Gebrüder Dippe

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Werksgelände der Gebrüder Dippe AG
Denkmal für Gustav Adolf Dippe
Fabrikantenvilla Neuer Weg 22

Die Gebrüder Dippe AG war ein bedeutendes und traditionsreiches Saatzuchtunternehmen in Quedlinburg im heutigen Sachsen-Anhalt.

Geschichte

Das Unternehmen wurde 1850 von den Brüdern Gustav Adolf Dippe (1824–1890) und Christof Lorenz Dippe in Quedlinburg gegründet. Das Unternehmen ging aus dem kleinen Gärtnereibetrieb des zuvor bereits verstorbenen Vaters der Gründer Johann Martin Dippe hervor. Die Familie Dippe besaß seit 1714 Gartenland vor den Toren der Stadt Quedlinburg. Es wurden weitere Anbauflächen im Umfeld der Stadt, so im Word und im Bodegarten erworben. Christof Lorenz Dippe schied im Jahr 1863 aus dem Unternehmen aus, blieb jedoch Teilhaber. Wichtigstes Produkt war Zuckerrübensamen. Durch neue Zucht- und Auswahlverfahren erreichten die Züchtungen einen hohen Ertrag und einen hohen Zuckergehalt. Das Unternehmen wuchs stark. Zur Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert deckten die Gebrüder Dippe ein Sechstel des Weltbedarfs an Zuckerrübensamen. Das Unternehmen erzeugte auch Gemüse- und Blumensamen. 1890 beschäftigte man 1800 Arbeiter und 120 Gärtner. Es wurde eine Anbaufläche von 2500 Hektar bewirtschaftet. Das Unternehmen galt als vielseitigstes Großzüchtungsunternehmen der Welt.[1]

Der Haupthof des Unternehmens befand sich an der Adresse Neuer Weg 21 in Quedlinburg und steht heute unter Denkmalschutz. In unmittelbarer Nähe des Unternehmenssitzes entstanden Villen der Familie Dippe, die heute gleichfalls denkmalgeschützt sind. Südlich des Werkszuganges befindet sich die 1894/95 errichtete Villa Neuer Weg 22.

Carl Dippe und Friedrich Dippe, die Söhne von Gustav Adolf, sowie sein Schwiegersohn Carl Esche traten in das Unternehmen ein. Gustav Adolf Dippe verstarb im November 1890 in San Remo.[2] Ihm wurde auf dem Firmengelände ein noch heute erhaltenes von Richard Anders geschaffenes Denkmal gesetzt. Nach dem Tod des Vaters führte Carl Dippe das Unternehmen. Sein Nachfolger wurde, die Familie war inzwischen geadelt, Friedrich von Dippe. Im Jahr 1915 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Bei einem Hochwasser der Bode 1925/26 war das Betriebsgelände von Überschwemmungen betroffen.[3] 1934 übernahm Hans von Dippe, Friedrichs Sohn, das Unternehmen. Im Frühjahr 1945 arbeiteten 2500 Menschen dort.[4] Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Unternehmen enteignet. Hans von Dippe und Carl Esche junior gründeten in Herford die Gebrüder Dippe GmbH, die ihren Sitz später nach Bad Salzuflen verlegte. 1993 wurde das Unternehmen von der schwedischen Firma Hilleshög übernommen.

Der Betrieb in Quedlinburg wurde mit dem Betrieb der Firma Mette 1946 zur Deutschen Saatgutgesellschaft vereinigt. Auf dem Haupthof der Gebrüder Dippe AG wurde am 20. Januar 1947 das Institut für Pflanzenzüchtung gegründet.[5] 1971 wurde aus der Saatgutgesellschaft der VEB Saat- und Pflanzgut. Das Institut führte ab 1972 die Bezeichnung Institut für Züchtungsforschung.[6] Nach der politischen Wende des Jahres 1989 führte man das Unternehmen als Quedlinburger Saatgut GmbH fort. 1998 wurde die GmbH ein Tochterunternehmen der Julius Wagner GmbH Heidelberg. Mit dieser Gesellschaft erfolgte 2002 eine Fusion zur Quedlinburger Saatgut GmbH. Unter dieser Bezeichnung führt das Unternehmen bis heute auch die Traditionslinie der Gebrüder Dippe AG fort.

Haupthof Neuer Weg 21

Das Betriebsgelände im Neuen Weg 21 in Quedlinburg wurde im Zeitraum von 1850 bis 1910 kontinuierlich ausgebaut. Es entstanden Verwaltungs-, Produktions- und Wohngebäude, wobei sich die Bebauung von Norden, aus Richtung der Stadt Quedlinburg, nach Süden entwickelte. Die älteren Gebäude entstanden dabei im Stil des Klassizismus, später wurde im historistischen Stil gebaut. Speicher- und Produktionsgebäude schließen das Areal nach Norden, Osten und Westen ab. Darüber hinaus befinden sich auf dem Grundstück noch sechs weitere historische Gebäude. Im südöstlich Bereich steht ein Wirtschaftsbau dessen Saal- und Innenraumgestaltung aus dem Jahr 1960 stammt und in der Form der zweiten Moderne erfolgte. Bemerkenswert ist auch ein im Stil des Klassizismus ausgeführter Wasserturm.

Direkt hinter dem Werkseingang befindet sich das 1906 für Gustav Adolf Dippe durch den Bildhauer Richard Anders geschaffene Denkmal. Es ist im Stil des Historismus gestaltet und zeigt neben zwei Bronzereliefs eine Porträtbüste Dippes.

Literatur

  • Falko Grubitzsch in: Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Sachsen-Anhalt. Band 1: Ute Bednarz, Folkhard Cremer u. a.: Regierungsbezirk Magdeburg. Neubearbeitung. Deutscher Kunstverlag, München u. a. 2002, ISBN 3-422-03069-7, Seite 763.
  • Falko Grubitzsch, Denkmalverzeichnis Sachsen-Anhalt, Band 7.1, Stadt Quedlinburg, Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, fliegenkopf verlag Halle 1998, ISBN 3-910147-67-4, S. 193.
  • Hans Kappert: Dippe, Gustav Adolf. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 3, Duncker & Humblot, Berlin 1957, ISBN 3-428-00184-2, S. 736 f. (Digitalisat).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Hans Kappert: Dippe, Gustav Adolf. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 3, Duncker & Humblot, Berlin 1957, ISBN 3-428-00184-2, S. 736 f. (Digitalisat).
  2. Personal-Notizen, Gustav Dippe, in: Hamburger Garten- und Blumenzeitung, Jg. 46, 1890, S. 528, (kurzer Text, enthält Angaben zu Testament).
  3. Manfred Mittelstaedt, Quedlinburg, Sutton Verlag Erfurt 2003, ISBN 978-3-89702-560-8, Seite 27
  4. Rolf Bielau: Kriegsgefangene. Saatgutfirmen beschäftigt Polen und Ukrainerinnen. Hrsg.: Mitteldeutsche Zeitung. Quedlinburg 22. Juli 2019 (mz-web.de [abgerufen am 22. Juli 2019]).
  5. Manfred Mittelstaedt, Quedlinburg, Sutton Verlag Erfurt 2003, ISBN 978-3-89702-560-8, Seite 92
  6. Manfred Mittelstaedt, Quedlinburg, Sutton Verlag Erfurt 2003, ISBN 978-3-89702-560-8, Seite 92

Koordinaten: 51° 47′ 4,3″ N, 11° 8′ 34,5″ O