Gerichte in Reuß jüngerer Linie

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Die Gerichtsorganisation im historischen Fürstentum Reuß jüngerer Linie spiegelt die Kleinteiligkeit des Landes wider. Das Land bestand aus vier Fürstentümern im Osten des heutigen Landes Thüringen, die im Laufe der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem gemeinsamen Kleinstaat zusammenwuchsen.

1802 starb mit Heinrich XXX. der letzte Graf aus dem Haus Reuß-Gera jüngerer Linie. Die jüngeren Linien Reuß-Schleiz, Reuß-Lobenstein und Reuß-Ebersdorf übernahmen zusammen die Regentschaft über die Herrschaft Gera. Schon 1824 erlosch aber durch den Tod von Heinrich LIV. die Linie Reuß-Lobenstein, deren Gebiet damit an die Linie Reuß-Ebersdorf fiel. Diese Linie verzichtete 1848 mit dem Rücktritt des Fürsten Heinrich LXXII. zugunsten der Linie Reuß-Schleiz, womit das einheitliche Fürstentum Reuß jüngerer Linie entstand.

Vor 1836

Eingangsgerichte waren die Justizämter, die Stadträte, die Patrimonialgerichte und einige Gerichte für einzelne Gruppen (Geistliche, Militärs u. ä.). Darüber stand das Oberste Landesjustizkollegium der gemeinschaftlichen Regierung Reuß jüngere Linie in Gera. Die letzte Instanz bildete das Oberappellationsgericht Jena.

Justizämter:

Stadträte:

  • Gera
  • Hirschberg
  • Lobenstein
  • Saalburg
  • Schleiz
  • Tanna

Sonstige:

  • Fürstliche Konsistorium zu Gera
  • Fürstliches Bergamt Lobenstein
  • Fürstliches Bergamt Schleiz
  • Hofmarschallamt zu Gera
  • Militärgericht Gera
  • Militärgericht Schleiz
  • Forstämter in Lobenstein, Gera und Schleiz
  • Geistliche Inspektionsämter zu Saalburg, Schleiz und Lobenstein

Es bestanden folgende 65 Patrimonialgerichte:

Ort Gericht
Bethenhausen Rittergut Bethenhausen
Blankenstein Rittergut Blankenstein
Blintendorf Rittergut Blintendorf (Gefell)
Caaschwitz Rittergut Caaschwitz
Caasen Rittergut Caasen
Cretzschwitz Rittergut Cretzschwitz
Culm Rittergut Culm (Brahmenau)
Dorna Rittergut Dorna
Dürrenberg Rittergut Dürrenberg (Hartmannsdorf)
Dürrenebersdorf Rittergut Dürrenebersdorf
Ebersdorf Commissions-Gericht der evangelischen Brüdergemeinde (Ebersdorf)
Frankendorf Rittergut Frankendorf (Tanna)
Frankenthal Rittergut Frankenthal
Frößen Rittergut Frössen mit Hohenpreiß
Gera Gericht zum großen freien Limmerisch. Garten Gera
Gera Gericht zum Siedelhof Gera
Gleina Rittergut Gleina
Göritz Rittergut Göritz (Thüringen)
Göttendorf Deutsche Haus-Gericht Göttendorf
Harra Rittergut Harra
Hartmannsdorf Rittergut Hartmannsdorf (bei Gera)
Haueisen Rittergut Haueisen
Hermsdorf Rittergut Hermsdorf (Gera)
Hohenleuben Pfarrgericht Hohenleuben
Hohenpreiß Rittergut Frössen mit Hohenpreiß
Kaymberg Rittergut Kaimberg
Kießling Rittergut Kießling
Kirschkau Rittergut Kirschkau
Klein-Falke Rittergut Kleinfalke
Köstritz Rittergut Köstritz
Langenwolschendorf Rittergut Langenwolschendorf
Leumnitz Rittergut Leumnitz
Lichtenberg Rittergut Lichtenberg (Kauern)
Lobenstein Gericht des Pfarramtes Lobenstein
Meissendorf [[fürstlich Reuß-Greizisches Gericht Meissendorf]]
Mühlsdorf Rittergut Mühlsdorf
Nauendorf Rittergut Nauendorf
Oberböhmsdorf Patrimonialgericht Oberböhmsdorf
Oschitz Rittergut Oschitz (Schleiz)
Otticha Patrimonialgericht Otticha
Pforten Rittergut Pforten
Pirk Rittergut Pirk
Pörsdorf Rittergut Pörsdorf
Roschütz Rittergut Roschütz
Rubitz Rittergut Rubitz
Ruppersdorf Patrimonialgericht Ruppersdorf (Remptendorf)
Saalburg Gericht des Kirchkastens Saalburg
Saalburg Gericht des Deutschen Hauses Saalburg
Sachsbühl Patrimonialgericht Sachsbühl
Scheubengrobsdorf Rittergut Scheubengrobsdorf
Schilbach Rittergut Schilbach (Tanna)
Seelingenstädt Patrimonialgericht Seelingenstädt
Söllmnitz Rittergut Söllmnitz
Steinbrücken Rittergut Steinbrücken
Tanna Gotteshaus-Gericht Tanna
Tanna Oberpfarrgericht Tanna
Töppeln Rittergut Töppeln
Triebes Rittergut Triebes
Weißendorf Rittergut Weißendorf
Weitisberga Patrimonialgericht Weitisberga
Wenzla Patrimonialgericht Wenzla
Wüstfalke Rittergut Wüstfalke
Zeulsdorf Rittergut Zeulsdorf
Zollgrün Rittergut Zollgrün
Zschippach Rittergut Zschippach
Zwötzen Rittergut Zwötzen

