Georges Didi-Huberman

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Georges Didi-Huberman (* 13. Juni 1953 in Saint-Étienne, Frankreich) ist ein französischer Kunsthistoriker, Philosoph und Hochschullehrer.

Leben

Nach seinem Studium der Kunstgeschichte und Philosophie u. a. bei Louis Marin lehrt Georges Didi-Huberman seit 1990 als Maître de Conférences im Centre d'Histoire et Théorie des Arts an der Pariser École des Hautes Études en Sciences Sociales (EHESS). Er hatte zahlreiche Gastprofessuren inne, nämlich an der Johns Hopkins University, der Northwestern University, der University of California, Berkeley, der University of Tokyo, der Freien Universität Berlin und am Courtauld Institute in London. Darüber hinaus absolvierte er Forschungsaufenthalte an der Académie de France (Villa Medici) in Rom, in Florenz am Harvard University Center for Italian Renaissance Studies (Villa I Tatti) oder am Nationalen Forschungsschwerpunkt Bildkritik (Eikones) der Universität Basel.

1997 kuratierte Didi-Huberman am Centre Georges Pompidou in Paris die Ausstellung „L’Empreinte“ sowie 2001 die Ausstellung „Fables du lieu“ am Studio national des Arts contemporains in Tourcoing. Im Jahr 2010 verantwortete er im Museo Nacional Centro de Arte/Reina Sofia in Madrid die vielbeachtete Ausstellung „Atlas. How to Carry the World on One's Back“[1] sowie 2016/17 im Musée Jeu de Paume/Paris die Ausstellung „Soulèvements“[2].

Georges Didi-Huberman ist Ehrenmitglied des Leibniz-Zentrums für Literatur- und Kulturforschung in Berlin und seit 2017 korrespondierendes Mitglied der British Academy.[3]

Position

In seiner wissenschaftlichen Arbeit bezieht Didi-Huberman eine Position gegen eine bloße Ekphrasis mittels einer Ikonographie und einer Ikonologie des Kunstwerkes. So nimmt er neben seiner kulturwissenschaftlichen Fragestellung eine hermeneutische und phänomenologische Perspektive ein: Didi-Huberman beschäftigt sich in diesem Zusammenhang mit den Werken von Aby Warburg, Walter Benjamin und Georges Bataille. In seinen Publikationen betont Didi-Huberman die Reflexionen zur Rezeptionsästhetik und zur Produktionsästhetik. Beispiele hierfür sind der 1999 erschienene Band zur Metapsychologie des Bildes, das 2002 erschienene Buch zur leibhaftigen Malerei und der Fall des Faltenwurfs (Ninfa Moderna, 2007). Darüber hinaus erweitert Didi-Huberman mit seinen Fragestellungen die Methodologie der Kunstgeschichte und Kunstwissenschaft. Beides öffnet er zu einer Theorie und Philosophie des Bildes, ohne dabei auch psychologische Fragen zur Kunst und des Blicks außer Acht zu lassen.

Datei:Auschwitz Resistance 281 cropped.jpg
No. 281 beschnitten und retouchiert
Alberto Erreras No. 281 im Originalformat

2003 setzte er sich in der Buchpublikationen Images malgré tout mit den Vier Fotografien aus dem KZ Auschwitz-Birkenau des griechischen Marineoffiziers Alberto Errera auseinander.[4] Darin argumentiert er, das Beschneiden dieser Bilder mache sie scheinbar sicher, lösche den Akt des Widerstands aus und zerstöre die Phänomenologie dieser Bilder.[5][6]

Siehe auch

Auszeichnungen

Veröffentlichungen

Deutsche Ausgaben:

  • Wo es war, vier Briefe an Gerhard Richter. Walter König, Köln 2018. ISBN 978-3-96098-273-9
  • Sehen versuchen. 2018, ISBN 978-3-83539090-4
  • Das Auge der Geschichte IV. Übersetzt von Markus Sedlaczek. Fink, Paderborn 2015. ISBN 978-3-7705-6010-3
  • Remontagen der erlittenen Zeit. Das Auge der Geschichte 2. Fink, Paderborn 2014.
  • Borken. Übers. Horst Brühmann. Konstanz University Press, Paderborn 2012. ISBN 978-3-8353-9026-3
  • Überleben der Glühwürmchen. Eine Politik des Nachlebens. Fink, München 2012.
  • Wenn die Bilder Position beziehen. Das Auge der Geschichte 1. Fink, München 2010.
  • Das Nachleben der Bilder. Kunstgeschichte und Phantomzeit nach Aby Warburg. Übers. Michael Bischoff. Suhrkamp, Berlin 2010. ISBN 978-3-518-58553-5
  • Formlose Ähnlichkeit. Oder die Fröhliche Wissenschaft des Visuellen nach Georges Bataille. A. d. Franz. von Markus Sedlaczek. Fink, München 2010. ISBN 978-3-7705-4655-8

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  • Der Mensch, der in der Farbe ging. Diaphanes, Zürich 2009. ISBN 978-3-03734-064-6
  • Schädel sein. Diaphanes, Zürich 2008. ISBN 978-3-03734-025-7
  • Das Archiv brennt. Kadmos, Berlin 2007.
  • Bilder trotz allem. Aus dem Franz. von Peter Geimer. Fink, München 2007. (Bild und Text.) ISBN 978-3-7705-4020-4
  • Ninfa moderna. Über den Fall des Faltenwurfs. Diaphanes, Zürich 2006. ISBN 978-3-935300-76-6
  • Venus öffnen. Nacktheit, Traum, Grausamkeit. Diaphanes, Zürich 2006. ISBN 978-3-935300-63-6
  • Die leibhaftige Malerei. Fink, München 2002.
  • Phasmes. Dumont, München 2001.
  • Vor einem Bild. Hanser, München 2000.
  • Was wir sehen, blickt uns an. Zur Metapsychologie des Bildes. Fink, München 1999. ISBN 978-3-7705-3272-8
  • Ähnlichkeit und Berührung. Dumont, München 1999.
  • Die Erfindung der Hysterie. Die photographische Klinik von Jean-Martin Charcot. Aus dem Franz. übers. u. mit einem Nachwort von Silvia Henke, Martin Stingelin, Hubert Thüring. Fink, München 1997. ISBN 978-3-7705-3148-6
  • Fra Angelico. Unähnlichkeit und Figuration. Fink, München 1995.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Publicación - Atlas. How to Carry the World on One's Back? - Catálogo. Abgerufen am 30. August 2020.
  2. Soulèvements. Abgerufen am 30. August 2020 (französisch).
  3. Elections to the British Academy celebrate the diversity of UK research. British Academy, 21. Juli 2017, abgerufen am 21. Juli 2017 (englisch).
  4. Georges Didi-Huberman, Images malgré tout, Les Éditions de Minuit, 2003, sowie auch in englischer Sprache: Images in Spite of All: Four Photographs from Auschwitz, University of Chicago Press, 2008.
  5. Hier nach der englischen Ausgabe von Didi-Huberman: Images in Spite of All, 2008, p. 36.
  6. Véronique Sina: Das Undarstellbare darstellen. Die vier Fotos des Sonderkommandos im transmedialen Gebrauch, in: Nina Heindl, Véronique Sina (Hrsg.): Notwendige Unzulänglichkeit : künstlerische und mediale Repräsentationen des Holocaust. Münster : LIT, 2017, ISBN 978-3-643-13539-1, S. 105–126
  7. Georges Didi-Huberman wird mit dem Aby Warburg-Preis der Stadt Hamburg ausgezeichnet. Abgerufen am 30. August 2020.