endgültig klingend gesagt haben: Von nun an muss ich mich als jemand betrachten, der keinen Sohn hat (aus dem Englischen).[11]

Diese Tragödie war Auslöser für die in der Göttinger Gesellschaft aufkommenden Mutmaßungen, David und Käthe Hilbert seien Cousins 1. Grades (s. o.). Die Mutter war bekümmert über das Verhalten des Vaters. Sie betrachtete Franz immer noch als ihren Sohn. Hilbert soll seinen Sohn während des Klinikaufenthaltes niemals besucht haben.[12]

Vermutlich wurde Franz 1919 aus der Klinik entlassen und erhielt durch Vermittlung der Universität Göttingen kleinere Gelegenheitsarbeiten. Aber er konnte diese nicht für längere Zeit ausführen. Seine Mutter brachte ihn nach Hause zurück. Der Friede im Hause Hilbert war dadurch gestört. Der Vater wollte ein ruhiges Haus, die Mutter wollte ihren Sohn nicht hergeben. Es kam zu Spannungen zwischen den Eheleuten.[13] Am 23. Januar 1922 wurde Hilbert 60 Jahre alt. Auf dem Geburtstagsfoto sitzt Franz Hilbert an prominenter Stelle in der ersten Reihe zwischen Richard Courant und dessen Frau.[14] Auch beim 75. Geburtstag von David Hilbert 1937 war Franz noch zu Hause.[15]

David Hilbert starb am 14. Februar 1943. Seine Frau Käthe starb nahezu erblindet[16] und vereinsamt am 17. Januar 1945.

Literatur

  • Reid, Constance: Hilbert, Springer Verlag, 2. Aufl. 1972, ISBN 0-387-04999-1, ISBN 3-540-04999-1.
  • Doxiadis, Apostolos und Papadimitriou, Christos H: Logicomix – Eine epische Suche nach der Wahrheit, Süddeutsche Zeitung Bibliothek, 2012, ISBN 978-3-86497-004-7.

Einzelnachweise

  1. Günther Frei: Der Briefwechsel David Hilbert-Felix Klein. Vandenhoeck & Ruprecht, 1985, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  2. Monuments on Mathematicians / Grave of D. Hilbert. In: w-volk.de. Abgerufen am 9. Januar 2015.
  3. Reid, Constance: Hilbert, Springer Verlag, 2. Aufl. 1972, ISBN 0-387-04999-1, ISBN 3-540-04999-1, S. 40.
  4. Reid, Constance: Hilbert, Springer Verlag, 2. Aufl. 1972, ISBN 0-387-04999-1, ISBN 3-540-04999-1, S. 139. Danach waren sie cousins by marriage.
  5. Reid, Constance: Hilbert, Springer Verlag, 2. Aufl. 1972, ISBN 0-387-04999-1, ISBN 3-540-04999-1, S. 104
  6. Reid, Constance: Hilbert, Springer Verlag, 2. Aufl. 1972, ISBN 0-387-04999-1, ISBN 3-540-04999-1, S. 91.
  7. Reid, Constance: Hilbert, Springer Verlag, 2. Aufl. 1972, ISBN 0-387-04999-1, ISBN 3-540-04999-1, S. 92.
  8. Reid, Constance: Hilbert, Springer Verlag, 2. Aufl. 1972, ISBN 0-387-04999-1, ISBN 3-540-04999-1, S. 123/124.
  9. Details for Franz Hilbert. In: owpdb.mfo.de. 12. April 2005, abgerufen am 9. Januar 2015 (englisch).
  10. Reid, Constance: Hilbert, Springer Verlag, 2. Aufl. 1972, ISBN 0-387-04999-1, ISBN 3-540-04999-1, S. 138/139.
  11. Reid, Constance: Hilbert, Springer Verlag, 2. Aufl. 1972, ISBN 0-387-04999-1, ISBN 3-540-04999-1, S. 139.
  12. Doxiadis, Apostolos und Papadimitriou, Christos H: Logicomix – Eine epische Suche nach der Wahrheit, Süddeutsche Zeitung Bibliothek, 2012, ISBN 978-3-86497-004-7, S. 282 und 330.
  13. Reid, Constance: Hilbert, Springer Verlag, 2. Aufl. 1972, ISBN 0-387-04999-1, ISBN 3-540-04999-1, S. 151/152.
  14. Bild 60. Geburtstag, Reid, Constance: Hilbert, Springer Verlag, 2. Aufl. 1972, ISBN 0-387-04999-1, ISBN 3-540-04999-1, S. 238.
  15. Reid, Constance: Hilbert, Springer Verlag, 2. Aufl. 1972, ISBN 0-387-04999-1, ISBN 3-540-04999-1, S. 210.
  16. Reid, Constance: Hilbert, Springer Verlag, 2. Aufl. 1972, ISBN 0-387-04999-1, ISBN 3-540-04999-1, S. 215.