Fujiwara (Familie)

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Die Familie Fujiwara (jap.

藤原氏

, Fujiwara-shi) war eine einflussreiche Familie von Regenten Japans, die lange Zeit eine Art Monopol auf die Positionen des Regenten für den Kaiser Sesshō und Kampaku hatte. Dem Gründer der Familie, Nakatomi no Kamatari (

中臣 鎌足

) (614–669), wurde, als er bereits im Sterben lag, dieser Nachname von Kaiser Tenji verliehen. Sie dominierten die japanische Politik in der Heian-Zeit, waren aber auch in nachfolgenden Zeiten einflussreich.

Nara-Zeit

Stammbaum der Familie Fujiwara

Der politische Einfluss der Fujiwara begann während der Nara-Zeit. Nakatomi no Kamatari, ein Mitglied des dem niederen Adel zugehörigen Klans (uji) Nakatomi, stellte sich auf die Seite des Prinzen Naka no Ōe (des künftigen Kaisers Tenji), als die kaiserliche Autorität vom Soga-Klan in Frage gestellt wurde. Naka no Ōe und Nakatomi no Kamatari führten im Jahre 645 einen Staatsstreich gegen die Soga und initiierten eine Reihe tiefgreifender Regierungsreformen (die sog. Taika-Reform), die dann im Ritsuryō-Staat mündeten. 669 verlieh Kaiser Tenji (Regierung 661–671) den Standestitel (Kabane) Fujiwara no Ason an Kamatari, als dieser schon im Sterbebett lag. Der Name wurde an die Abkömmlinge von Fujiwara no Fuhito (659–720), dem zweiten Sohn und Erben von Kamatari, weitergegeben, der am Hof mehrerer Kaiser und Kaiserinnen von Bedeutung war. Er erreichte den Rang des „Kanzlers zur Rechten.“ Er machte seine Tochter Miyako zur Konkubine von Kaiser Mommu. Ihr Sohn, Prinz Obito, wurde später Kaiser Shōmu.

Fuhito (= Fubito), der bereits unter Temmu-Tennō diente, gelang es, eine andere Tochter, Kōmyō(shi), zur Kaiserin von Shōmu zu machen. Sie war die erste Kaiserin, die nicht der kaiserlichen Familie entstammte. Ihm wurde für besondere Verdienste von Mommu (707/4/15) eine Pfründe von 5.000 Häusern verliehen.

Fuhito hatte vier Söhne, von denen jeder eine Familie gründete, die sich dann zu den „Häusern“ der Fujiwara fortentwickelten: Fusasaki das Südliche, Umakai das Ritenhaus, Maro das Hauptstadthaus und Muchimaro das nördliche Haus (Hokke), das die Macht an sich riss und als führend im ganzen Klan angesehen wurde.

Sämtliche Nachfahren der dritten Generation, u. a. Muchimaro (680–737) und Fusasaki (682–737), fielen der Pockenepidemie des Jahres 737 zum Opfer.

Fujiwara no Nakamaro war Kanzler und Vertrauter des Junnin-Tennō und wurde (wie auch sein Bruder Hirotsugu) bei dessen Sturz 765 hingerichtet.

Fujiwara no Nagate (

藤原 永手

, 717–71), Sohn Fusasakis, Urenkel Kamataris. Bei Shōtokus Tod half er zur Ernennung Kōnins, der ihm den Grad ersten Ranges verlieh. Er brachte es zum „Kanzler der Rechten“, diente den Kaisern Shōmu, Kōken, Junnin, Shōtoku und Kōnin. Der Titel des Großkanzlers wurde ihm posthum von Kaiser Kōnin verliehen.

Fujiwara no Toyonari († 765), ältester Sohn des Muchimaro. Unter Kōnin „Kanzler zur Rechten“, wegen Mitwisserschaft an der Rebellion des ehem. Kronprinzen Funabe (757) abgesetzt, als Sonderbefehlshaber des Dazai-fu nach Kyushu gesandt wird. Gelangt wegen Krankheit nur bis Ōsaka. 764 wird er rehabilitiert und erneut Kanzler.

