Frauenkirche (Amberg)

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Frauenkirche Amberg, Außenansicht

Die Frauenkirche in Amberg ist eine gotische Hallenkirche, die um 1400 an der Stelle der abgebrochenen mittelalterlichen Synagoge erbaut wurde.

Geschichte

Nach der Ausweisung der Amberger Juden zwischen 1390 und 1391 wurde an Stelle der abgebrochenen Synagoge eine Kirche mit einem Marienpatrozinium errichtet, ein Vorgehen, das auch in anderen Städten praktiziert wurde (wie etwa in Nürnberg, Würzburg oder Regensburg). Urkundlich nachweisen lässt sich diese erstmals für das Jahr 1401[1] (nach anderen Angaben 1398[2]), als ein Amberger Bürger ein Benefizium für die Frauenkirche stiftete. Deren Bau hatte König Ruprecht besonders gefördert. Die Kirche umgab ein kleiner Friedhof, der beim Bau der kurfürstlichen Kanzlei weichen musste.

Die Nähe zu Kanzlei und Schloss führte dazu, dass die eigentlich städtische Kirche im Laufe des 16. Jahrhunderts zu herrschaftlichen Zwecken genutzt und sie zur „Hofkapelle“ wurde. Im Zuge der Rekatholisierung der Oberpfalz ab 1629 wurde die Hofkapelle 1630 der Kongregation „Maria unter dem Kreuz“ zugewiesen, die sie unterhielt und neu ausstattete. Im 20. Jahrhundert, bis in die 1950er Jahre, nutzten zudem in Amberg lebende Ungarn die Kirche für ihre Feiern. Heute ist die zur Stadtpfarrei St. Martin gehörende Kirche baufällig, aufgrund der Bauschäden gesperrt und ungenutzt; eine Profanierung und Umnutzung wird diskutiert.[3][4]

Architektur

Frauenkirche Amberg, Gewölbe

Die gotische Frauenkirche ist als dreischiffige Hallenkirche mit gemeinsamem Dach errichtet. Diese Gestaltung ist bei kleineren Bauten eher selten. Bei nur drei Jochen wirkt der Hallencharakter besonders eindringlich und hat eine hervorragende Akustik zur Folge. Die auffallende Schrägstellung der Westwand rührt daher, dass der Bau auf die noch vorhandene alte Stadtmauer des ersten Mauerrings Rücksicht nehmen musste. Die Kirche hat keinen eigenständigen Turmbau, sondern besitzt nur einen Dachreiter. Nachdem ein Sturm 1877 diesen zerstört hatte, wurde der heutige spitz aufragende Dachreiter aufgesetzt.

Ausstattung

Die ursprüngliche Einrichtung wurde in calvinistischer Zeit zerstört. Nur eine Verkündigungsgruppe am südlichen Seitenportal zeugt noch von der Qualität der gotischen Ausstattung. Nach der Rekatholisierung sorgte die Kongregation „Maria unter dem Kreuz“ im 17. und 18. Jahrhundert für eine wertvolle Barock- und Rokokoausstattung. Als erste Kirche Ambergs wurde die Frauenkirche ab 1864 neugotisch umgestaltet. Lediglich die Stuhlwangen blieben von der Ausstattung des 18. Jahrhunderts erhalten.

Orgeln

Schon im 16. Jahrhundert besaß die Kirche ein Positiv, das „Maister Paulsen“ 1531 mehrmals stimmte. 1734 lieferte der Amberger Orgelbauer Johann Baptist Funtsch ein Instrument, das 1858 von einem aus der Werkstatt des einheimischen Friedrich Specht (6/I/P) ersetzt wurde. Später folgte die Steinmeyer-Orgel op. 493, erbaut 1893 für das Elisabethen-Kloster Neuburg an der Donau (5/I/P, mechanische Kegelladen), Gehäuse in neugotischem Stil. Das 1927 nach Amberg transferierte Werk ist 2022 leider nicht mehr spielbar.

Disposition der Specht-Orgel 1858. Mettenleiter 1867[5]: Ein sehr gelungenes Werk

Manual
1. Principal 8′
2. Copel 8′
3. Solicinal 8′
4. Octav 4′
5. Mixtur 3fach
Pedal
6. Subbass 16′
  • Pedalkoppel

Disposition der Steinmeyer-Orgel op. 493:

Steinmeyer-Orgel op. 493
Manual
1. Geigenprincipal 8′
2. Gedackt 8′
3. Salicional 8′
4. Fugara 4′
Pedal
5. Bourdonbass 16′
  • Pedalkoppel

Literatur

  • Georg Dehio (Begr.), Jolanda Drexler, Achim Hubel et al. (Hrsg.): Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Bayern ; 5: Regensburg und die Oberpfalz. 2. Auflage. Deutscher Kunstverlag, München [u. a.] 2008, ISBN 978-3-42203118-0, S. 34.
  • Hans Hummel: Amberg öffnet Tür und Tor. Ein Stadtspaziergang. 2. Auflage. Buch- und Kunstverlag Oberpfalz, Amberg 2003, ISBN 3-935719-13-2, S. 52–53.
  • Hans Jungwirth, Otto Schmidt: Kennen Sie Amberg. Carl Mayr, Amberg 1972, OCLC 163721563, S. 61–64.
  • Rainer Kilbert: Der Amberger Orgelbauer Friedrich Specht, Leben und Werk. Amberg 1983.
  • Felix Mader (Bearb.): Die Kunstdenkmäler von Bayern. Band XVI: Stadt Amberg. München 1909 ( online auf commons). Reprint: Oldenbourg, München Wien 1981, ISBN 3-486-50446-0, S. 24–27.

Weblinks

Commons: Frauenkirche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Georg Dehio (Begr.), Jolanda Drexler, Achim Hubel et al. (Hrsg.): Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Bayern ; 5: Regensburg und die Oberpfalz. 2. Auflage. Deutscher Kunstverlag, München [u. a.] 2008, ISBN 978-3-42203118-0, S. 34.
  2. Frauenkirche auf den Seiten der Stadt Amberg, abgerufen am 13. Juni 2022
  3. Max Ferstl: Die Amberger Frauenkirche verfällt. In: sueddeutsche.de. 5. November 2018, abgerufen am 8. Juni 2022.
  4. Umnutzung Frauenkirche. Konzept-Studie der OTH Regensburg
  5. Mettenleiter, Musikgeschichte der Oberpfalz 1868

Koordinaten: 49° 26′ 38,4″ N, 11° 51′ 18,9″ O