Friedrich Scharr

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Friedrich Scharr KG

Rechtsform Kommanditgesellschaft
Gründung 1883
Sitz Stuttgart-Vaihingen
Leitung
  • Rainer Otto F. Scharr
    Geschäftsführer [1]
Mitarbeiterzahl 850 (2021)[2]
Umsatz 735 Mio. Euro (2020)[1]
Branche Energiebranche
Website https://scharr.de/
SCHARR Hauptgebäude.jpg

Die Friedrich Scharr KG (Eigenschreibweise: SCHARR) ist ein Energiehandelsunternehmen mit Hauptsitz in Stuttgart-Vaihingen.

Unternehmensprofil

Das Unternehmen ist ein in vierter Generation geführtes Familienunternehmen, wurde 1883 gegründet und zählt mittlerweile zu den führenden konzernfreien Energiehandelsunternehmen im süddeutschen Raum. Insgesamt beschäftigt die Unternehmensgruppe über 850 Mitarbeiter an 21 bundesweiten Niederlassungen, die rund 250.000 Kunden in Privathaushalten, Gewerbe und Industrie mit Energie versorgen.

Die Gruppe besteht aus der Friedrich Scharr KG als Muttergesellschaft sowie diversen Tochtergesellschaften. Tätigkeitsschwerpunkte sind der Handel mit diversen Energieträgern wie Heizöl, Flüssiggas, Ökostrom, Erdgas und Holzpellets sowie Betriebsstoffen wie Schmierstoffe, Chemieprodukte, Gerätebenzin, Aerosole und Sondergase. Hinzu kommen technische Aktivitäten wie Haustechnik, Industrieanlagenbau, Wasser- und Abwassertechnik, Brennertechnik, Gebäudeautomation sowie Schaltanlagenbau. Darüber hinaus gehören zur Unternehmensgruppe weitere Beteiligungen in verwandten Geschäftsbereichen.

Geschichte

Das Familienunternehmen wird 1883 durch Johann Friedrich Scharr als Kohlehandel gegründet. 1904 geht das Geschäft an seinen Sohn Gottlieb Friedrich Scharr über, der das Kohlegeschäft ausbaut. 15 Jahre später tritt sein Bruder Eugen Scharr als Gesellschafter in das Unternehmen ein, übernimmt die Geschäftsführung und erwirbt 1921 die Lizenz für den Großhandel. Nach dem plötzlichen Tod von Eugen Scharr im Jahr 1935, übernimmt mit Otto Friedrich Scharr die dritte Generation den Familienbetrieb. Ein Meilenstein stellt der Erwerb des großen Lagergeländes am Bahnhof in Stuttgart-Vaihingen im Jahr 1939 dar, das bis heute noch der Hauptsitz des Unternehmens ist.

In den 1950er Jahren wird das Unternehmen durch Diversifizierung breiter und stabiler aufgestellt. So wird neben dem Ausbau des Kohlegeschäfts auch der Handel mit Heizöl (1951) und Flüssiggas (1953) aufgenommen. Die neuen Energieträger eröffnen Scharr ein weiteres Geschäftsfeld, da dadurch Heizungen umgerüstet werden mussten. Aus diesem Grund baut das Unternehmen 1955 ein breites Angebot an Serviceleistungen rund um die Heiz‐ und Wärmetechnik auf. Neben der Diversifizierungsstrategie wird 1964 auch räumlich expandiert und das Flüssiggas-Geschäft in Bayern aufgebaut. Mit dem Einstieg in den Chemie- und Schmierstoffhandel erweitert Scharr Anfang 1970 seine Aktivitäten und so runden seither die Betriebsstoffe für Industrie und Gewerbe das Leistungsangebot ab. 1980 wird Dr. Werner Pfäffle (Schwiegersohn von Otto Friedrich Scharr) neben Otto Friedrich Scharr zum geschäftsführenden Gesellschafter. Nach der deutschen Wiedervereinigung engagiert sich Scharr 1990 beim Aufbau des Flüssiggasvertriebs in den neuen Bundesländern. Mit Rainer Otto Friedrich Scharr tritt 1992 die vierte Familiengeneration in das Unternehmen ein. 1995 gründet Scharr zusammen mit der Jet Tankstellen Deutschland GmbH das Joint Venture GKG Mineraloel Handel GmbH & Co. KG.