Fujiwara no Tanetsugu (

藤原 種継

, 737–85), Enkel von Fujiwara no Umakai, Spross des Shikike-Astes der Familie, der Hauptbefürworter der Verlegung der Hauptstadt (Nagaoka-kyō), und Hauptintendant der neuen Bauten (Minister des Amts der Riten [Shikibushō], im 3. Hofrang) für Kaiser Kammu. Er wird in Nagaoka „in der Inselstraße der Nagaoka-Residenz von dem Toneri (Leibgarde) Sukune no Wojika und dem Kozumi Hahaki-himaro erschossen.“ (785/12/23; Nihon Ryōiki)

Fujiwara no Naramaro war der Sohn der jüngsten Tochter Fuhitos, die Tachibana no Moroe geheiratet hatte.

Heian-Zeit

Während der Heian-Zeit gelang es den Hokke, einen Erbanspruch auf die Position des Regenten entweder für den minderjährigen Kaiser (Sesshō) oder den erwachsenen Kaiser (kampaku) zu etablieren. Einige bedeutende Fujiwaras besetzten diese Positionen mehr als einmal und für mehr als einen Kaiser. Weniger bedeutende Mitglieder waren Hofadelige, Provinzgouverneure und Vizegouverneure, Mitglieder der Provinzaristokratie oder auch einfache Samurai. Die Fujiwara waren die einflussreichste der 4 großen Familien, die die japanische Politik in der Heian-Zeit (794–1185) beherrschten. Die anderen waren die Tachibana, Taira und Minamoto. Die Fujiwara hatten besonders während der Regentschaften im 10. und 11. Jahrhundert gewaltige Macht und regierten das Land durch den Kaiser als Marionette.

Die Fujiwara dominierten die Regierung in Japan von 794 bis 1160. Es gibt keinen klaren Startpunkt; als Ende ihres beherrschenden Einflusses auf die Zivilregierung kann die Etablierung des ersten Shogunats unter Minamoto no Yoritomo im Jahre 1192 angesehen werden.

Die Fujiwara-Prinzen dienten anfangs als höchste Minister des kaiserlichen Hofes (Kampaku) und Regenten (sesshō) für minderjährige Kaiser. Die Fujiwara zogen in dieser Position jahrhundertelang die Fäden der Regierungsgeschäfte. Scheinbar planten sie aber niemals, die kaiserliche Dynastie zu ersetzen. Stattdessen stammte der Einfluss des Clans von seiner Heiratspolitik. Da sowohl die Frauen der Kronprinzen und der jüngeren Söhne der Kaiser als auch der Kaiser selbst im Allgemeinen stets Fujiwara waren, waren die männlichen Oberhäupter oft Schwiegervater, Onkel oder Großvater des Kaisers. Die Familie erreichte den Gipfel ihrer Macht unter Fujiwara no Michinaga (966–1028), einem langjährigen Kampaku, der Großvater von drei Kaisern, Vater von sechs Kaiserinnen oder kaiserlichen Gemahlinnen und der Großvater von weiteren sieben kaiserlichen Gemahlinnen war. Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass Michinaga (und nicht der eigentliche Kaiser) Japan regierte.

Abstieg

Nur 40 Jahre nach Michinagas Tod waren die Fujiwara nicht in der Lage, die Thronbesteigung von Kaiser Go-Sanjō (reg. 1068–1073) zu verhindern, des ersten Kaisers seit Uda (reg. 887–897), dessen Mutter keine Fujiwara war. Das System der Regierung durch einen abgedankten Kaiser, der sich in ein Kloster zurückzog (daijō tennō), schwächte ab 1087 die Kontrolle der Fujiwara über den kaiserlichen Hof weiter. Eine Enkelin des Fujiwara no Tomayasu war die Dichterin Sugawara no Takasue no Musume.

Die von den Fujiwara dominierte Heian-Periode näherte sich mit den Unruhen im 12. Jahrhundert ihrem Ende. Der als Hōgen-Rebellion (Hōgen no Ran) bekannte dynastische Kampf führte 1156 zum Aufstieg der Taira als wichtigstem Clan. 1160 besiegten die Taira die Koalition der Fujiwara und Minamoto während der Heiji-Rebellion (Heiji no Ran). Diese Niederlage besiegelte das Ende des Einflusses der Fujiwara.

