Gewissensehe

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Eine Gewissensehe ist eine geschlechtliche Verbindung, welche ohne bürgerliche Beurkundung und ohne kirchliche Einsegnung, aber von beiden Teilen in der Absicht eingegangen wird, sich gegenseitig als wirkliche Eheleute zu betrachten und sich allen daraus hervorgehenden Verpflichtungen zu unterwerfen. Eine solche Gewissensehe erscheint rechtlich nur als Konkubinat und eben deshalb als keine Ehe im Sinne des Gesetzes. Früher kam es in manchen Ländern vor, dass der protestantische Landesherr von der kirchlichen Trauung Dispens erteilte; doch war die Rechtsgültigkeit einer solchen Gewissensehe nicht unbestritten.

Gewissensehe im Katholizismus

Auch im Eherecht der katholischen Kirche gab es bis 1983 die mit bischöflicher Genehmigung erteilte Gewissensehe, die nur vor Gott, nicht aber vor der Öffentlichkeit und dem Staat geschlossen wurde (cann. 1104–1107 CIC/17).

Einer der bekanntesten Fälle einer solchen Geheimehe aus der Geschichte ist die heimliche Eheschließung zwischen Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragón, den späteren Katholischen Königen Spaniens, am 19. Oktober 1469.[1] Eine Gewissensehe gingen auch Kaiser Franz Joseph und Katharina Schratt ein,[2] wie durch mehrere eidesstattliche Erklärungen belegt ist. Die diesbezüglichen Urkunden im erzbischöflichen Archiv in Wien wurden knapp vor dem Anschluss Österreichs vernichtet.

Im aktuellen kanonischen Recht nach dem 1983 promulgierten kirchlichen Gesetzbuch (Codex Iuris Canonici) wird der Ausdruck „Gewissensehe“ nicht mehr verwendet,[3] allerdings besteht weiterhin die Möglichkeit, eine geheime, nichtöffentliche Eheschließung vor dem Ortsbischof vorzunehmen, die nicht in die öffentlichen Kirchenbücher eingetragen wird (can. 1133 CIC). Sie wird ausschließlich im Geheimarchiv des Bischofs vermerkt und alle sonstigen Aufzeichnungen im Zusammenhang mit der Heirat sind zu vernichten.[4]

Einzelnachweise

  1. Winfried Dolderer: Hochzeit von Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragón. In: Deutschlandradio, 19. Oktober 2019, abgerufen am 17. November 2019.
  2. Georg Markus: Katharina Schratt. Die heimliche Frau des Kaisers. Amalthea, Wien 1982 (später mit dem Untertitel Die zweite Frau des Kaisers. 4. Auflage. Amalthea, Wien 1998, ISBN 3-85002-417-2), S. ??.
  3. Karl-Theodor Geringer: Rezension zu Schwendenwein, Hugo, Das neue Kirchenrecht. Gesamtdarstellung, Graz: Verlag Styria 1983. 638 S. In: Archiv für katholisches Kirchenrecht, Jg. 152 (1983), S. 285–298 (hier: S. 287).
  4. John P. Beal, James A. Coriden, Thomas J. Green: New Commentary on the Code of Canon Law. Studienausgabe, Paulist Press, New York 2000, ISBN 0-8091-4066-7, S. 1355.