1836

1836 wurde die Gerichtsorganisation der ordentlichen Gerichtsbarkeit geändert. Die getrennte Jurisdiktion der Städte und Ämter wurde aufgehoben. Nun gab es sieben Justizämter als Eingangsinstanz. Kriminalgericht war das in Kriminalgericht Gera umbenannte Stadt- und Landgericht Gera. 1839 kam das Kriminalgericht Lobenstein, 1842 das Kriminalgericht Schleiz hinzu.

1848

In Reuß jüngerer Linie war bis zur Märzrevolution 1848 das Oberste Landesjustizkollegium der gemeinschaftlichen Regierung Reuß jüngere Linie in Gera das Mittelgericht der Fürstentümer Reuß jüngerer Linie gewesen. Auch wenn dieses in Rechtsprechungsangelegenheiten seit 1838 als Oberstes Landesjustizkollegium auftrat, so war eine wirkliche Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung nicht gegeben. 1848 wurde nun das Oberste Landesjustizkollegium organisatorisch und personell von der Landesregierung getrennt und damit ausschließlich für die Rechtsprechung zuständig. 1855 wurde es in Appellationsgericht Gera umbenannt.

Auf der Ebene der Eingangsgerichte erfolgte die Trennung der Verwaltung (die Kreise) und der Rechtsprechung (der Justizämter) 1852. Dem Appellationsgericht Gera waren nun sieben Justizämter und drei Kriminalgerichte nachgeordnet. Die letzte Instanz bildete weiter das gemeinsame Oberappellationsgericht Jena.

Nachgeordnete Gerichte waren:

1855 wurde auch Schritt für Schritt die Patrimonialgerichtsbarkeit aufgehoben.

1863

1863 wurde das Appellationsgericht Gera aufgehoben und das (gemeinsame) Appellationsgericht Eisenach trat an seine Stelle. Die Kriminalgerichte wurden aufgehoben. Nun bestanden acht Justizämter:

Für bedeutendere Fälle und für Beschwerden gegen Entscheidungen der Justizämter waren zwei Kreisgerichte in Gera und Schleiz eingerichtet.

1879

Im Rahmen der Einführung der Reichsjustizgesetze wurde das Appellationsgericht Eisenach 1879 aufgelöst und seine Aufgaben auf verschiedene Landgerichte verteilt. Für Reuß j.L. war dies das Landgericht Gera. Diesem waren nun fünf Amtsgerichten nachgeordnet. Dies waren

Das Landgericht Gera war dem Oberlandesgericht Jena nachgeordnet.

Das Amtsgericht Hohenleuben wurde zum 15. Juli 1919 aufgehoben. Die Amtsgerichte Schleiz und Lobenstein erhielten zum gleichen Termin Teile des Sprengels des aufgehobenen Amtsgerichts Burgk. Ansonsten gab es bis zur Neuorganisation des Gerichtswesens in Thüringen am 1. Oktober 1923 keine Änderungen.

Literatur

  • Rudolf Diezel: Übersicht über die Bestände des Landesarchivs Greiz, 1963, S. 51, 73 ff.
  • Johann Friedrich Kratzsch: Tabellarische Übersicht des Justiz-Organismus der sämtlichen Deutschen Bundesstaaten, 1836, S. 230, online
  • Volks- und Landeskunde des Fürstenthums Reuß j.L., 1870, S. 280 ff., online