Aliaxis Deutschland
Aliaxis Deutschland GmbH
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Rechtsform | GmbH |
Gründung | 1863 |
Sitz | Mannheim, Deutschland |
Leitung | William Ledger, Marc Besserer |
Mitarbeiterzahl | 530 |
Branche | Kunststoffindustrie |
Website | www.aliaxis.de |
Die Aliaxis Deutschland GmbH, ehemals FRIATEC GmbH, ist ein Unternehmen mit Sitz in Mannheim. Aliaxis Deutschland ist einer der ältesten Industriebetriebe der Rhein-Neckar-Region. Seit 2003 gehört die Aliaxis Deutschland GmbH (ehemals FRIATEC) zur Aliaxis-Unternehmensgruppe, mit Hauptsitz in Brüssel. Aliaxis ist ein richtungweisender internationaler Anbieter von hoch entwickelten Kunststoffrohrsystemen für Hoch- und Tiefbau, Infrastruktur sowie Anwendungen in Industrie und Landwirtschaft.
Geschichte
1863 gründete Otto Reinhard bei Friedrichsfeld eine Ziegelei. Die Standortwahl wurde geleitet von dem Tonvorkommen unter den Sanddünen, der Verfügbarkeit von billigen Arbeitskräften in den umliegenden Dörfern und der Verkehrsanbindung, denn Friedrichsfeld war seit 1846 Kreuzungspunkt der Badischen Hauptbahn mit der Main-Neckar-Eisenbahn. Nur vier Jahre später wurde die Ziegelei wieder liquidiert. Ebenfalls 1863 übernahm Julius Friedrich Espenschied eine Zementfabrik in Mannheim-Jungbusch. Während des Gründerzeit-Booms kam es in Mannheim zu einer Verknappung der Arbeitskräfte, so dass Espenschied 1873 das brachliegende Gelände in Friedrichsfeld übernahm und eine Filiale eröffnete, in der Röhren, Tröge und Wannen aus Zement und Ton hergestellt wurden. 1878 verselbständigte Espenschied die Tochter als Portland-Cement- und Thonwarenfabrik Friedrichsfeld.
Die Zementproduktion verlor rasch an Bedeutung und die Fabrik konzentrierte sich auf die Herstellung von Tongutröhren. Gemeinsam mit den Tonfabriken in Frechen und Bitterfeld gelang es, die englische Monopolstellung zu brechen. Zur Sicherstellung der Rohstoffzufuhr wurden bis 1890 Tongrubenfelder in Waldhilsbach, Unterschwarzach, Aglasterhausen, Eberbach und Darsberg erworben. Gegen Ende der 1880er Jahre begann man mit der Produktion von chemischem Steinzeug für die aufstrebende chemische Industrie, wie die BASF und Hoechst. 1886 wurden 200 Arbeiter beschäftigt.
Jahr | Unternehmensname |
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1878 | J.F. Espenschied Portland-Cement- und Thonwarenfabrik Friedrichsfeld |
1890 | Badische Thonröhren- und Steinzeugwarenfabrik AG, vormals J.F. Espenschied |
1894 | Deutsche Steinzeugwarenfabrik für Canalisation und Chemische Industrie |
1961 | Deutsche Steinzeug- und Kunststoffwarenfabrik für Kanalisation und Chemische Industrie Mannheim-Friedrichsfeld |
1972 | Friedrichsfeld GmbH Steinzeug- und Kunststoffwerke |
1985 | Friedrichsfeld GmbH Keramik- und Kunststoffwerke |
1993 | FRIATEC AG Keramik- und Kunststoffwerke |
1997 | FRIATEC Aktiengesellschaft |
2018 | FRIATEC GmbH |
2019 | Aliaxis Deutschland GmbH |
1889 geriet das Unternehmen in Liquiditätsschwierigkeiten. Das Bankhaus Bonte in Berlin übernahm daraufhin die Aktienmehrheit, beließ aber Espenschied als Direktor. Als es zu Differenzen über die Finanzierung des Aktientauschs kam, wurde er aber 1892 entlassen und durch Otto Hoffmann ersetzt. Hoffmann, ein ausgebildeter Techniker und Kaufmann, prägte die Steinzeug bis zum Ersten Weltkrieg. Er stellte die Steinzeugfabrikation auf eine neue wissenschaftliche Grundlage und stand im ständigen Austausch mit mehreren Technischen Hochschulen. Produkte aus Friedrichsfeld erhielten auf den Weltausstellungen in Antwerpen, Paris und Turin sowie mehreren internationalen Ausstellungen Goldmedaillen und Ehrendiplome. Bis 1913 lieferte das Unternehmen Kanalisationsanlagen für 180 deutsche Städte, darunter Berlin, München und Hannover und exportierte in fast alle Länder der Welt. 1914 wurden 770 Arbeiter beschäftigt.
Nur kurz unterbrochen wurde der Aufstieg durch einen großen zweimonatigen Streik 1912. Die aufkommenden Gewerkschaften hatten die Deutsche Steinzeugwarenfabrik zum „Hauptkampfplatz“ gewählt, um exemplarisch die Forderungen nach mehr Lohn, Einführung von bezahltem Jahresurlaub und die Anerkennung der Gewerkschaften als Verhandlungspartner zu stellen. Nach einem hart geführten Arbeitskampf konnten die Arbeiter ihre Forderungen im Wesentlichen durchsetzen. Jäher waren die Umwälzungen des Ersten Weltkriegs. Die Nachfrage nach Kanalisationsprodukten brach ein, dafür stieg der Anteil des chemischen Steinzeugs am Gesamtumsatz auf 70 Prozent, das insbesondere für die Rüstungsindustrie geliefert wurde. Das Verhältnis drehte sich nach dem Krieg wieder um und 1919 wurde die 48-Stunden-Woche eingeführt. 1926 übernahm die Cremergruppe das Unternehmen.
1928 wurde ein Höchststand von 915 Beschäftigten erreicht, bis die Weltwirtschaftskrise die Konjunktur abwürgte. Bis 1932 hatte sich der Umsatz geviertelt und die Zahl der Arbeiter sank auf 238. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Gesellschaft gleichgeschaltet. Im Zweiten Weltkrieg wurden viele Arbeiter in die Wehrmacht eingezogen. Im Werk mussten 130 Zwangsarbeiter arbeiten. Trotz der zahlreichen Fliegerangriffe auf Mannheim blieb das weit im Osten gelegene Fabrikgelände verschont und wurde erst in den letzten Kriegstagen durch Artilleriebeschuss beschädigt.
Im Herbst 1945 konnte die Produktion wiederaufgenommen und zwei Jahre später erstmals wieder ins Ausland exportiert werden. 1958 arbeiteten 1000 Beschäftigte und der Marktanteil in Deutschland lag bei zwölf Prozent. Gleichzeitig bahnte sich ein Strukturwandel an. Der Bedarf der boomenden Bauindustrie konnte von der deutschen Steinzeugbranche nicht gedeckt werden. Erste Marktanteile gingen an die schneller und flexibler herzustellenden Zement- und später auch Kunststoffrohre verloren. Auch in Friedrichsfeld begann man 1955 mit der Verarbeitung von Kunststoffen.
Ein Großbrand an Heiligabend 1961 vernichtete Teile des Werkes. Es wurde mit neuen Produktionsanlagen wiederaufgebaut, allerdings geriet man dann in die erste Nachkriegsdepression. Bis 1968 wurden einige Altanlagen und das Zweigwerk in Muggensturm stillgelegt. Zugleich wurde die Gesellschaft kritischer für ökologische Belange. Die Kohlenstoffverbrennung im Unterzug zur Verdichtung des Steinzeugs sorgte jahrzehntelang für mehrstündigen rußigen Qualmablass. Die Kohlebefeuerung wurde daher von Kohle auf Öl und später Gas umgestellt und die Kammer- durch Tunnelöfen ersetzt, so dass die Fabrik 1971 rauch- und rußfrei wurde. Die neun Schornsteine wurden bis auf einen abgetragen.
Im Jahr 1976 trat Friedrich Reutner als Geschäftsführer in die Friedrichsfeld GmbH ein und wurde 1983 alleiniger Geschäftsführer. Reutner führte das ehemalige Steinzeug-Unternehmen mit neuen Produkten und Sparten aus einer existenzbedrohenden Krise. Die Steinzeugrohrproduktion[1] verlor weiter an Bedeutung und wurde schließlich 1982 ganz eingestellt. Neue Werkstoffe wie Oxidkeramik, Siliziumguss oder PVC gewannen an Bedeutung, konnten aber die Verluste nicht ausgleichen. In den folgenden Jahren wurde die Produktpalette bereinigt und gleichzeitig in neue Werkstoffe investiert. Bereits 1977 war von der Degussa die Degussit-Abteilung übernommen worden. Sie verstärkte die eigene Oxidkeramik-Abteilung Frialit. Neuaufgebaut wurde die Medizin-Technik-Sparte. Zahlreiche alte Gebäude und Hallen wurden 1984/85 abgerissen und durch Neubauten ersetzt. Der Turnaround gelang, allerdings bei einer um 40 Prozent reduzierten Belegschaft. In den Jahren 1985 bis 1988 lag die Rendite immer über 10 Prozent. Das Eigenkapital konnte von 10 auf 22 Prozent gesteigert werden. Die Investitionen stiegen von 1,5 Mio. DM im Jahr 1982 auf 13 Mio. DM im Jahr 1988.
In der Folge stieg auch wieder die Zahl der Arbeitnehmer bis auf über 2500 und aus der Einzelgesellschaft entstand eine Gruppe mit 42 Gesellschaften. 1990 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und drei Jahre später in FRIATEC umfirmiert. 1995 erfolgte der Börsengang. Zwei Jahre später verkaufte die Cremergruppe ihre Anteile. Hauptaktionäre wurden die Flowtex-Gründer Manfred Schmider und Klaus Kleiser. Nur kurze Zeit später stießen sie ihre Anteile wieder ab. Nach mehreren Eigentümerwechseln und dem Verkauf der Medizin-Sparte Friadent 1999 gehört Friatec seit 2003 zur belgischen Aliaxis-Gruppe. Die Obergesellschaft übernahm die Auslandsgesellschaften. 2005 wurden die letzten Kleinaktionäre in einem Squeeze-out abgefunden und Friatec zog sich von der Börse zurück. Zum 1. November 2007 verkaufte das Unternehmen den Geschäftsbereich Armaturen in St. Ingbert an die Th. Jansen-Armaturen GmbH.[2] Die ehemalige Division Rheinhütte Pumpen wurde zum 1. Januar 2016 im Rahmen einer Abspaltung auf die Rheinhütte Pumpen GmbH übertragen.
2018 fand eine Umwandlung der Rechtsform von FRIATEC AG zur FRIATEC GmbH statt. 2019 wurde durch den Verkauf der Division Keramik eine Konzentration auf die Kernsegmente der Aliaxis Unternehmensgruppe vollzogen. Aus der FRIATEC GmbH wurde die Aliaxis Deutschland GmbH.
Literatur
- Hansjörg Probst: 130 Jahre Firmengeschichte: Von der Steinzeug zur FRIATEC. Mannheim 1993, ISBN 3-87804-228-0
- Friedrich Reutner: Turn around: Strategie einer erfolgreichen Umstrukturierung. Landsberg am Lech 1991, ISBN 3-478-31543-3
- Friedrich Reutner: Umstrukturierung eines Traditionsunternehmens. Zeitschrift für Betriebswirtschaft : ZfB. Gabler, Wiesbaden 1986, ISSN 0044-2372, ZDB-ID 201074-4. - Vol. 56.1986, 12, S. 1170–1181.
- Wie Friedrichsfeld zur Perle wurde. Mannheim Stadt im Quadrat, Heft XXI, Jahrgang 90/91.
- Friedrichsfeld macht große Sprünge. Mannheimer Morgen, 23. Januar 1990.
- Eine Revolution von oben, Verlag INDUSTRIEMAGAZIN, Nr. 5 vom Mai 1989.
- Gottfried Cremer: Männer der Wirtschaft. Ansprache in der Hauptversammlung am 30. Juli 1987 in München.
- Reform an Haupt und Gliedern. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20. März 1985, Nr. 67/12 D.
- Keramik hat das Steinzeug verdrängt. Mannheimer Morgen, 30. Nov./1. Dez. 1985.
- Die Ruine lebt. manager magazin, Ausgabe vom 1. Dezember 1991, S. 252.
Weblinks
- Offizielle Website
- Christian Deutsch: Das Wunder von Friedrichsfeld
- Peter Fischer: Die Epoche des chemisch-technischen Steinzeugs
Einzelnachweise
Koordinaten: 49° 26′ 32,2″ N, 8° 34′ 2,5″ O