GiveWell

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GiveWell ist eine 2007 gegründete US-amerikanische Non-Profit-Organisation, die auf der Grundlage wissenschaftlicher Daten die Programme von Wohltätigkeitsorganisationen evaluiert. Dabei stützt sie sich im Gegensatz zu traditionellen Kriterien wie dem Anteil der Verwaltungskosten hauptsächlich auf die Kosten-Wirksamkeits-Analyse. Damit will GiveWell Spendern ermöglichen, an Organisationen zu spenden, bei denen ihr Geld möglichst viel bewirkt[1][2]

Geschichte

Holden Karnofsky und Elie Hassenfeld, die beide beim Hedgefonds Bridgewater Associates arbeiteten, bildeten 2006 mit Kollegen einen informellen Club, der sich das Ziel setzte, potentiellen Spendern eine rationelle Entscheidungshilfe zu geben. Dabei stellten sie fest, dass oft keine verlässlichen Daten über das Verhältnis von Kosten und Wirksamkeit existierten. 2007 gründeten Karnofsky, der in Harvard Sozialwissenschaften studiert hatte, und Hassenfeld, der an der Columbia University einen Abschluss als Religionswissenschaftler erworben hatte, die Organisation GiveWell, die mithilfe von Methoden der Finanzanalyse Spendern die Entscheidung erleichtern soll, bei welcher Wohltätigkeitsorganisation ihre Spende den größten Nutzen bringt.[1][2][3]

Die Mitglieder des ursprünglichen Clubs gründeten 2007 einen Fond, den Clear Fund, der Spenden an von GiveWell empfohlene Wohltätigkeitsorganisationen vergibt. Im ersten Jahr nahm der Fond ca. 300 000 US-Dollar an Spenden ein, hauptsächlich von den ehemaligen Kollegen und Clubmitgliedern. Davon wurde etwa die Hälfte für die Arbeit von GiveWell eingesetzt, ein wesentlich höherer Anteil als bei Non-Profit-Organisationen üblich ist.[2][4]

2007 wurden Karnofsky und Hassenfeld nach internen Auseinandersetzungen um unseriöse Werbung für GiveWell im Internet von der Organisation zu einer Strafzahlung verpflichtet, Karnofsky wurde als Geschäftsführer abgesetzt und war anschließend als Programmdirektor für die Organisation tätig, wurde später aber wieder Geschäftsführer.[5][6]

2008 erhielt GiveWell eine Spende von der Nonprofit Marketplace Initiative der William and Flora Hewlett Foundation, die GiveWell in den folgenden Jahren kontinuierlich mit bedeutenden Spenden unterstützte. 2014 stellte die Hewlett Foundation ihre Unterstützung für die Organisation ein. Sie begründete dies mit zwei Studien aus den Jahren 2010 und 2012, die ergeben hatten, dass nur 3 % der Spender ihre Spenden auf der Grundlage der Daten der Kosten-Wirksamkeits-Analyse vergaben, während sich die überwiegende Mehrheit der Spender aus Gründen wie Loyalität, persönliche Verbindungen oder Religion entschied.[7]

2013 verlegte GiveWell seine Sitz nach San Francisco, wo viele Persönlichkeiten der High-Tech-Industrie im Silicon Valley starke Unterstützer des „effektiven Altruismus“ geworden waren.[1]

2019 trat Karnofsky als Ko-Geschäftsführer zurück, seitdem ist Hassenfeld alleiniger Geschäftsführer.[8] Karnofsky und Hassenfeld sind neben Timothy Odgen, Cari Tuna und Julia Wise Mitglieder des fünfköpfigen Board of Directors von GiveWell.