Spaltung

Im 13. Jahrhundert spalteten sich die Hokke in 5 Regentenhäuser (五摂家 go-sekke) auf: Konoe, Takatsukasa, Kujō, Nijō und Ichijō. Diese hatten eine Art Monopol auf die Ämter des Sesshō und des Kampaku, die sie abwechselnd besetzten. Die politische Macht hatte sich vom Hofadel in Kyōto zu der neuen Kriegerklasse auf dem Lande verschoben. Die Fujiwara-Prinzen blieben jedoch bis ins 20. Jahrhundert enge Berater, Regenten und Minister des Kaisers. Als solche hatten sie immer einen gewissen politischen Einfluss und politische Macht, so dass auch die rivalisierenden Krieger und späteren Militärregierungen (Bakufu) oft ein Bündnis mit ihnen ersuchten. Fujiwara Seika war ein konfuzianischer Gelehrter des 16. Jahrhunderts.

Beginnend mit dem Ende der Heian-Zeit teilte sich das Hokke-Haus immer weiter in eine Vielzahl von Zweigen. Um 1400 waren die folgenden Linien entstanden: aus den go-sekke-Häusern, die Regenten stellten:

sowie

  • Kan’in-Zweig: Saionji, Ōmiya, Shimizudani, Tōin, Ōgimachi, Sanjō, Ōgimachi-Sanjō, Sanjōnishi, Shigenoi, Kawabata, Ano, Anegakōji, Mushanokōji, Oshinokōji, Takamatsu, Imadegawa, Hashimoto, Ogura, Uratsuji, Yotsutsuji, Tokudaiji, Kawara
  • Kazan’in-Zweig: Kazan'in, Horikawa, Nakayama, Oimikado, Namba, Asukai
  • Nakamikado-Zweig: Nakamikado (Matsuki), Bōmon, Sono, Mibu, Rokkaku
  • Mikohidari-Zweig: Reizei, Fujigaya, Irie
  • Hino-Zweig: Hino, Toyama, Toyooka, Hirobashi, Hinonishi, Takenoya, Yanagibara, Kitanokōji, Machi (Hinomachi), Karasumaru, Kadenokōji, Uramatsu
  • Kaūji-Zweig: Kaūji, Kanroji, Bōjō, Madenokōji, Seiganji, Nakamikado, Hamuro, Hachijō, Machi
  • Shijō-Zweig: Shijō, Nishiōji, Aburakōji, Washio, Yamashina
  • Minase-Zweig: Minase, Machigami, Sakurai, Yamanoi
  • Takakura-Zweig: Takakura, Horikawa, Higuchi

weiterhin bestanden noch die Fujiwara-Linien: Sesonji, Muromachi (Kobata) und Yabu.

Die Namen der einzelnen Linien waren meist Toponyme der Familienresidenz oder haben Bezug zu den Familientempeln (bodaiji). Etwa 30 % der heutigen Japaner können sich als Nachfahren der Fujiwara bezeichnen.[1]

Bis zur Heirat von Kronprinz Hirohito (postum Shōwa-Tennō) mit Prinzessin Kuni Nagako (Kuninomiya Nagako Nyoō) im Januar 1924 wurden die Hauptfrauen der Kaiser und Kronprinzen immer aus einer der fünf Sekke Fujiwara gewählt. Kaiserliche Prinzessinnen wurden über mindestens ein Jahrtausend ebenfalls oft mit Fujiwara verheiratet. Dies reicht bis zu Kaiser Shōwas dritter Tochter, der verstorbenen Prinzessin Takanomiya (Kazoku), und Prinz Mikasas älterer Tochter, der früheren Prinzessin Yasuko, die in die Familien Takatsukasa und Konoe einheirateten.

Fujiwara-Regenten

Die Amtsinhaber und ihre Regierungszeiten sind in der Liste japanischer Regenten aufgeführt.

Familienmitglieder

Rezeption

Der deutsche Schriftsteller Dieter R. Fuchs beschrieb den Werdegang, die Begleitumstände sowie die Lebensverhältnisse im Umfeld der Fujiwara-Familie in seinem historischen Japan-Roman Hannya – im Bann der Dämonin. Schwarzer Drachen Verlag, 2017, ISBN 978-3-940443-73-1[2]

Siehe auch

Quelle

  1. Herbert Plutschow: Japan's Name Culture. The Significance of Names in a Religious, Political and Social Context. Japan Library, Folkestone 1995, ISBN 1-873410-42-5, S. 97.
  2. Rezension der Arbeitsgemeinschaft Jugendliteratur. (PDF) Abgerufen am 20. Dezember 2021.

Weblinks

Commons: Fujiwara – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien