Bezirk Biała
Der Bezirk Biała (deutsch auch Bezirk Biala) war ein politischer Bezirk im Kronland Galizien und Lodomerien, formell im Herzogtum Auschwitz-Zator. Sein Gebiet umfasste die am weitesten westlich gelegenen Teile Westgaliziens in der heutigen Woiwodschaft Schlesien und Kleinpolen, Sitz der Bezirkshauptmannschaft (polnisch Starostwo Powiatowe w Białej) war die Stadt Biała (deutsch: Biala), heute ein Teil von Bielsko-Biała.
Nach dem Ersten Weltkrieg musste Österreich den gesamten Bezirk an Polen abtreten. In der Zwischenkriegszeit existierte der Bezirk ohne Territorialänderungen als Powiat bialski. Er grenzte im Nordwesten an den deutsch-schlesischen Kreis Pleß, im Norden an den Bezirk Oświęcim, im Osten an den Bezirk Wadowice, im Süden an den Bezirk Żywiec sowie im Südwesten an Österreichisch-Schlesien.
Geschichte
Nachdem im Juni 1849 die allgemeinen Grundzüge der Gerichts- und Verwaltungsreform durch Kaiser Franz Joseph I. genehmigt worden waren, legten die Ministerien des Inneren, der Finanz und der Justiz 1854 die neue Verwaltungs- und Justizeinteilung fest. Auf oberster Ebene wurden die beiden Verwaltungsgebiete Krakau (Westgalizien) und Lemberg (Ostgalizien) geschaffen, darunter folgten die Kreise und die Amtsbezirke. Bei den Bezirksämtern handelte es sich vorerst um gemischte Behörden, denen Aufgaben der Politik, Verwaltung und Justiz zukamen, weshalb der Amtsbezirk Biała anfangs deckungsgleich mit dem Gerichtsbezirk Biała war.[1] Die Errichtung dieser gemischten Bezirksämter wurde schließlich per 29. September 1855 amtswirksam,[2] wobei der Bezirk Biała gemeinsam mit den Bezirken Andrychów, Biała, Jordanów, Kalwarya, Kenty, Maków, Milówka, Oświęcim, Seypusch, Skawina, Ślemień und Wadowice den Kreis Wadowice bildete.[1]
Nachdem die Kreisämter Ende Oktober 1865 abgeschafft wurden und deren Kompetenzen auf die Bezirksämter übergingen,[3] schaffte man nach dem Österreichisch-Ungarischen Ausgleich 1867 auch die Einteilung des Landes in zwei Verwaltungsgebiete ab. Zudem kam es im Zuge der Trennung der politischen von der judikativen Verwaltung[4] zur Schaffung von getrennten Verwaltungs- und Justizbehörden. Während die gerichtliche Einteilung weitgehend unberührt blieb,[5] fasste man Gemeinden mehrerer Gerichtsbezirke zu Verwaltungsbezirken zusammen.
Der neue politische Bezirk Biała wurde aus folgenden Bezirken gebildet:[6]
Der Bezirk Biała überdauerte ohne größere Änderungen bis Mai 1910, als der Bezirk Oświęcim (Auschwitz) unabhängig wurde (er umfasste auch den Gerichtsbezirk Zator aus dem Bezirk Wadowice)[7][8].
Der Bezirk Biała bestand bei der Volkszählung 1910 aus 70 Gemeinden sowie 19 Gutsgebieten[9] und umfasste eine Fläche von 464 km² (bis 1910: 635 km²).[10]
Hatte die Bevölkerung 1900 noch 101.492 Menschen umfasst,[11] so lebten hier 1910 86.174 Menschen.[12]
Auf dem Gebiet lebten dabei überwiegend Menschen mit polnischer Umgangssprache und römisch-katholischem Glauben, aber der Bezirk umfasste auch einen Teil der deutschen Bielitz-Bialaer Sprachinsel (die Stadt Biała/Biala, Hałcnów/Alzenau, Lipnik/Kunzendorf und Wilamowice/Wilmesau)[13]. Wegen des Zensus-Männerwahlrechts machten Deutsche mindestens 50 % der Bezirksratsmitglieder aus. Der Bezirksrat beriet auf Deutsch. Polnische Ratsmitglieder erlangten erst im Jahre 1909 die knappe Mehrheit.[14]
- Władysław Hallauer (1870–1871)
- Jan Hild (1879–1882)
- Maciej Biesiadecki (1904–1913)
- Kazimierz Rafał Chłapowski (1918–1919)
Jahr | Ein- wohner |
Polnisch- sprachige |
Deutsch- sprachige |
Anders- sprachige |
Römisch- katholisch |
Evangelisch | Juden | Anders- gläubige |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1869 | 81.664 | - | - | - | 74.654 (91,4 %) | 2.750 (3,4 %) | 4.252 (5,2 %) | 8 (0 %) |
1880 | 85.944 | 71.220 (83,7 %) | 13.563 (15,9 %) | 298 (0,4 %) | 78.212 (91,0 %) | 2.389 (2,6 %) | 5.310 (6,2 %) | 33 (0 %) |
1890 | 92.211 | 77.623 (85,0 %) | 13.509 (14,8 %) | 162 (0,2 %) | 83.687 (90,8 %) | 2.389 (2,6 %) | 6.089 (6,6 %) | 46 (0 %) |
1900 | 101.492 | 84.567 (84,2 %) | 15.811 (15,7 %) | 139 (0,1 %) | 92.091 (90,7 %) | 2.504 (2,5 %) | 6.783 (6,7 %) | 114 (0,1 %) |
1910 | 86.174 | 70.988 (83,0 %) | 14.263 (16,7 %) | 265 (0,3 %) | 80.908 (93,9 %) | 2.436 (2,8 %) | 2.706 (3,1 %) | 124 (0,2 %) |