Laut der Spendenplattform effektiv-spenden.org wurden 2017 fast 150 Millionen US-Dollar an die von GiveWell empfohlenen Organisationen gespendet. GiveWell vermeldete, dass 2019 152 Millionen US-Dollar und damit erstmals mehr als 150 Millionen US-Dollar in direktem Zusammenhang mit der Empfehlung von GiveWell an die empfohlenen Organisationen gespendet wurden.[9]

Open Philanthropy Project

2012 gingen die von Dustin Moskovitz und seiner Frau Cari Tuna gegründete und mit 8,3 Milliarden US-Dollar ausgestattete Stiftung Good Ventures und GiveWell eine Partnerschaft ein und gründeten die Organisation Open Philanthropy Project, über die die Gelder von Good Ventures vergeben werden sollten.[10][11] 2015 sagten Mike Krieger und seine Verlobte Kaitlyn Trigger dem Open Philanthropy Project Spenden von 750 000 US-Dollar im Lauf von zwei Jahren zu, von denen 10 % in die Verwaltungskosten gehen sollten.[12] Das Open Philanthropy Project hat mit Spenden Gesundheitsprojekte[13] sowie Projekte, die sich mit den Risiken künstlicher Intelligenz[14][15][16] und biologischen Risiken[17][18] beschäftigen, unterstützt. Bis August 2019 hat das Open Philanthropy nach eigenen Angaben 650 Spenden an 370 Organisationen getätigt und insgesamt 857 Millionen US-Dollar gespendet.[19]

2017 beendeten das Open Philanthropy Project und GiveWell ihre Partnerschaft; Karnofsky trat als Ko-Geschäftsführer von GiveWell zurück und ist seitdem für das Open Philanthropy Project tätig.[8]

Evaluierungen und Empfehlungen

GiveWell nimmt bei zahlreichen Organisationen und Programmen eine Kurzanalyse vor und wählt aus diesen besonders erfolgversprechende für eine gründliche wissenschaftliche Evaluierung aus. Die Hauptkriterium der Evaluierung sind die Wirksamkeit, beurteilt anhand der Ergebnisse der evaluierten Organisationen in Hinblick auf die Rettung von Menschenleben oder die Verbesserung des Lebens von Menschen; die Kosteneffektivität, gemessen daran, wie viel eine Spende bezogen auf die Verbesserung oder Rettung eines Lebens bewirkt das Potential der Organisation, zukünftige Spenden wirkungsvoll zu verwenden und Transparenz.[20][21][22] Außerdem fließen in die Evaluierung Faktoren wie die Verdrängung anderer Akteure und die Hebelwirkung ein. Die Evaluierungen und Empfehlungen von GiveWell beruhen auf öffentlich zugänglichen Daten, und die Organisation empfiehlt nur Spenden an Organisationen, bei denen die Wirksamkeit ihrer Aktivitäten wissenschaftlich nachgewiesen ist, etwa durch randomisierte kontrollierte Studien. Nach erfolgter Evaluierung spricht GiveWell jährlich Empfehlungen für Organisationen aus, die ihre Kriterien am besten erfüllen.[23] Die empfohlenen Programme werden wissenschaftlich begleitet und fortlaufend evaluiert. Wenn sie die Kriterien von GiveWell nicht mehr erfüllen, revidiert GiveWell seine Empfehlung.[24][25]

Die folgenden neun Organisationen erhielten 2020 eine Top-Empfehlung von GiveWell:[26]

Malariaprävention

Vitamin-A-Gaben gegen Vitamin-A-Mangel

Bargeldzahlungen als Anreiz zur Impfung von Kindern

Entwurmung

Bargeldzahlungen an in extremer Armut lebende Menschen

Weblinks

Commons: GiveWell – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Homepage von GiveWell

