Gall (Adelsgeschlecht)

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Stammwappen der Herren und späteren Freiherren von Gall

Von Gall (historisch auch de Gall und noch früher de Gallo oder Gallio) ist der Name eines deutschen Adelsgeschlechts mit norditalienischen Wurzeln, dessen Freiherrenstand 1853 im Großherzogtum Hessen, 1863 im Großherzogtum Oldenburg und 1889 im Königreich Preußen anerkannt wurde.[1]

Geschichte

Das Geschlecht entstammt dem Patriziat von Como, wo es bereits 1307 zu den angesehensten guelfischen Familien gehörte.[2] Von Como aus baute die Familie im 14. Jahrhundert ein international agierendes Finanz- und Handelshaus auf, das Tuchstoffe nach Deutschland und Spanien exportierte und Kredite vergab.[3] Nachkommen des Kardinals Tolomeo Gallio führten den Titel des Herzogs von Alvito. Mit Bernardino de Gallo kam 1501 der erste Gall nach Deutschland und zwar nach Konstanz, um hier die Handelsbeziehungen zu verfestigen. Obwohl er die Konstanzer Bürgerrechte verliehen bekommen hatte, wohnte er aber wohl bis 1522 überwiegend in Como. Sein Sohn Nicolaus von Gall (1545 urkundlich als Nicolaus de Gallo, † 1554) erwarb die freiadeligen Güter Hochstraß, Ober-Giersberg und Untercastell im schweizerischen Thurgau bzw. bei Konstanz. 1530 urkundete er als deren Besitzer mit dem Prädikat edler und vester Herr. 1553 oder 1554 zog er aus Konstanz, wo er seit 1518 gesteuert hatte, in den Thurgau und wurde in die Adelsgesellschaft Nothfeststein[4] in St. Gallen als Mitglied aufgenommen.[5] Sein Sohn Nicolaus II war Bürgermeister von Konstanz und Gerichtsherr zu Hessenreuti im Thurgau.

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Naturdenkmal in Darmstadt: Die von-Gall-Eiche, benannt nach dem hessischen Landesjägermeister Carl Freiherr von Gall

Andreas von Gall, geboren 1575, Sohn von Nicolaus III. von Gall und Maria Magdalena von Blarer zu Wartensee, kam 1604 aus Konstanz nach Darmstadt. Mit ihm wurde diese Linie derer von Gall evangelisch. 1628 kaufte Andreas den Besitz Netzmühle bei Kirchhain. Dieser sollte fast 200 Jahre der Stammsitz derer von Gall in Hessen sein. 1816 verkauften sie den adeligen Hof Netz nebst Mühle an die Freiherren von Fürstenberg.[6] Einer der letzten Eigentümer war der kinderlos verstorbene Ludwig von Gall (1732–1800), Hessen-Hanauischer Kammerpräsident und Geheimer Rat, Sohn des Friedrich Adolf von Gall, Gutsherr auf Netz (1708–1790). Seine Gemahlin war Johannette Sybille von Müllenheim, die 1813 als Witwe auf Netz verstarb.[7] Der Freiherrenstand wurde für dessen Neffe den Großherzoglichen Kammerherren, Wirklichen Geheimrat und Landjägermeister Carl Christian Freiherrn von Gall, Sohn von Wilhelm Rudolf von Gall, mit Großherzoglichem Ministerialreskript vom 14. Januar 1853 bestätigt.

Johann Franz Schenk von Stauffenberg, Fürstbischof von Konstanz, belehnte 1708 Joseph Andreas de Gall (= Joseph Andreas von Gall von Hochstraß), Bürgermeister der Reichsstadt Ravensburg, und seinen Bruder Ludwig Julius de Gall mit dem erblichen Weinzehnten zu Markdorf. 1716 belehnte der Bischof damit Joseph Anton de Gall, nachdem dessen Vater Joseph Andreas de Gall sowie der Onkel Ludwig Julius de Gall verstorben waren. 1730 bekannte der Bischof von Konstanz, dass das Adelsgeschlecht derer von Gall zu Ravensburg ausgestorben sei und verlieh den Weinzehnten zu Markdorf erneut.[8]

