Freundschafts- und Friedensvertrag von 1984 zwischen Chile und Argentinien
Beagle-Konflikt | |
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Hauptartikel: | Beagle-Konflikt |
1881–1970: | Beagle-Kartographie |
1958: | Snipe-Zwischenfall |
1971–1977: | Schiedsgericht im Beagle-Konflikt |
1977–1978: | Direkte Verhandlungen |
1978: | Operation Soberanía |
1979–1984: | Päpstliche Vermittlung |
1984: | Freundschaftsvertrag 1984 |
Der Freundschafts- und Friedensvertrag von 1984 zwischen Chile und Argentinien wurde als Kompromiss in der Vatikanstadt am 29. November 1984 unterschrieben und später in beiden Ländern ratifiziert:[1]
- am 30. Dezember 1984 wurde der Vertrag vom argentinischen Abgeordnetenkammer genehmigt,
- am 15. März 1985 vom argentinischen Senat,
- am 16. März 1985 vom argentinischen Vertreter des Präsidenten Raúl Alfonsín (der sich im Ausland befand),
- am 11. April 1985 wurde er von der chilenischen Militärjunta genehmigt,
- am 12. April 1985 von Augusto Pinochet unterschrieben,
- am 2. Mai 1985 wurden die Original-Urkunden zwischen den Außenministern ausgetauscht.
Aus diesem Grund wird manchmal 1984 und manchmal 1985 als Datum des Vertrags genannt.
Der Vertrag beinhaltet eine maritime Grenzziehung, ein Regelwerk zur Lösung von zwischenstaatlichen Kontroversen, legt Schifffahrtsrechte fest und präzisiert die Grenze an der Magellanstraße. Außerdem schließt er jede Beeinträchtigung der Rechte beider Staaten auf die Antarktis durch diesen Vertrag aus.
Präambel
Der Friedensvertrag erkennt den Grenzvertrag von 1881 zwischen Chile und Argentinien und seine "begleitenden Instrumente" als "unverrückbare Grundlage" der Beziehungen zwischen Chile und Argentinien und beginnt mit der maritimen Grenzziehung "ab dem Ende der existierenden Grenze". Dies bedeutet eine Anerkennung Argentiniens des anfänglich zurückgewiesenen Schiedsurteils von 1977.[2] Der Vertrag bezieht sich nicht weiter auf die Inseln, die ja im Schiedsurteil Chile zugesprochen wurden. Der Vertrag nennt seinen Inhalt eine "Transaktion".
Die maritime Grenzziehung
Punkt | südliche Breitengrad |
westliche Längengrad |
---|---|---|
A | 55°07',3 | 66°25',0 |
B | 55°11',0 | 66°04',7 |
C | 55°22',9 | 65°43',6 |
D | 56°22',8 | 65°43',6 |
E | 56°22',8 | 67°16',0 |
F | 58°21',1 | 67°16',0 |
Der Vertrag zieht die Strecken ABCDEF als Seegrenze zwischen beiden Staaten. Westlich von ihr liegt chilenisches Meer und östlich von ihr argentinisches Meer (siehe Bild rechts).
Beide Staaten erkennen gegenseitig die von ihnen gezogenen Basislinien zur Begrenzung der Binnengewässer an. Zwischen dem Kap Hoorn-Meridian (67°16',0 West) und dem östlichsten Ende der Staateninsel vereinbaren beide Länder gegenseitig ihre Hoheitsgewässer auf nur 3 Seemeilen zu begrenzen.
Etwa 24 Seemeilen südlich von Kap Hoorn wird der Kap-Hoorn-Meridian die Seegrenze zwischen beiden Ländern.
Die Schifffahrtsrechte
Chile gewährt Schiffen aller Nationen Schifffahrtsrechte zwischen den argentinischen Häfen im Beagle-Kanal und der Magellanstraße in beide Richtungen durch eine im Vertrag genau definierte Strecke (Magdalena-Kanal, Cockburn-Kanal, Brecknock-Durchgang oder Ocasión-Kanal, Ballenero-Kanal, O'Brien-Kanal, Timbales-Durchgang, Nordwestarm des Beagle-Kanal und Beagle-Kanal). Dafür müssen sie einen chilenischen Lotsen an Bord nehmen und die Reise 48 Stunden im Voraus anmelden.
Chile gewährt argentinischen Schiffen Schifffahrtsrechte zwischen den argentinischen Häfen im Beagle-Kanal und der Antarktis in beide Richtungen durch eine im Vertrag genau definierte Strecke im Seegebiet südlich des Beagle-Kanals (zwischen den Inseln Navarino und Picton dann zwischen den Inseln Nueva und Lennox), ohne Lotsen und ohne Voranmeldung.
Argentinien gewährt chilenischen Schiffen Schifffahrtsrechte für die Fahrt durch die Le-Maire-Straße, den Durchgang zwischen Feuerland und der Staateninsel, ohne Lotsen und ohne Voranmeldung.