Einzelnachweise

  1. a b c Nico Pitney: That Time A Hedge Funder Quit His Job And Then Raised $60 Million For Charity (en). In: Huffington Post, 26. März 2015. Abgerufen am 17. April 2015. 
  2. a b c Rachel Martin (Interviewerin): Young Duo to 'Clear' the Way for Charitable Giving. In: National Public Radio. 24. Dezember 2007. Abgerufen am 8. April 2021.
  3. Nurith Aizenman: On #GivingTuesday, How To Get The Most Bang For Your Charity Buck (en). In: NPR.org, NPR, 27. November 2017. Abgerufen am 27. Februar 2018. 
  4. Stephanie Strom: 2 Young Hedge-Fund Veterans Stir Up the World of Philanthropy (en). In: The New York Times, 20. Dezember 2007. Abgerufen am 8. April 2021. 
  5. Stephanie Strom: Founder of a Nonprofit Is Punished by Its Board for Engaging in an Internet Ruse (en). In: The New York Times, 8. Januar 2008. Abgerufen am 13. September 2011. 
  6. Stephanie Strom: Nonprofit Punishes a 2nd Founder for Ruse (en). In: The New York Times, 15. Januar 2008. 
  7. Lindsay Louie, Fay Twersky: Strengthening Our Sector. William and Flora Hewlett Foundation. 11. März 2014. Archiviert vom Original am 18. September 2016. Abgerufen am 6. September 2014.
  8. a b Catherine Hollander: Separating GiveWell and the Open Philanthropy Project. 12. Juni 2017, abgerufen am 8. April 2021 (amerikanisches Englisch).
  9. Robin Dey: GiveWell’s money moved in 2019. In: The GiveWell Blog. GiveWell, 9. Dezember 2020, abgerufen am 10. April 2021 (englisch).
  10. Caroline Preston: Another Facebook Co-Founder Gets Philanthropic. Chronicle of Philanthropy. 10. Januar 2012. Abgerufen am 25. März 2014.
  11. Nicole Bennett: bcg.perspectives - How Tech Entrepreneurs Are Disrupting Philanthropy. The Boston Consulting Group. 10. Februar 2016. Abgerufen am 12. September 2017.
  12. Dylan Matthews: You have $8 billion. You want to do as much good as possible. What do you do?. In: Vox . 24. April 2015. Abgerufen am 27. April 2015.
  13. Leverage: Why This Silicon Valley Funder Is Doubling Down on a Beltway Think Tank. In: Inside Philanthropy . 9. März 2016. Abgerufen am 19. März 2016.
  14. Elizabeth Preston: Boston group awards $6m from Elon Musk to jump-start artificial intelligence research. In: Boston Globe . 1. Juli 2015. Abgerufen am 20. März 2016.
  15. Jack Clark: Musk-Backed Group Probes Risks Behind Artificial Intelligence. In: Bloomberg Business . 1. Juli 2015. Abgerufen am 20. März 2016.
  16. Jonathan Vanian: Why Elon Musk is donating millions to make artificial intelligence safer. Fortune. 1. Juli 2015. Abgerufen am 19. März 2016.
  17. J Yassif: Reducing Global Catastrophic Biological Risks.. In: Health Security. 15, Nr. 4, 2017, S. 329–330. doi:10.1089/hs.2017.0049. PMID 28745920. PMC 5576261 (freier Volltext).
  18. Ewen Callaway: Facebook billionaire pours funds into high-risk research. In: nature. 20. Dezember 2017, abgerufen am 8. April 2021 (englisch).
  19. Grants Database. In: Open Philanthropy . Abgerufen am 19. September 2019.
  20. Leif Wenar: Poverty Is No Pond. In: 124 Giving Well: The Ethics of Philanthropy. Oxford University Press, 2011, ISBN 978-0-19-973907-3, S. 124, doi:10.1093/acprof:oso/9780199739073.001.0001, OCLC 588998863.
  21. Peter Singer. The Life You Can Save: Acting Now To End World Poverty, Random House, 2009. Ch. 6, S. 81–104
  22. Sebastian Schwiecker: Wie evaluiert GiveWell? In: effektiv-spenden.org. 11. September 2019, abgerufen am 10. April 2021.
  23. GiveWell: Research on Programs. In: GiveWell. April 2021, abgerufen am 10. April 2021.
  24. Andreas Sator: Ich will 100 Euro sinnvoll spenden – aber wofür? Und kommt mein Geld wirklich an? In: Der Standard. 16. Dezember 2018, abgerufen am 10. April 2021.
  25. Sebastian Schwiecker: GiveWell Bedingungslose Transparenz. In: effektiv-spenden.org. 20. August 2019, abgerufen am 10. April 2021.
  26. Our Top Charities. In: GiveWell . Abgerufen am 9. März 2021.