Luzerne

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Luzerne

Luzerne (Medicago sativa)

Systematik
Eurosiden I
Ordnung: Schmetterlingsblütenartige (Fabales)
Familie: Hülsenfrüchtler (Fabaceae)
Unterfamilie: Schmetterlingsblütler (Faboideae)
Gattung: Schneckenklee (Medicago)
Art: Luzerne
Wissenschaftlicher Name
Medicago sativa
L.

Die Luzerne (Medicago sativa), auch Saat-Luzerne, Alfalfa, Schneckenklee oder Ewiger Klee, britisches Englisch lucerne, amerikanisches Englisch alfalfa genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung Schneckenklee (Medicago) in Unterfamilie Schmetterlingsblütler (Faboideae) innerhalb der Familie der Hülsenfrüchtler (Fabaceae). Sie ist auch eine Nutzpflanze.

Beschreibung

Farbvariante

Vegetative Merkmale

Die Luzerne wächst als überwinternd grüne, ausdauernde krautige Pflanze und erreicht Wuchshöhen von bis zu etwa 1 Meter. Sie besitzt ein tiefreichendes Wurzelsystem mit Rhizomen von über 4,5 Metern Ausdehnung, was sie ungünstige Niederschlagsperioden (Dürren) gut überstehen lässt. Der aufrechte, mehr oder weniger behaarte Stängel ist vierkantig.

Die wechselständigen Laubblätter sind dreizählig. Die kurz gestielten Blättchen sind verkehrt-eiförmig bis elliptisch und bis etwa 3 Zentimeter lang. Der Blättchenrand ist ganz bis an der Spitze gesägt. Die Spitze ist bespitzt bis stachelspitzig. Die Nervatur ist gefiedert mit oberseits eingedrückter und unterseits erhabener Mittelader. Unterseits sind die Blättchen manchmal mehr oder weniger spinnwebig, angepresst behaart, sonst sind sie kahl. Es sind kleine, gezähnte und langspitzige Nebenblätter vorhanden.

Generative Merkmale

Es werden dichte, lang gestielte und achselständige, traubige Blütenstände ausgebildet. Die kurz gestielten Schmetterlingsblüten sind bläulich bis violett, purpurfarben oder weiß. Die zehn Staubblätter sind diadelphisch angeordnet. Der oberständige, kurz gestielte Fruchtknoten ist lang und schmal.

Die braunen, mehr oder weniger behaarten und netzartig geaderten sowie bespitzten, flachen Hülsenfrüchte sind gerade bis meist spiralig gewunden, eingerollt und bis etwa 5 bis 9 Millimeter im Durchmesser. Es sind bei den spiraligen Früchten etwa 1,5 bis 3,5 Umgänge vorhanden. Die bis etwa 2–(8) 15 gelblichen oder hell- bis orange-bräunlichen und nierenförmigen Samen sind etwa 1,5–2 Millimeter groß.

Die Blütezeit reicht von Juni bis September.

Ökologie

Bestäubung mit Honigbiene

Die Luzerne wächst als Hemikryptophyt (Schaftpflanze), zuweilen auch als Chamaephyt. Sie ist ein ausgesprochener Tiefwurzler. Durch Blattgelenke (Pulvini) sind nächtliche Schlafbewegungen (Nastien) möglich, wobei sich die Fiedern zum Schutz vor nächtlichem Wärmeverlust nach oben zusammenlegen.

Wie andere Hülsenfrüchtler (Leguminosen) besitzt die Luzerne die Fähigkeit, mit Hilfe von Knöllchenbakterien (Rhizobien) elementaren Stickstoff aus der Boden-Luft aufzunehmen und diesen in Form von Aminosäuren zu binden. Die Luzerne lebt mit ihrem wirtsspezifischen Knöllchenbakterium Sinorhizobium meliloti in Symbiose.[1]

Blütenökologisch handelt es sich um Nektar führende „Schmetterlingsblüten“ mit Schnellmechanismus. Die Spannung zwischen Geschlechtssäule und Schiffchen wird durch ein Schwellgewebe an der Unterseite der Staubfadenröhre hervorgerufen. Der Pollen wird durch die herausschnellenden Staubblätter den Besuchern beim Aufsitzen auf das Schiffchen an den Kopf geschleudert. Beim Schnellvorgang bekommen die Bestäuber einen Schlag, was viele Bienenarten nicht stört. Aber die lernfähigen Honigbienen vermeiden nach einiger Zeit den unangenehmen Schlag, indem sie den Nektar mit ihrem Rüssel von der Seite her erreichen. Dadurch bleibt allerdings die Bestäubung aus. Daher werden seit den 1960er Jahren Blattschneiderbienen der Art Megachile rotundata ausgebracht, um Samenansatz zu erreichen. Die Blüten sind teilweise selbststeril.