Die spätere Reichsäbtissin Maria Franziska von Gall (1707–1759), die 1747–1759 die Reichsabtei Gutenzell regierte, entstammte einem Zweig, dem das Gut Waldhof gehörte. Nach ihrer Geburt war sie zunächst auf die Namen Maria Barbara Dominica getauft worden. Später war Maria Franziska ihr Ordensname.[9] Eine nahe Verwandte war Barbara von Gall zu Waldhof (1650–1691),[5] welche mit Matthäus von Pflummern (1649–1707), Bürgermeister der Reichsstadt Überlingen, aus altem schwäbischem Adel, verheiratet war. Von ihren acht Kindern wurde Sohn Johann Ignaz (1681–1731) ebenfalls Bürgermeister von Überlingen, die Tochter Anna Katharina († 1761) Priorin von Urspring(en).[5][10] Der letzte Herr von Gall zu Waldhof verkaufte das adelige Gut Waldhof im Jahre 1716.[11] Es gehörte dann zur Herrschaft Herdwangen und damit zum Besitz der Reichsabtei Petershausen.[12]

Auch der Arzt und Hirnanantom Franz-Joseph Gall (1758–1828) entstammte einem Zweig der Patrizierfamilie Gall bzw. Gallo aus Como.[13]

Bekannte Familienmitglieder

Wappen

Das redende Stammwappen der ursprünglich de Gallo („gallo“ italienisch für „Hahn“) genannten Familie, wie sie es bereits in Italien und Nicolaus de Gall 1557 führte,[14] zeigt im geteilten Schild oben in Gold einen rotbewehrten schwarzen Hahn, unten von Schwarz und Gold sechsmal schrägrechts geteilt. Auf dem Helm mit schwarz-goldenen Helmdecken der Hahn.[1]

Literatur

  • Genealogisches Handbuch des Adels. Adelslexikon. Band IV, Band 67 der Gesamtreihe, Limburg an der Lahn 1978, S. 22.
  • Julius Kindler von Knobloch: Oberbadisches Geschlechterbuch. Band 1, Heidelberg 1898, S. 419–423. [Mit Stammtafeln (teilweise unvollständig) und Wappen (S. 423).]
  • Historischer Abriss und Beschreibung des Wappens. In: Gothaisches genealogisches Taschenbuch der freiherrlichen Häuser auf das Jahr 1862. Zwölfter Jahrgang, Justus Perthes, Gotha 1861, S. 258 f.

Einzelnachweise

  1. a b GHdA, Adelslexikon. Band IV, Band 67 der Gesamtreihe, Limburg an der Lahn 1978, S. 22.
  2. Julius Kindler von Knobloch: Oberbadisches Geschlechterbuch. Band 1, Heidelberg 1898, S. 419–423. [Mit Stammtafeln (teilweise unvollständig) und Wappen (S. 423.)]
  3. Giampiero Nigro (Hrsg.): Le crisi finanziarie. Gestione, implicazioni sociali e conseguenze nell’età preindustriale / The Financial Crises. Their Management, Their Social Implications and Their Consequences in Pre-Industrial Times (= Atti delle «Settimane di Studi» e altri Convegni. Band 47). 1. Auflage. Firenze University Press, Florence 2016, ISBN 978-88-6655-948-1, doi:10.36253/978-88-6655-949-8 (fupress.com [abgerufen am 19. Juli 2020]).
  4. Website des Clubs Nothvestein in St. Gallen: Historisches (Abgerufen am 17. Mai 2019)
  5. a b c Julius Kindler von Knobloch: Oberbadisches Geschlechterbuch, Band 1, Heidelberg 1898, S. 85.
  6. Netz, Hof, Landkreis Marburg-Biedenkopf. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  7. Gall, Georg Ludwig Friedrich Wilhelm von. Hessische Biografie. (Stand: 26. Februar 2013). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  8. Hauptstaatsarchiv Stuttgart: Ergebnisliste
  9. Reichsäbtissin OCist Maria Francisca von Gall (1707–1759) (Abgerufen am 14. Mai 2019.)
  10. Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, S. 261.
  11. Johann Baptist Kolb, Historisch-statistisch-topographisches Lexicon, Band 3, 1816, S. 54.
  12. Geographisch-statistisch-topographisches Lexicon von Schwaben, 1800, S. 859 f.
  13. Stanley Finger, Paul Eling: Franz Joseph Gall: Naturalist of the Mind, Visionary of the Brain. 1. Auflage. Oxford University Press, 2019, ISBN 978-0-19-046462-2, doi:10.1093/oso/9780190464622.001.0001 (oxfordscholarship.com [abgerufen am 8. Juli 2020]).
  14. Julius Kindler von Knobloch: Oberbadisches Geschlechterbuch. Band 1, Heidelberg 1898, S. 423.