Gehörlosenpädagogik

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Die Gehörlosenpädagogik (auch Hörgeschädigtenpädagogik oder Schwerhörigenpädagogik) ist eine Fachrichtung der Sonderpädagogik, die wiederum eine Fachrichtung der Allgemeinen Pädagogik ist. Gleichzeitig ist sie ein Teilgebiet der Audiologie. Sie beschäftigt sich mit der Erziehung und Bildung von Kindern und Jugendlichen, die einen sonderpädagogischen Förderbedarf auf Grund von Gehörlosigkeit oder Schwerhörigkeit aufweisen. Dabei umfasst sie alle Bereiche pädagogischen Handelns im Umgang mit hörgeschädigten Kindern und Jugendlichen von der Früherziehung bis zu den Hilfen der beruflichen Eingliederung. Zunehmend gewinnt auch die Erwachsenenbildung an Bedeutung.

Die Gehörlosenpädagogik besteht an deutschen Universitäten als eigenständiges Forschungs- und Lehrfach. In der deutschen Hochschulpolitik gehört die Gehörlosenpädagogik zur Gruppe der kleinen Fächer.[1] Das Fach ist an der Humboldt-Universität zu Berlin, der Ludwig-Maximilians-Universität München, der Pädagogischen Hochschule Heidelberg, der Universität Hamburg und der Universität zu Köln vertreten. Seit 1997 hat sich die Anzahl der Fachstandorte und der eigenen Lehrstühle von zunächst zwei Lehrstühlen in München und Köln auf aktuell (Stand Juni 2019) fünf Lehrstühle und Standorte sukzessive erhöht. An den genannten Hochschulen wird das Fach auch im Rahmen von Bachelor- und Master-Studiengängen, oder als Teil des Lehramtsstudiums gelehrt.

Es existieren verschiedene Sichtweisen, inwiefern die Gehörlosenpädagogik umgesetzt werden sollte. Während die technische (moderne Hörgeräte, Cochleaimplantat) und medizinische (soft surgery) Entwicklung sowie die auditiv-verbale Erziehung die Gebärdensprache im Schulunterricht in den Hintergrund drängt, da effektives Sprech-, Hör- und allgemeines Kommunikationstraining zur Gewährleistung der sozialen Integration und der beruflichen Eingliederung in den Vordergrund gestellt werden, propagieren Gehörlosenselbsthilfeverbände wie der Schweizerische Gehörlosenbund die „bilinguale Erziehung“, bei der sowohl Gebärdensprache als auch Lautsprache eingesetzt wird. Es sei der optimale Weg zu einem selbstbestimmten Leben.[2]

Literatur

  • Peter A. Jann: Die Erziehung und Bildung des gehörlosen Kindes. Zur Grundlegung der Gehörlosenpädagogik als Wissenschaft. ISBN 3-89149-170-0.
  • Annette Leonhardt: Einführung in die Hörgeschädigtenpädagogik. Mit 76 Übungsaufgaben und zahlreichen Abbildungen und Tabellen. 2., neu bearbeitete und erweiterte Auflage. 2002 ISBN 3-8252-2104-0.
  • Klaus Schulte: Standortbestimmungen. Für Forschung, Lehre und Praxis der Gehörlosenpädagogik und der Schwerhörigenpädagogik. ISBN 3-7883-0282-8.
  • Oliver Sacks: Stumme Stimmen.
  • Anouk Gallati Kauer, Kristina Scheffrahn: Zajra – anders als wir?
  • Harlan Lane: When the Mind hears. (Die deutsche Übersetzung Mit der Seele hören ist nicht mehr erhältlich).
  • Maria Wallisfurth: Lautlose Welt – Das Leben meiner gehörlosen Eltern. Droemer Knaur Taschenbuchverlag, München 2005, ISBN 3-426-77781-9.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Arbeitsstelle Kleine Fächer: Gehörlosen- und Schwerhörigenpädagogik auf dem Portal Kleine Fächer. Abgerufen am 18. Juni 2019.
  2. SGB-FSS: Charta der Gehörlosenselbsthilfe