Die Magellanstraße
Die Magellanstraße ist seit dem Vertrag von 1881 chilenisches Staatsgebiet, entmilitarisiert und frei für die Schifffahrt aller Nationen.
Neu in dieser Hinsicht ist die vertraglich von Argentinien akzeptierte Verpflichtung, zu jeder Zeit und unter allen Umständen allen Schiffen freien Zugang zur und von der Magellanstraße zu gewähren.
Durch die argentinische Anerkennung der chilenischen Basislinien, in denen die Kanäle Abra, Barbara, Magdalena und Cockburn als chilenische Binnengewässer gezeichnet werden, erkennt Argentinien auch an, dass die Magellanstraße kein Delta auf der westlichen Mündung hat. Das beendete eine Forderung Argentiniens, freie Schifffahrt in diesen Kanälen zu haben.
Beide Länder verzichteten an der östlichen Magellanstraße-Mündung auf jedwede Rechte über die jeweilige eigene Grenze hinaus. Damit wurde die argentinische Behauptung, Miteigentümerin der Magellanstraße zu sein, abgewiesen. Die Forderung basierte auf dem Besitz der östliche Mündung (zwischen Cabo Vírgenes und Punta Dungenes) und zielte darauf, an der Regelung der Schifffahrt beteiligt zu werden.
Die friedliche Beilegung von Kontroversen
Der Vertrag sieht ein Regelwerk zur politischen und juristischen Lösung von Streitigkeiten vor, falls direkte Verhandlungen scheitern sollten. Im Regelwerk hat der Papst eine entscheidende Rolle, falls eine Vermittlung nicht ausreicht, um den Disput zu beenden.
Das argentinische Dekret 256/2010
Der Vertrag wurde auf die Probe gestellt, als am 17. Februar 2010 die argentinische Exekutive, im Zuge des Falkland-Konflikts, das Dekret 256/2010 erließ.[3] Es verlangt von Schiffen, die in argentinischen Territorialgewässern fahren wollen und sich auf der Reise zu oder von den Falkland-Inseln, Südgeorgien oder den Südlichen Sandwichinseln befinden, die Beantragung einer Genehmigung, um ebendiese Fahrt machen zu dürfen. Das Dekret wurde von Richtlinie 14/2010[4] der Prefectura Naval Argentina implementiert.
Am 19. Mai 2010 legte das Vereinigte Königreich in eine note verbale seine Ablehnung des Dekrets, weil „es nicht in Einklang mit dem internationalen Recht sei, insbesondere mit den UN-Seerechtsübereinkommen“ und bezüglich der Magellan-Straße betont die Note, dass „das Recht diese Gewässern schnell und ohne Beschränkungen zu befahren, im Freundschafts- und Friedensvertrag von 1984 zwischen Chile und Argentinien gewährleistet ist“.[5]
Im Artikel 10 des Vertrags steht: "Die Republik Argentinien übernimmt die Verpflichtung das Recht Schiffen aller Nationen aufrechtzuerhalten, zu jeder Zeit und unter allen Umstände schnell und ungehindert durch Ihre Gewässern vom und in die Magellan-Straße zu fahren."
Einzelnachweise
- ↑ Treaty of Peace and Friendship between Chile and Argentina (with annexes andmaps) (englisch, PDF) UNITED NATIONS. 29. November 1984. Abgerufen am 13. April 2019.
- ↑ Dispute between Argentina and Chile concerning the Beagle Channel (englisch, PDF) UNITED NATIONS. 18. Februar 1977. Archiviert vom Original am 2. Februar 2012. Abgerufen am 13. April 2019.
- ↑ Argentinische Exekutive: Decreto 256/2010. Archiviert vom Original am 23. Februar 2010; abgerufen am 12. April 2010 (spanisch).
- ↑ Prefectura Naval Argentina - B.O. 26/04/10 - Disposición 14/2010-PNA - TRANSPORTE MARITIMO
- ↑ Mercopress: UK rejects Argentine decision regarding Falklands’ shipping. South Atlantic News Agency, 2010, archiviert vom Original am 25. August 2010; abgerufen am 12. April 2013 (englisch).
Siehe auch
Literatur
- Beagle Channel Arbitration between the Republic of Argentina and the Republic of Chile, Report and Decision of the Court of Arbitration (PDF-Datei; 4,68 MB), in englischer Sprache.
- Mark Laudy: The Vatican Mediation of the Beagle Channel Dispute: Crisis Intervention and Forum Building (Memento vom 29. Mai 2008 im Internet Archive), in englischer Sprache.
- Alejandro Luis Corbacho: Predicting the Probability of War During Brinkmanship Crises: The Beagle and the Malvinas Conflicts, Universidad del CEMA, Argentina, Documento de Trabajo No. 244, September 2003
- Karin Oellers-Frahm: Der Schiedsspruch in der Beagle-Kanal-Streitigkeit (PDF-Datei; 1,75 MB), Berichte und Urkunden: Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht.
