Giovanni Schiaparelli

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Giovanni Schiaparelli

Giovanni Virginio Schiaparelli (* 14. März 1835 in Savigliano bei Cuneo; † 4. Juli 1910 in Mailand) war ein italienischer Astronom. Von 1864 bis 1900 war er Direktor der Brera-Sternwarte von Mailand.

Schiaparelli (sprich Skiaparelli) gilt als der scharfäugigste Astronom seines Jahrhunderts und wurde besonders durch seine Beobachtungen der Planeten Merkur, Venus und Mars bekannt. Auf letzterem entdeckte er 1877 scheinbare zarte Rinnen, die von den Medien bald Marskanäle genannt wurden und 80 Jahre lang ein Forschungsthema waren. Schiaparelli erforschte auch eudoxische Bahnkurven (Hippopeden) und zahlreiche Kometenbahnen und konnte deren Zusammenhang mit alljährlichen Meteorschauern nachweisen. Später befasste er sich u. a. mit Geschichte der Astronomie und insbesondere mit himmelskundlichen Aspekten im Alten Testament.

Leben und Werk

Schiaparelli graduierte 1854 an der Universität von Turin in den Ingenieurwissenschaften der Architektur und Hydraulik. Für einige Zeit betrieb er private Studien in Astronomie, Mathematik und Sprachen. Im Jahr 1856 bekam er eine Stellung als Mathematiklehrer an einer Turiner Volksschule. Um Astronom zu werden, studierte er ab 1857 für zwei Jahre an der Berliner Sternwarte unter dem damaligen Direktor Johann Franz Encke. Ein weiteres Jahr arbeitete er am Pulkowo-Observatorium unter der Leitung von Wilhelm Struve. 1860 kehrte Schiaparelli nach Italien zurück, um in Mailand am Osservatorio Astronomico di Brera unter Francesco Carlini eine Stellung als „secondo astronomo“ anzutreten.

Weltbekannt wurde er durch seine Marsbeobachtungen und die vermeintliche Entdeckung der sogenannten Marskanäle (Canali) im Jahr 1877, als der Mars der Erde besonders nahe kam. Diese linienförmigen Strukturen lagen nahe der Sichtbarkeitsgrenze der damaligen 30- bis 50-cm-Linsenfernrohre und erforderten spezielle Beobachtungserfahrung. Erst bei der nächsten Mars-Opposition 1879 wurde ihre Sichtung von anderen Astronomen bestätigt.

Schiaparelli hielt sie für natürlich entstandene, geradlinige Senken von bis zu 2000 km Länge und etwa 100 Kilometern Breite, durch die sich eventuell Wasser auf der ansonsten trockenen Oberfläche ausbreiten könne (La vita sul pianeta Marte, 1893). Doch eine fehlerhafte Übersetzung ins Englische (canals statt korrekt channels) ließ viele Journalisten an Kunstbauten denken. So entstanden Science-Fiction-Romane und ein jahrzehntelanger Mythos von Marsmenschen. 1894 baute Percival Lowell die Flagstaff-Sternwarte in Arizona, um die Marskanäle und das auf Mars vermutete Leben genauer zu erforschen.

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Karte der Marsoberfläche nach Schiaparelli

Erst 1965 beendeten die Fotos der US-Sonde Mariner 4 diese Spekulationen. Die Marskanäle gelten heute teilweise als optische Täuschung (Linienverstärkung durch korrelierte Reizung benachbarter Sehzellen); die flächigen Darstellungen Antoniadis von 1910–30 sind aber kaum detailreicher. Etwa die Hälfte der von Schiaparelli und anderen Astronomen kartierten Marskanäle dürften jedoch tatsächlichen Canyons, linienförmigen Geländeschatten, Talsystemen oder Kraterketten entsprechen.[1] Jedenfalls beflügeln die Marskanäle die Fantasie von Schriftstellern bis heute.

Schiaparellis astronomische Forschungen betrafen auch den Merkur, die Venus, die Sonnenaktivität und die Doppelsterne. Auf dem Mond und auf dem Mars wurde ein Krater nach ihm benannt; auf dem Merkur ein Dorsum. Er bewies in einer preisgekrönten Arbeit, dass der Meteorstrom der Perseiden (August-Sternschnuppen) mit dem Kometen Swift-Tuttle von 1862 zusammenhängt.

Am Mars widmete er sich auch einer besseren Nomenklatur und den Veränderungen der rötlichen und grünlich-grauen Flächen sowie der weißen Polkappen.

Die Modeschöpferin Elsa Schiaparelli war seine Nichte.

Veröffentlichungen (Auswahl)

Ehrungen

Siehe auch

Literatur

  • Friedrich Becker: Geschichte der Astronomie (= BI-Hochschultaschenbücher. Band 298). 3. Auflage. Bibliogr. Inst., Mannheim/Wien/Zürich 1968.
  • Emilio Bianchi: Schiaparelli, Giovanni Virginio. In: Enciclopedia Italiana. Rom 1936 (treccani.it).
  • Paolo Del Santo: Schiaparelli, Virginio Giovanni Battista. In: Raffaele Romanelli (Hrsg.): Dizionario Biografico degli Italiani (DBI). Band 91: Savoia–Semeria. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 2018.
  • Paul Raeburn: Mars. Die Geheimnisse des roten Planeten. Steiger, Augsburg 1999, ISBN 3-89652-168-3.
  • William Sheehan: The Planet Mars. A History of Observation and Discovery. University of Arizona Press, Tucson AZ 1996, ISBN 0-8165-1640-5.

Weblinks

Commons: Giovanni Schiaparelli – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Gottfried Gerstbach: Mars Channel Observations 1877–90, Compared with Modern Orbiter Data. (Memento vom 14. Juli 2015 im Internet Archive) (PDF) 2003.
  2. Prof. Dr. Giovanni Virginio Schiaparelli, Mitglieder der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
  3. Ehrenmitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften seit 1724: Скиапарелли, Джованни Вирджинио. Russische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 12. März 2021 (russisch).
  4. Verzeichnis der Mitglieder seit 1666: Buchstabe S. Académie des sciences, abgerufen am 27. Februar 2020 (französisch).
  5. Scheda beim italienischen Senat; mit Bild
  6. Mitglieder der Vorgängerakademien. Giovanni Virginio Schiaparelli. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 10. Juni 2015.
  7. Eintrag zu Schiaparelli, Giovanni Virginio (1835–1910) im Archiv der Royal Society, London
  8. Fellows Directory. Biographical Index: Former RSE Fellows 1783–2002. (PDF-Datei) Royal Society of Edinburgh, abgerufen am 6. April 2020.
  9. Mitgliederliste der Akademie