Friedensforschung

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Friedensforschung bezeichnet den Teil der Konfliktforschung, der die Grundlagen für dauerhaften Frieden zwischen Staaten, Völkern und Menschen erforscht. Meist werden verschiedene Interessenlagen gegeneinander abgewogen und politische Entscheidungen für den Frieden und die Menschenrechte gefordert.

Die Friedenswissenschaft wird hingegen nicht als eigenständige Wissenschaft betrachtet. Sie wird z. B. von Historikern, Soziologen, Politologen und Wirtschaftswissenschaftlern betrieben.

Anfänge der Friedensforschung

Das erste auf Friedensforschung spezialisierte Institut in Europa war das 1959 von Johan Galtung gegründete Peace Research Institute Oslo (PRIO).[1] Im Anschluss daran wurde 1966 das Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) von der schwedischen Regierung als Stiftung gegründet. Etwas früher, aber in kleinerem Rahmen, begann 1958 in München die auf Initiative von Christel Küpper gegründete Forschungsgesellschaft für Friedenswissenschaft, die sich ab den 1960er Jahren auf Friedenspädagogik spezialisierte.[2]

Die Tendenzen

Nicht selten ist diese Wissenschaft im Umfeld politischer Bewegungen anzusiedeln. Beispiele hierfür sind u. a. die Friedensbewegung, der Antimilitarismus, Wehr- und Kriegsdienstverweigerer sowie Deserteure. Es existieren jedoch auch deutliche Tendenzen von staatlicher Seite, Einfluss auf den Diskurs der Forschung zu nehmen; so zum Beispiel in der Bundesrepublik Deutschland durch die Zeitschrift Beiträge zur Konfliktforschung sowie durch die Deutsche Stiftung Friedensforschung. In Abgrenzung von dieser regierungsnahen Friedensforschung bezeichnen Vertreter der der Friedensbewegung nahestehenden Friedensforschung ihre Forschung als Kritische Friedensforschung (z. B. Ekkehart Krippendorff).[3][4]

Unter der weltweiten Bedrohung durch Massenvernichtungswaffen und neuerdings auch durch Terrorismus betrachtet sich die Friedensforschung als einen wichtigen Bestandteil zur Abwendung von humanitären Katastrophen und zur dauerhaften Lösung von Konflikten.

Transrationaler Frieden

Eine neue Denkrichtung unter dem Titel „trans-rational peace“ brachte seit der Jahrtausendwende der UNESCO-Lehrstuhl für Friedensforschung der Universität Innsbruck unter seinem Leiter Wolfgang Dietrich in die Diskussion ein. Diese systemisch orientierte Schule untersucht die fünf „Familien“ des Friedens: Die energetische Auffassung, die moralische, die moderne, die post-moderne und die transrationale. Unter letzterer wird die Verbindung zwischen der „mechanistischen Rationalität“ moderner Friedensbegriffe und der „systemischen Relationalität energetischer Denkweisen“ verstanden. Auf dieser Grundlage wählt die Innsbrucker Schule bei der Konfliktarbeit den elicitiven Ansatz des amerikanischen Friedensforschers John Paul Lederach, der die Konfliktaufarbeitung aus der Beziehung der Streitparteien ableitet. Friedensarbeit besteht demnach nicht im Studieren externer Gutachten, sondern in der persönlichen Herausforderung, in der die Streitparteien für sich selbst neue Kommunikations- und Handlungsarten entdecken. Die Innsbrucker Schule hat dementsprechend einen Master-Lehrgang für Transrationale Friedensforschung und Elicitive Konflikttransformation entworfen.

Friedensforschungsinstitute

Deutschland

Österreich

Schweiz

Vereinigungen von Friedensforschern und Stiftungen zur Friedensforschung

Siehe auch

Literatur

  • Gertraud Diendorfer, Blanka Bellak, Anton Pelinka, Werner Wintersteiner (Hrsg.): Friedensforschung, Konfliktforschung, Demokratieforschung. Ein Handbuch (= Böhlau-Studienbücher: Grundlagen des Studiums). Böhlau, Wien u. a. 2016, ISBN 978-3-205-20203-5.
  • Wolfgang Dietrich: Variationen über die vielen Frieden. Band 1: Deutungen. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008.
  • Wolfgang Dietrich, Josefina Echavarría, Norbert Koppensteiner (Hrsg.): Schlüsseltexte der Friedensforschung. LIT Verlag, Münster/ Wien 2006.
  • Wolfgang Dietrich, Josefina Echavarría, Gustavo Esteva, Daniela Ingruber, Norbert Koppensteiner (Hrsg.): The Palgrave International Handbook of Peace Studies. A Cultural Perspective. Palgrave MacMillan, London 2011.
  • Peter Imbusch, Ralf Zoll (Hrsg.): Friedens- und Konfliktforschung. Eine Einführung. 4. Auflage. VS-Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2006, ISBN 3-531-34426-9.
  • Ekkehart Krippendorff: Friedensforschung. 2. Auflage. Kiepenheuer & Witsch, Köln/ Berlin 1970.
  • Dieter Senghaas (Hrsg.): Kritische Friedensforschung. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1971.
  • Dieter Senghaas: Friedensforschung und Gesellschaftskritik. Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 1982, ISBN 3-436-01696-9.
  • Ulrike C. Wasmuth: Geschichte der deutschen Friedensforschung. agenda, Münster 1998, ISBN 3-89688-029-2.
  • Christoph Weller, Stefan Böschen: Friedensforschung und Gewalt. Zwischen entgrenzter Gewaltanalyse und epistemischer Gewaltblindheit, in: Zeithistorische Forschungen 15 (2018), S. 358–368.
  • Ines-Jacqueline Werkner, Ulrike Kronfeld-Goharani (Hrsg.): Der ambivalente Frieden. Die Friedensforschung vor neuen Herausforderungen. VS Verlag, Wiesbaden 2011, ISBN 978-3-531-17692-5.
  • BdWi / FIfF, Natwiss (Hrsg.): Handbuch Friedenswissenschaft. ExpertInnen, Institutionen, Hochschulangebote, Literatur. 3. Auflage. BdWi-Verlag, Marburg 1993, ISBN 3-924684-35-9.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. prio.no About PRIO, auf prio.no
  2. Dieter Sandner: Was ist Friedenserziehung? Kritische Einführung in den derzeitigen Forschungsstand – Vorschläge für die Weiterentwicklung. In: Probleme des Friedens. Info. Erziehung zum Frieden. 3–6/1973, S. 1–14.
  3. Martin Jung: States, governments, and peace research. In: Nigel Young (Hrsg.): The Oxford international encyclopedia of peace, 2010, ISBN 978-0-19-533468-5.
  4. Werner Ruf: Quo vadis Friedensforschung? In: Marcel M. Baumann (Hrsg.): Friedensforschung und Friedenspraxis. (Festschrift für Reiner Steinweg), 2009, ISBN 978-3-86099-383-5.
  5. berghof foundation
  6. ifp Tübingen