Fristentransformation

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Durch die Fristentransformation (englisch maturity transformation) werden auf dem Finanzmarkt die unterschiedlichen Laufzeitinteressen von Schuldnern (Privatpersonen, Unternehmen, Staat) und Gläubigern (z. B. Sparern) in Einklang gebracht.

Allgemeines

Die Fristentransformation (auch Fristverlängerungsfunktion) ist eine von drei volkswirtschaftlichen Funktionen der Kreditinstitute. Daneben erfüllen sie noch die Losgrößen- und die Risikotransformation. Die Aufgabe der Institute besteht bei der Fristentransformation darin, formell kurzfristig angenommene Geldanlagen in langfristige Kredite umzuwandeln. Das ist eine der wesentlichen Aufgaben des Bankensystems.[1] Diese Umwandlung formell kurzfristiger Geldanlagen zu langfristigen Krediten ist ihnen nur im Rahmen ihrer Erfahrungswerte aus den Einzahlungs- und Abhebegewohnheiten ihrer Geldanleger möglich. Durch Prolongationen belassen die Einleger ihre Gelder faktisch länger bei den Banken als rechtlich vereinbart, durch Substitutionen werden abgehobene Gelder durch neue Geldanlagen ersetzt;[2] das ist der Kern der Bodensatztheorie, die allerdings nur auf störungsfreien Märkten gilt. Der Gedanke der Fristentransformation beruht auf der Vorstellung der Banken als Finanzintermediäre, die Spareinlagen an Kreditnehmer weiterreichen. Diese Theorie wird inzwischen auch von der Deutschen Bundesbank explizit nicht mehr vertreten. Stattdessen werden von der Deutschen Bundesbank die Bankkredite durch Giralgeldschöpfung erklärt, für die keinerlei Spareinlage nötig ist.[3]

Arten

Es sind zwei Arten von Fristentransformation zu unterscheiden:

Transformation von Kapitalbindungsfristen (Liquiditätsfristentransformation)
Die Bindungsdauer des zur Verfügung gestellten Kapitals weicht von der Bindungsdauer des investierten Kapitals ab. Aus der Liquiditätsfristentransformation erwachsen Liquiditätsrisiken.
Transformation von Zinsbindungsfristen
Die Dauer, für die die Zinsen des zur Verfügung gestellten Kapitals festgelegt sind, weicht von der Dauer der Zinsbindung des investierten Kapitals ab. Hierdurch entstehen Zinsänderungsrisiken.

Wenn langfristige Investitionen mit kurzfristigen Geldern finanziert werden, spricht man von positiver Fristentransformation, umgekehrt von negativer Fristentransformation. Der Normalfall ist die positive Fristentransformation.

Bankbetriebliche Auswirkungen

Die Fristentransformation hat bankaufsichtsrechtliche Anerkennung bereits seit Januar 1962 im früheren Grundsatz II für deutsche Kreditinstitute gefunden und wurde in der seit Januar 2007 in Kraft befindlichen Liquiditätsverordnung übernommen. Hiernach gelten gemäß § 4 Abs. 1 LiqV 10 % der täglich fälligen Kundeneinlagen und 10 % der Spareinlagen auch als täglich fällig (Laufzeitband 1). Demnach können hiervon entsprechend jeweils 90 % über das Laufzeitband 1 hinaus als mittel- oder langfristige Kredite ausgeliehen werden.

Durch die Fristentransformation sind die Kreditinstitute einem Refinanzierungsrisiko ausgesetzt. Bei vorhandener Bonität einer Bank schlägt sich dieses Refinanzierungsrisiko nicht als Liquiditätsrisiko, sondern als Zinsänderungsrisiko nieder.[1] Auf vollkommenen, arbitragefreien Märkten können aus Fristentransformation keine Gewinne erzielt werden.[4] Denn bei einer normalen Zinsstrukturkurve sind die kurzfristigen Zinssätze niedriger als die langfristigen. Der langfristige Zinssatz wird jedoch nur dann höher sein als der kurzfristige, wenn der Markt einen Anstieg der kurzfristigen Zinssätze erwartet.[5] Eine fristentransformierende Bank würde bei einer normalen Zinsstruktur gegenwärtige Fristenstrukturgewinne mit künftigen Fristenstrukturverlusten erkaufen und umgekehrt und müsste einen gegebenen Gewinn intertemporal verschieben.[6] Die Fristentransformation kann daher bei einer günstigen Zinskonstellation eine Ertragsquelle für Banken sein. Der dadurch erwirtschaftete Ergebnisbestandteil wird häufig als Struktur- oder Transformationsbeitrag bezeichnet.

Die bei der Fristentransformation bei Finanzintermediären entstehenden Risiken waren z. B. in der Krise der amerikanischen Sparkassen in den 1980er Jahren sowie in der Finanzkrise ab 2007 von wesentlicher Bedeutung.

Einzelnachweise

  1. a b Johannes Jaenicke, Eine empirische Untersuchung zur Preispolitik der Banken unter besonderer Berücksichtigung bundesbankpolitischer Maßnahmen, 2003, S. 4.
  2. Peter Betge, Bankbetriebslehre, 1996, S. 14.
  3. Geld und Geldpolitik, Schülerbuch für die Sekundarstufe II. (PDF, 11 MB) 2019, S. 129, abgerufen am 5. Oktober 2021.
  4. Axel Engelhardt, Finanzintermediation und Leitwährungen, 2001, S. 150 (FN 307)
  5. Egon Görgens/Karlheinz Ruckriegel/Franz Seitz, Europäische Geldpolitik, 1999, S. 61.
  6. Thomas Hartmann-Wendels/Andreas Pfingsten/Martin Weber, Bankbetriebslehre, 2. Auflage, 2000, S. 648 ff.