Im Jahr 1996 wird Rainer Otto Friedrich Scharr zum geschäftsführenden Gesellschafter und führt seit 2013 das Familienunternehmen als alleiniger Komplementär mit drei weiteren Mitgliedern der Geschäftsleitung.[3] In den darauffolgenden Jahren übernimmt das Unternehmen die Schmierstoff-Spezialbetriebe Käppler, Hyperol und Condor (2002–2003) sowie das Aral Heizöl Endverbraucher-Geschäft im Südwesten (2004). Im Jahr 2005 wird die Holzpellets-Marke Pellox eingetragen. 2006 wird die Scharr CPC GmbH gegründet, die die Aktivitäten des Flüssiggas- und Aerosol-Geschäfts von Solvadis CPC übernimmt. Im Jahr 2007 werden die überschneidenden Aktivitäten im Bereich Technik durch die Gründung der Scharr Tec GmbH & Co. KG und die überschneidenden Aktivitäten im Bereich Heizöl durch die Gründung der Scharr Wärme GmbH & Co. KG gebündelt. Mit der Übernahme der Thermotec Engineering GmbH im Jahr 2008 steigt die Unternehmensgruppe in die Produktion von Gasflächen- und Gasgebläsebrennern ein. Im selben Jahr wird das Logistikzentrum für Schmierstoffe und Chemieprodukte in Betrieb genommen. 2010 startet die Scharr Wärme GmbH & Co. KG das Erdgasgeschäft für Privat- und Geschäftskunden. Gleichzeitig übernimmt die Scharr-Gruppe die EMS Energie Control Systeme GmbH und ergänzt das Leistungsangebot um Gebäudeautomation sowie Mess-, Steuer- und Regeltechnik. 2011 wird das Unternehmen Namensgeber der Sportveranstaltungshalle Scharrena Stuttgart. Durch die Inbetriebnahme des neuen Tanklagergebäudes mit eigener Misch- und Abfüllanlage 2012 erweitert die Scharr-Gruppe den Bereich Schmierstoffe. Mit der Übernahme der Sailer Mineralölhandel GmbH und der Sailer Tanklager GmbH im Jahr 2014 weitet das Unternehmen seine Aktivitäten im Mitteldestillat-Handelsgeschäft in Bayern und Österreich aus. Darüber hinaus rundet Cleanlife-Gerätebenzin das Produktportfolio von Sailer ab. Zeitgleich vervollständigt die Scharr Wärme GmbH & Co. KG das Energieangebot durch die Aufnahmen von Ökostrom aus 100 % Wasserkraft für Privat- und Geschäftskunden.

Die Übernahme der Enatec GmbH im Jahr 2017 ergänzt das Portfolio der Unternehmensgruppe um Schaltschrankbau für technische Anlagen. 2018 werden alle technischen Geschäftsbereiche (Enatec, EMS Energie Control Systeme und Thermotec Engineering) gebündelt und in die Scharr Tec GmbH & Co. KG integriert. Im selben Jahr beteiligt sich die Scharr-Gruppe an der Fireblast Deutschland GmbH, deren Fokus im Vertrieb von Feuerwehrüberwachungsanlagen liegt. Mit der Eröffnung des Standorts Hunderdorf im Jahr 2019 stellt sich die Scharr Tec GmbH & Co. KG in den Bereichen Industrieanlagenbau sowie Wasser- und Abwassertechnik zukunftsorientiert auf. Gleichzeitig übernimmt die Tochtergesellschaft das im Schaltschrankbau tätige Unternehmen SKS Elektrotechnik GmbH. Die Scharr Wärme GmbH & Co. KG baut im gleichen Jahr ihre Marktposition durch die Übernahme der im Heizöl- und Diesel-Endverbrauchergeschäft tätigen Firmen Calpam Mineralöl GmbH an den Standorten Albstadt, Augsburg und Neu-Ulm sowie Heizölhändler Rühle GmbH in Weinstadt und Mineralölhandel Fink KG in Burgau aus. 2020 übernimmt die Sailer Mineralölhandel GmbH das Oiltanking-Lager in Deggendorf und weitet dadurch die Handelsaktivitäten von Diesel und Heizöl auf Niederbayern aus. Mit Wirkung zum 1. Januar 2021 erwirbt die Muttergesellschaft 75 % der Miedtank Autopark GmbH. Im selben Jahr übernimmt die Scharr Wärme GmbH & Co. KG das Heizöl-Endverbrauchergeschäft Dieter Luithle GmbH in Heilbronn. Im Juli 2021 übernimmt die Friedrich Scharr KG die Mehrheit der Geschäftsanteile an der Fokus Zukunft GmbH & Co. KG mit Sitz in Berg am Starnberger See und steigt damit in die Nachhaltigkeitsberatung ein. Ab dem 1. Januar 2022 wird Sailer in Scharr Fuels GmbH umfirmiert und übernimmt zusätzlich die Handelsaktivitäten der Scharr Wärme GmbH & Co. KG.[4][5]