Ortschaften
Auf dem Gebiet des Bezirks bestanden 1910 Bezirksgerichte in Biała und Kęty, diesen waren folgende Orte zugeordnet:
- Gerichtsbezirk Biała, Biala (27 Gemeinden)
- Bestwina
- Bestwinka mit den Ortschaften: Bestwinka, Kaniów Bestwiński
- Stadt Biała (Biala) mit dem Ortsteil Biała Przedmieście (Biala Vorstadt)
- Bór Łodygowski
- Bór Wilkowski
- Buczkowice
- Bystra
- Dankowice mit den Ortschaften: Dankowice, Kaniów Dankowski
- Godziska Nowa
- Godziska Stara
- Godziska Wilkowska
- Hałcnów
- Huciska
- Janowice
- Kalna
- Kaniów Stary
- Komorowice mit den Ortschaften: Bark, Komorowice
- Kozy (früher im Gerichtsbezirk Kęty)
- Lipnik mit den Ortschaften: Leszczyny, Lipnik
- Meszna
- Międzybrodzie Lipnickie
- Mikuszowice
- Rybarzowice
- Salmopol
- Straconka
- Szczyrk
- Wilkowice
- Gerichtsbezirk Kęty (19 Gemeinden)
Einzelnachweise
- ↑ a b Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Österreich 1854, XXXIX. Stück, Nr. 111 „Verordnung der Minister des Innern, der Justiz und der Finanzen, betreffend die politische und gerichtliche Organisirung der Königreiche Galizien und Lodomerien, mit dem Großherzogthume Krakau und den Herzogthümern Auschwitz und Zator“
- ↑ Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Österreich 1855, XXVII. Stück, Nr. 118: „Verordnung der Minister des Innern und der Justiz, über die Einführung der Bezirksämter in dem Königreiche Galizien und Lodomerien, dem Großherzogthume Krakau und dem Herzogthume Bukowina“
- ↑ Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Österreich 1865, XXVI. Stück, Nr. 90: „Verordnung des Staatsministeriums vom 23. September 1865, über die Aufhebung der Kreisbehörden in Galizien“
- ↑ Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Oesterreich. Jahrgang 1868, XVII. Stück, Nr. 44. „Gesetz vom 19. Mai 1868 über die Einrichtung der politischen Verwaltungsbehörden in den Königreichen ...“
- ↑ Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Oesterreich. Jahrgang 1867, XVII. Stück, Nr. 6: „Verordnung des Justizministeriums vom 15. Februar 1867, über die Aufstellung von reinen Bezirksgerichten im Sprengel des Oberlandesgerichtes Krakau“
- ↑ Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Oesterreich. Jahrgang 1891, XII. Stück, Nr. 39: „Verordnung des Staatsministeriums vom 23. Jänner 1867“
- ↑ G. Wnętrzak, 2014, S. 23
- ↑ Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Oesterreich. Jahrgang 1910, XLI. Stück, Nr. 110: „Kundmachung des Ministeriums des Innern vom 31. Mai 1910“
- ↑ Die Ergebnisse der Volkszählung vom 31. Dezember 1910 in den im Reichsrate vertretenen Königreichen und Ländern - Die summarischen Ergebnisse der Volkszählung. Mit 6 Kartogrammen - Tabelle I.
- ↑ G. Wnętrzak, 2014, S. 33
- ↑ G. Wnętrzak, 2014, S. 33
- ↑ Die Ergebnisse der Volkszählung vom 31. Dezember 1910 in den im Reichsrate vertretenen Königreichen und Ländern - Die summarischen Ergebnisse der Volkszählung. Mit 6 Kartogrammen - Tabelle II.
- ↑ hałcnowski i bielsko-bialska wyspa językowa. Dziedzictwo językowe Rzeczypospolitej, 2014, abgerufen am 12. Oktober 2014 (polnisch).
- ↑ G. Wnętrzak, 2014, S. 184
- ↑ G. Wnętrzak, 2014, S. 33, 42, 56–59
Literatur
- Christian Andreas Steiner: Die territoriale Entwicklung der Verwaltung und der Gerichtsbarkeit in den Königreichen Galizien und Lodomerien von 1848 – 1918. Diplomarbeit Graz, 2012
- k. k. Statistische Zentralkommission (Hrsg.): Special-Orts-Repertorium der im österreichischen Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder. Neubearbeitung auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung vom 31. December 1890. Wien 1893
- k. k. Statistische Zentralkommission (Hrsg.): Gemeindelexikon der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder. Bearbeitet auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung vom 31. Dezember 1900. XII. Galizien, Wien 1907
- Grzegorz Wnętrzak: Stosunki polityczne i narodowościowe na pograniczu Śląska Cieszyńskiego i Galicji zachodniej w latach 1897-1920 [Politische und nationale Beziehungen im Grenzgebiet von Teschner Schlesien und Westgalizien in den Jahren 1897–1920]. Wydawnictwo Adam Marszałek, Toruń 2014, ISBN 978-83-7780-882-5 (polnisch).