Gewöhnliche Felsenbirne

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Gewöhnliche Felsenbirne

Gewöhnliche Felsenbirne (Amelanchier ovalis) in Niederösterreich

Systematik
Familie: Rosengewächse (Rosaceae)
Unterfamilie: Spiraeoideae
Tribus: Pyreae
Untertribus: Kernobstgewächse (Pyrinae)
Gattung: Felsenbirnen (Amelanchier)
Art: Gewöhnliche Felsenbirne
Wissenschaftlicher Name
Amelanchier ovalis
Medik.
Illustration; man beachte die sehr kurzen, freien Griffel
Früchte
Blüten
Junge Früchte

Die Gewöhnliche Felsenbirne (Amelanchier ovalis), auch Gemeine Felsenbirne, Felsenmispel oder Edelweißstrauch (Österreich) genannt, ist eine Pflanzenart aus der Familie der Rosengewächse (Rosaceae).

Beschreibung

Der dornenlose, sommergrüne, reich verzweigte und dichtkronige Strauch erreicht Wuchshöhen zwischen 1 und 4 Metern. Die schlanken, rotbraun berindeten und anfangs spärlich filzig behaarten Zweige entwickeln einen meist aufrechten Wuchs. Die Rinde der Stämmchen zeigt im jungen Stadium eine dunkelbraune, später eine schwärzliche Färbung.

Die wechselständigen Laubblätter sind eiförmig bis verkehrt-eiförmig oder elliptisch, rundlich, manchmal leicht herzförmig und stehen an bis etwa 15 mm langen Blattstielen. Der Blattrand ist gesägt, die Blattspitze ist abgerundet bis stumpf oder spitz, manchmal eingebuchtet oder stachelspitzig. Die jungen Blätter, welche an ihrer Blattunterseite noch weiß-filzig behaart sind, erreichen eine Größe von 2–4,5 × 2–3,5 cm. Charakteristisch für die Felsenbirne ist die orange bis dunkelrote Herbstfärbung ihrer Blätter.

Der endständige, aufrechte, kurze und behaarte traubige Blütenstand besteht aus drei bis zehn Blüten, die zwischen April und Mai – vor dem Laubaustrieb – ausgebildet werden. Die duftenden Blüten entspringen weißfilzigen Knospen, deren Schuppen feine Wimpern tragen. Die Endknospe ist gewöhnlich spindelförmig. Die gestielten, zwittrigen, radiärsymmetrischen und fünfzähligen Blüten besitzen einen fünfblättrigen, grünen, mehr oder weniger behaarten Kelch. Es ist ein kleiner, schwach behaarter Blütenbecher vorhanden. Die bis zu 15 mm langen, schneeweißen, ausladenden und an ihrer Unterseite behaarten Kronblätter sind schmal verkehrt-eiförmig. An den Spitzen entwickeln sie gewöhnlich eine rosafarbene Tönung. Die Kronblätter umgeben etwa 20 Staubblätter, welche wiederum die fünf kurzen, freien Griffel der Blüte umsäumen. Der oberseits behaarte Fruchtknoten ist unterständig und setzt sich aus fünf Fruchtblättern zusammen. Diese bilden falsche Scheidewände aus, so dass zehn Fruchtfächer entstehen. Es ist ein Diskus vorhanden.

Die kleinen und kugeligen, „bereiften“ Apfelfrüchte reifen im Juli bis August. Sie tragen an der Spitze die beständigen Kelchblätter. Der Durchmesser der Früchte beträgt circa 1 cm. Im reifen Zustand sind die Früchte dunkelrot bis schwarzblau gefärbt. Sie enthalten gewöhnlich zehnm dunkelbraune, halbmondförmige, glänzende Samen.

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 34 oder 68.[1]

Ökologie

Die Gewöhnliche Felsenbirne wird von Insekten bestäubt (Entomophilie). Die Verbreitung der kleinen, harten Samen erfolgt über Tiere, die diese nach Genuss der Frucht wieder ausscheiden. Vegetative Vermehrung erfolgt gelegentlich über Wurzelsprosse.

Die Gewöhnliche Felsenbirne dient mehreren Schmetterlingsarten als Nektarpflanze, darunter dem Grünen Zipfelfalter (Callophrys rubi), einem Tagfalter, der auf der Vorwarnliste gefährdeter Arten geführt wird. Auch für die Raupen des gefährdeten Obsthain-Blütenspanners (Eupithecia insigniata) und des selten vorkommenden Trauerwidderchens (Aglaope infausta) stellt die Gewöhnliche Felsenbirne eine wertvolle Futterpflanze dar.