Die Blüten werden fast ausschließlich von Hummeln besucht, wie u. a. Versuche in Schweden ergaben. Dort wurden Luzernefelder zu weniger als 1 % von Bienen, aber zu 78 % von Hummeln bestäubt. In Finnland hat man daher den Anbau in solche Gebiete verlegt, in denen noch sehr viele Hummeln vorkommen.[2]

Medicago sativa, reife Hülsenfrüchte
Mehrfach gewundene Hülsenfrucht von Medicago sativa subsp. sativa

Die Samen werden aus den mehrsamigen, spiraligen, sich nur wenig öffnenden Hülsen durch den Wind herausgeschleudert. Danach können sie sich als Rollfrüchte weiter ausbreiten; meist erfolgt jedoch eine Zufallsausbreitung durch Huftiere. Die Fruchtreife erfolgt ab August. Vegetative Vermehrung ist durch Verzweigung des Rhizoms möglich.

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 32.[3]

Die Luzerne wird vom Rostpilz Uromyces striatus mit Uredien und Telien befallen.[4]

Vorkommen

Sie wird in Mitteleuropa oft feldmäßig angebaut und sie verwildert beständig; dann besiedelt sie Wegränder, ruderal werdende Halbtrockenrasen und Trockenwiesen.[5] Sie fehlt im mitteleuropäischen Tiefland und in den höheren Mittelgebirgen gebietsweise; sonst kommt sie in Mitteleuropa zerstreut vor.[5]

Die Luzerne gedeiht am besten auf tiefgründigen, etwas kalkhaltigen, aber nur mäßig nährstoff- und humusreichen Lehm- oder Lössböden.[5]

Landwirtschaft

Luzerne-Sprossen
Intensive Landwirtschaft: Luzerne-Anbau in der Kalahari-Trockensavanne (2017)
24°20′21.5″S 018°35′36.4″E

Die Luzerne wird weltweit als Vieh-Futter, aber auch als Lebensmittel (Sprossen) angebaut. Sehr häufig, wenn nicht überwiegend, handelt es sich bei den angebauten Pflanzen in Mitteleuropa jedoch nicht um die reine Art Medicago sativa, sondern um die Bastard-Luzerne (Medicago × varia).[6]

Geschichte der Kultivierung

Schon in Persien war die Luzerne eine wichtige Futterpflanze für Pferde.[7] Nach Überlieferungen wurde sie um etwa 470 v. Chr. nach Griechenland gebracht. Von dort kam sie etwa um 150–50 v. Chr. nach Italien, wo sie als Futter für Schafe genutzt wurde. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts n. Chr. brachten die spanischen Kolonialherren die Luzerne nach Amerika, primär nach Mexiko und Peru. Nach Deutschland kam sie aus Italien durch Waldenser aus dem Luserna-Tal im Piemont, die 1699 bei Wurmberg die Siedlung Lucerne gründeten. Die Verbreitung, zunächst in Württemberg, wird dem Waldenser Anton Seignoret zugeschrieben.[8] Die Sichelluzerne wird erst seit etwa 200 Jahren in nördlichen Gebieten angebaut.[9]

Als Luzerne und Wiesen(=Rot-)klee im 19. Jahrhundert nach Australien und Neuseeland eingeführt wurden, zeigte sich, dass wegen der dort nicht vorkommenden Hummeln kein nennenswerter Samenertrag erzielt werden konnte. Dieser Klee könne aber hauptsächlich nur durch Hummeln bestäubt werden wie Charles Darwin glaubte. Es wurden daraufhin 1885 Hummelarten in Neuseeland importiert, um die Bestäubung des Klees sicherzustellen. Einige Hummeln sind aber auch gute Bestäuber für die Luzere. In Australien gibt es keine Hummeln, außer in Tasmanien, wo sie 1992 eingeschleppt wurden.[2]

Bis in die heutige Zeit hat sich die Luzerne in gemäßigten bis subhumiden tropischen Gebieten behauptet.

Anbau

Ihre stickstoffbindende Fähigkeit verbessert die Leistungsfähigkeit landwirtschaftlicher Böden. Wenn sie auf geeigneten Böden angebaut wird, ist die Luzerne eine ergiebige Futterpflanze. Die Aussaat erfolgt im Frühling auf einem gut abgesetzten Saatbett mit einem pH-Wert von etwa 6,8 bis 7,5.

Luzerne wird meist als Silage oder Grünmehl für Pellets, wegen hoher Bröckelverluste seltener als Heu geerntet, kann aber auch beweidet werden. Sie erreicht ein Alter von fünf bis zwölf Jahren, abhängig von zum Beispiel Boden und Klima. In Deutschland wird sie 2–3 Jahre genutzt, in anderen Klimazonen länger. In den meisten Klimazonen wird Luzerne drei oder viermal pro Jahr geschnitten. Der Ertrag beträgt etwa 10 t Trockenmasse/ha und Jahr, schwankt aber regional, abhängig vom Wetter und Stadium der Reife, wenn sie geschnitten wird. Dabei sollte die Pflanze einmal pro Jahr zur Blüte gelangen, um mehrere Jahre nutzbar zu bleiben.

Um bayerische Bauern speziell bei der Fütterung von Rindern unabhängiger von Import-Soja aus Übersee zu machen, unterstützte der ehemalige Landwirtschaftsminister Helmut Brunner den Anbau heimischer Luzerne.[10] Er sah im Vergleich zur Sojabohne Vorteile bezüglich des Proteingehalts, des Weiteren zeichne sich die Luzerne durch Stickstoffdüngerersparnis, Angepasstheit an trockene Standorte und die Fähigkeit zur Bodenverbesserung aus. Für Bienen und Insekten stelle sie eine reichhaltige Futterquelle dar.[11]

Der Wasserbedarf beträgt etwa 500–650 mm je Doppelzentner Trockenmasse.

Gentechnisch veränderte Luzerne

2005 wurde in den USA der erste gentechnisch veränderte (gv) Alfalfa sowohl als Nahrungsmittel als auch als Futtermittel zugelassen. Der von der Firma Monsanto entwickelte RoundupReady-Alfalfa ist gegen Roundup (das Breitbandherbizid Glyphosat) resistent. Im ersten Anbaujahr 2006 wurde dieser Alfalfa in den USA auf einer Fläche von rund 80.000 bis 100.000 Hektar angebaut.[12]

2007 wurde die Zulassung in den USA nach umfangreichen Protesten durch Umwelt- und Verbraucherschutzgruppen auf Anordnung eines kalifornischen Gerichtes wieder aufgehoben, da der Zulassung erst eine umfangreiche Umweltverträglichkeitsprüfung vorausgehen müsse. Seither war der Anbau nur unter starken Einschränkungen möglich. Im Dezember 2009 veröffentlichte das United States Department of Agriculture (USDA) seinen Prüfungsbericht, der die Gefahr von Umweltschäden als „unwahrscheinlich“ ansah und empfahl, den Anbau von RoundupReady-Alfalfa ohne Auflagen freizugeben.[12] Am 27. Januar 2011 gab der Animal and Plant Health Inspection Service des USDA bekannt, dass RoundupReady-Alfalfa nach umfangreichen und transparenten Prüfungen wieder uneingeschränkt für den Anbau freigegeben ist.[13]

Weitere Zulassungen für den Anbau des Produktes bestehen in Kanada und Japan. Freilandversuche wurden darüber hinaus in Argentinien durchgeführt sowie 1994 in Belgien und Spanien; eine kommerzielle Nutzung wird in Europa allerdings vorerst nicht erwartet.[14]

Zusammensetzung

100 g frisches Blattgut enthalten:[15]

Inhaltsstoff g bzw. mg
Wasser 79,5 g
Kohlenhydrate 12,2 g
Eiweiß 6,9 g
Fett 0,13 g
Kalium 137 mg
Calcium 16,6 mg
Natrium 1,2 mg
Eisen 0,34 mg
Carotin 28,1 mg

Weitere Inhaltsstoffe sind Cumarinderivate und Saponine. Samen enthalten die gesundheitsschädliche Aminosäure Canavanin, die bei der Keimung größtenteils abgebaut wird.[16]

Literatur

  • Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. Die häufigsten mitteleuropäischen Arten im Portrait. 7., korrigierte und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2011, ISBN 978-3-494-01424-1.