Kartell

Im Dezember 2007 verhängte das Bundeskartellamt ein Bußgeld von insgesamt knapp 208 Mio. Euro gegen ein Kartell von 10 Flüssiggasunternehmen, zu denen auch Scharr gehörte. Eine Pressemitteilung des Bundeskartellamts zitiert den Präsidenten Bernhard Heitzer:

„Durch die Kundenschutzabsprachen wurden die Verbraucher über viele Jahre hinweg in erheblicher Weise geschädigt. Dies gilt gerade für die Kunden, die einen Miettank der etablierten Flüssiggasanbieter nutzen. Sie waren den überhöhten Preisen schutzlos ausgeliefert.“

Bernhard Heitzer: Pressemeldung des Bundeskartellamtes vom 19. Dezember 2007[6]

Friedrich Scharr hat Einspruch gegen den Bußgeldbescheid eingelegt. Am 15. April 2013 verkündete der 4. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf nach 132 Verhandlungstagen sein Urteil. Insgesamt wurden gegen fünf Unternehmen Bußgelder in Höhe von 244 Mio. Euro verhängt. Friedrich Scharr legte Rechtsbeschwerde gegen das Urteil beim BGH ein. 2020 wurde das Verfahren beendet. Gegen 7 Flüssiggasunternehmen, darunter Scharr, wurden Bußgelder in Höhe von insgesamt 40 Mio. Euro verhängt.[7]

Sponsoring

Die Unternehmensgruppe engagiert sich schwerpunktmäßig in Stuttgart und Umgebung. Sie ist der Namensgeber der Scharrena Stuttgart (Sporthalle in der Untertürkheimer Kurve der Mercedes-Benz Arena). Außerdem ist sie Sponsor von Allianz MTV Stuttgart (Volleyball, Damen, 1. Bundesliga), des TVB 1898 Stuttgart (Handball, 1. Bundesliga) und des SV Vaihingen (Fußball, Bezirksliga).[8] Im Jahr 1998 wurde die Otto F. Scharr-Stiftung gegründet, deren Zweck in der Förderung von Wissenschaft und Forschung, Bildung und Erziehung, Kunst und Kultur ebenso wie in der Unterstützung des Heimatgedankens und von mildtätigen Ausgaben liegt. Außerdem vergibt die Stiftung gemeinsam mit der Universität Stuttgart seit 2008 den Otto F. Scharr-Preis für Energietechnik.[9] Zudem ist Scharr seit 2014 Partner der Jazzopen Stuttgart und neutralisiert, durch die Unterstützung eines von der UNFCCC zertifizierten Klimaschutzprojekts in Darfur im Sudan, die zu erwartenden CO2-Emissionen der Veranstaltung.[8]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Friedrich Scharr KG, Konzernabschluss 2020. Bundesanzeiger, abgerufen am 4. Januar 2022.
  2. Über SCHARR. Abgerufen am 4. März 2021.
  3. Conny J. Winter (Hrsg.): Familien in Baden-Württemberg. 2009, S. 376–382.
  4. Fokus Zukunft – Ein neuer SCHARR-Geschäftszweig. Abgerufen am 11. Mai 2021 (deutsch).
  5. SCHARR Historie. Abgerufen am 4. März 2021.
  6. Bundeskartellamt verhängt Millionenbußen gegen Flüssiggasunternehmen (Memento vom 17. September 2013 im Internet Archive)
  7. Flüssiggaskartell: Spektakuläres Verfahren abgeschlossen, fluessiggas-magazin.de vom 13. Oktober 2020
  8. a b Stuttgarter Zeitung (Hrsg.): SCHARRMANTER Energieversorger und Förderer des Sports. 26. Oktober 2017.
  9. Flüssiggas Magazin (Hrsg.): Otto F. Scharr-Preis für Energietechnik zum 4. Mal vergeben. 10. August 2012.