Vorkommen

Das natürliche Verbreitungsgebiet umfasst die Gebirge Mittel-, Süd- und Osteuropas. Im Norden findet man sie bis Belgien und Mitteldeutschland, im Osten bis Polen und Rumänien. Des Weiteren besiedelt die Art auch die Gebirge Vorderasiens und Nordafrikas. In den südlichen Alpen steigt diese Art bis auf 2000 m. In den Allgäuer Alpen steigt sie im Tiroler Teil am Lachenkopf nahe der Jöchelspitze bis zu einer Höhenlage von 1945 Metern auf.[2]

Als Standort werden sonnige, trockene Steilhänge, Säume von Halbtrockenrasen sowie lichte Eichen- und Kiefernwälder bevorzugt. Die Gewöhnliche Felsenbirne gedeiht gerne in Südlagen und auf Fels auf kalkreichen Unterlagen; sie ist auch Spaltenwurzler und Rohbodenpionier und gilt als Charakterart der Felsenbirnen-Gebüsche (Cotoneastro-Amelanchieretum) innerhalb der Ordnung der Schlehen­gebüsche (Prunetalia). Sie kommt aber auch in Gesellschaften der Ordnung Quercetalia pubescentis oder der Verbände Erico-Pinion und Quercion roboris vor.[1]

Nutzung

Seit dem 16. Jahrhundert wird die Gemeine Felsenbirne auch als Zierpflanze in Grünanlagen und Gärten kultiviert. Häufiger finden jedoch amerikanische Arten wie die Kupfer-Felsenbirne (Amelanchier lamarckii) Verwendung in mitteleuropäischen Gärten.[3] Erst in jüngster Zeit erfreut sich auch die Gemeine Felsenbirne als Bestandteil von Hecken naturnaher Gärten zunehmender Beliebtheit.

Die mehlig-süß schmeckenden Früchte können zu Marmelade verarbeitet werden.

Blätter und Samen der Felsenbirne enthalten geringe Mengen cyanogener Glykoside (d. h. Blausäure abspaltender Glykoside). Nach dem Verzehr von unreifen Früchten oder großer Mengen zerkauter Samen können Magen-Darm-Beschwerden auftreten. Unzerkaute Samen werden unverdaut wieder ausgeschieden. Nach dem unbeabsichtigten Zerbeißen einiger Samen sind jedoch keine Vergiftungssymptome zu erwarten – ähnlich wie bei Apfelkernen, die auch cyanogene Glykoside enthalten.[4]

Das Holz ist hart und recht schwer, allerdings ist es nur in kleinen Mengen verfügbar.

Taxonomie und Systematik

Amelanchier ovalis Medik. hat die Synonyme: Amelanchier rotundifolia Dum. Cours., Amelanchier vulgaris Moench, Crataegus rotundifolia Lam., Mespilus amelanchier L.

Man kann folgende Unterarten unterscheiden:

  • Amelanchier ovalis Medik. subsp. ovalis
  • Amelanchier ovalis Medik. subsp. embergeri Favarger & Stearn: Sie hat die Chromosomenzahl von 2n = etwa 66.[5]

Zuchtformen

  • Amelanchier ovalis 'Helvetica'
  • Amelanchier ovalis var. pumila

Trivialnamen

Weitere zum Teil auch nur regional gebräuchliche Bezeichnungen für die Gewöhnliche Felsenbirne sind oder waren: Butzenbirlesstrauch, Cipler (Unterengadin), Felsenbiren (Schwaben), Fliegenbeerstrauch, Flühbirenbaum (Bern, Graubünden), Gamsbeere (Pinzgau, Pongau, Werfen), Hirschbirle, Quandelbeerbaum (Tirol), Quantelbeerbaum und Quendelbeeren.[6]

Literatur

  • Der BibISBN-Eintrag [[Vorlage:BibISBN/Skriptfehler: Das Modul gab einen nil-Wert zurück. Es wird angenommen, dass eine Tabelle zum Export zurückgegeben wird.]] ist nicht vorhanden. Bitte prüfe die ISBN und lege ggf. einen [{{fullurl:Vorlage:bibISBN/Skriptfehler: Das Modul gab einen nil-Wert zurück. Es wird angenommen, dass eine Tabelle zum Export zurückgegeben wird.|action=edit&section=new&preload=Vorlage%3ABibISBN%2FVorlage&nosummary=1}} <span title="Vorlage:bibISBN/Skriptfehler: Das Modul gab einen nil-Wert zurück. Es wird angenommen, dass eine Tabelle zum Export zurückgegeben wird. (Seite nicht vorhanden)">neuen Eintrag] an.
  • Bruno P. Kremer: Strauchgehölze. Erkennen & bestimmen. Mosaik, München 2002, ISBN 3-576-11478-5 (Steinbachs Naturführer).
  • Marilena Idžojtic: Dendrology. Academic Press, 2019, ISBN 978-0-444-64175-5, S. 69.
  • James Cullen, Sabina G. Knees, H. Suzanne Cubey: The European Garden Flora. Volume III, Second Edition, Cambridge Univ. Press, 2011, ISBN 978-0-521-76155-0, S. 280 f.

Weblinks

Commons: Gewöhnliche Felsenbirne (Amelanchier ovalis) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3131-5. S. 510.
  2. Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 2, IHW, Eching 2004, ISBN 3-930167-61-1, S. 106.
  3. In Gartenratgebern ist etwa zu lesen, die Gemeine Felsenbirne sei „als Gartengehölz ... ohne Bedeutung ... nur wenig dekorativ“:
  4. Dietrich Frohne, Hans Jürgen Pfänder: Giftpflanzen. ein Handbuch für Apotheker, Ärzte, Toxikologen und Biologen. 5. Aufl., Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004, ISBN 3-8047-2060-9.
  5. Amelanchier ovalis subsp. embergeri bei Tropicos.org. In: IPCN Chromosome Reports. Missouri Botanical Garden, St. Louis.
  6. Carl Jessen: Die deutschen Volksnamen der Pflanzen, Verlag von Philipp Cohen Hannover 1882, Seite 24