Weblinks

Commons: Luzerne (Medicago sativa) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Luzerne – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Peter v. Sengbusch: Stickstoff-Fixierung. In: biologie.uni-hamburg.de. Botanik online 1996-2004, abgerufen am 4. Januar 2022.
  2. a b Helmut Hintermeier, Margrit Hintermeier: Bienen, Hummeln, Wespen im Garten und in der Landschaft. 2. Auflage. Obst- und Gartenbauverlag, München 1997, ISBN 3-87596-098-X.
  3. Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 588.
  4. Peter Zwetko: Die Rostpilze Österreichs. (PDF; 1,8 MB) Supplement und Wirt-Parasit-Verzeichnis zur 2. Auflage des Catalogus Florae Austriae, III. Teil, Heft 1, Uredinales.
  5. a b c Dietmar Aichele, Heinz-Werner Schwegler: Die Blütenpflanzen Mitteleuropas. Band 2: Eibengewächse bis Schmetterlingsblütengewächse, Franckh-Kosmos, Stuttgart 1994, ISBN 3-440-06192-2.
  6. Der BibISBN-Eintrag [[Vorlage:BibISBN/Skriptfehler: Das Modul gab einen nil-Wert zurück. Es wird angenommen, dass eine Tabelle zum Export zurückgegeben wird.]] ist nicht vorhanden. Bitte prüfe die ISBN und lege ggf. einen [{{fullurl:Vorlage:bibISBN/Skriptfehler: Das Modul gab einen nil-Wert zurück. Es wird angenommen, dass eine Tabelle zum Export zurückgegeben wird.|action=edit&section=new&preload=Vorlage%3ABibISBN%2FVorlage&nosummary=1}} <span title="Vorlage:bibISBN/Skriptfehler: Das Modul gab einen nil-Wert zurück. Es wird angenommen, dass eine Tabelle zum Export zurückgegeben wird. (Seite nicht vorhanden)">neuen Eintrag] an.
  7. F. F. Matenaers: Der Luzernebau. Nach den praktischen Erfahrungen, wissenschaftlichen Beobachtungen und Untersuchungen in Nordamerika. Parey, Berlin 1912.
  8. Wurmberg in der Beschreibung des Oberamts Maulbronn (Wikisource)
  9. Otto E. Heuser: Die Luzerne. Eigenschaften, Anbau und Verwertung einer wertvollen Futterpflanze. Parey, Berlin 1931.
  10. Agrarminister Brunner hört im Herbst auf. Süddeutsche Zeitung, 5. Januar 2018, abgerufen am 20. Februar 2021.
  11. Bayrisches Staatsministerium Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: Luzerne statt Soja. (Memento des Originals vom 10. September 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.stmelf.bayern.de
  12. a b Anonymus: Anbau von Gentechnik-Alfalfa in den USA: Grünes Licht nach Umweltprüfung. In: TransGen. 21. Januar 2010, Online (Memento des Originals vom 25. Februar 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.transgen.de
  13. USDA Announces Decision to Fully Deregulate Roundup Ready Alfalfa. USDA press release, 27. Januar 2011 (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.usda.gov
  14. Eintrag bei der Transgen Lebensmitteldatenbank: Luzerne – Alfalfa. 29. Oktober 2009. (Memento des Originals vom 25. Oktober 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.transgen.de
  15. Ternes, Täufel, Tunger, Zobel: Lebensmittel-Lexikon. 4. Auflage. Behr’s Verlag, 2005, ISBN 3-89947-165-2.
  16. B.-E. van Wyk: Food Plants of the World. Timber Press, 2005, ISBN 978-0-88192-743-6, S. 243.