- Ministerio de Relaciones Exteriores de Chile: Relaciones Chileno-Argentinas, La controversia del Beagle. Genf 1979, in englischer und spanischer Sprache.
- Rubén Madrid Murúa: La Estrategia Nacional y Militar que planificó Argentina, en el marco de una estrategia total, para enfrentar el conflicto con Chile el año 1978 (Memento vom 23. April 2006 im Internet Archive), Memorial del Ejército de Chile, Edición Nº 471, Santiago, Chile, 2003, in spanischer Sprache.
- Andrea Wagner: Der argentinisch-chilenische Konflikt um den Beagle-Kanal. Ein Beitrag zu den Methoden friedlicher Streiterledigung. Verlag Peter Lang, Frankfurt a. M. 1992, ISBN 3-631-43590-8.
- Karl Hernekamp: Der argentinisch-chilenisch Grenzstreit am Beagle-Kanal. Institut für Iberoamerika-Kunde, Hamburg 1980.
- Annegret I. Haffa: Beagle-Konflikt und Falkland (Malwinen)-Krieg. Zur Außenpolitik der Argentinischen Militarregierung 1976–1983. Weltforum Verlag, München/Köln/London 1987, ISBN 3-8039-0348-3.
- Isaac F. Rojas und Arturo Medrano: Argentina en el Atlántico Chile en el Pacífico. Verlag Nemont, B.As. Argentinien 1979, in spanischer Sprache.
- Isaac F. Rojas, La Argentina en el Beagle y Atlántico sur 1. Parte. Editorial Diagraf, Buenos Aires, Argentina, in spanischer Sprache.
- Carlos Escudé und Andrés Cisneros: Historia general de las relaciones exteriores de la República Argentina (Zu lesen hier), in spanischer Sprache.
- Fabio Vio Valdivieso: La mediación de su S.S. el Papa Juan Pablo II, Editorial Aconcagua, Santiago de Chile, 1984, in spanischer Sprache.
- Alberto Marín Madrid: El arbitraje del Beagle y la actitud argentina. 1984, Editorial Moisés Garrido Urrea, id = A-1374-84 XIII, in spanischer Sprache.
- Luis Alberto Romero, Argentina in the twentieth Century. Pennsylvania State University Press, translated by James P. Brennan, 1994, ISBN 0-271-02191-8, in englischer Sprache.
- Divisionsgeneral (a. D.) Juan E. Gugliamelli: Cuestión del Beagle. Negociación directa o diálogo de armas, in spanischer Sprache. (Das Buch ist eine Zusammenstellung mehrere Beiträge zum Beagle-Konflikt, die in der Zeitschrift "Estrategia", Buenos Aires Nr:49/50, enero-febrero 1978, erschienen sind. Titel des Buches ist, auf deutsch, Die Beagle-Frage, direkte Verhandlungen oder Dialog der Waffen.
- General Martín Antonio Balza und Mariano Grondona: Dejo Constancia: memorias de un general argentino. Editorial Planeta, Buenos Aires 2001, ISBN 950-49-0813-6, in spanischer Sprache.
- Francisco Bulnes Serrano und Patricia Arancibia Clavel: La Escuadra En Acción. Editorial Grijalbo, 2004, ISBN 956-258-211-6, in spanischer Sprache.
Weblinks
- Sendung von Televisión Nacional de Chile: "Informe Especial" – El año que vivimos en peligro, zeitweise in YouTube (Memento vom 15. März 2007 im Internet Archive), in spanischer Sprache.
- Sendung des argentinischen Fernsehens History Channel: Operativo Soberanía, zeitweise in YouTube, in spanischer Sprache.
- Spezialausgabe vom El Mercurio de Santiago de Chile, vom 2. September 2005, in spanischer Sprache. Es enthält, u. a., Interviews mit Ernesto Videla, Jaime Del Valle, Helmut Brunner, Marcelo Delpech und Luciano Benjamín Menéndez. Alle in spanischer Sprache.
- Interview mit Sergio Onofre Jarpa, Botschafter Chiles in Argentinien 1978 bis 1982 in der chilenischen Zeitung La Tercera vom 17. März 2002, in spanischer Sprache.
- Interview mit dem damaligen Botschafter der USA in Buenos Aires, Raúl Héctor Castro, in der Zeitung Clarín Buenos Aires, vom 20. Dezember 1998, in spanischer Sprache.
- Artikel Historia de la santa mediación en Clarín, Buenos Aires, vom 20. Dezember 1998, in spanischer Sprache.
- Text des Tratado de Paz y Amistad de 1984 (Memento vom 15. Juli 2008 im Internet Archive), Dirección de Fronteras y Límites de Chile (difrol), in spanischer Sprache.