Glashütten in den Nordvogesen

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Die Glashütten in den Nordvogesen sind Zeugnisse der bis auf das 15. Jahrhundert zurückgehenden Glasherstellung in den Nordvogesen an der Grenze zwischen Elsass (Département Bas-Rhin) und Lothringen (Département Moselle) in der Region Grand Est (Frankreich), die im 19. Jahrhundert einen Höhepunkt erreicht. Nach dem Zweiten Weltkrieg blieben nur noch wenige Betriebe erhalten.

Geographie und Voraussetzungen

Grand Est

Das Gebiet der Glasherstellung erstreckt sich am westlichen Rand der Nordvogesen, begrenzt vom Pfälzerwald (Deutschland) und dem Saartal im Westen. Südlich geht es in die Vogesen über, in denen auch eine traditionelle Glasfertigung existierte. Zur Herstellung von Glas benötigte man Quarzsand, Pottasche und Brennholz. Alles ist in den Nordvogesen vorhanden: das Gebirge besteht aus Sandstein, der zu Sand erodiert, Pottasche kann man aus Buchen und Farnen gewinnen, das Holz schlägt man in den großen Wäldern. Zusätzlich gibt es genügend billige Arbeitskraft: die Glasherstellung ist arbeitsaufwändig und der Preis für Gebrauchsglas ist niedrig.

Geschichte

Die ersten Glashütten waren kleine Gemeinschaften, mit einem Ofen, einfachen Holzhäusern, mitten im Wald gelegen. Wenn die Umgebung abgeholzt war, zog die Hütte weiter. Diese Art der Bewirtschaftung endete im Dreißigjährigen Krieg: die Hütten wurden zerstört und verlassen. Außerdem wurde durch den Raubbau das Holz knapp. Ende des 17. Anfang des 18. Jahrhunderts wurden neue Glashütten gegründet: Wildenstein (1669), Wingen-sur-Moder (ab 1707). Der Wald wurde bewirtschaftet: nach einem Kahlschlag wurde neu gepflanzt und nach 40 Jahren konnte man wieder Holz ernten. Die adligen Landbesitzer wollten den Ertrag steigern und förderten darum die Glashütten durch Konzessionen. Die ansässigen Bauern waren davon nicht begeistert und es kam zu Aufständen, z. B. in Neuwiller, Griesbach, Imbsheim und Dossenheim im November 1628. Dabei wurden auch Glashütten zerstört.[1]

Berühmte Glashütten

1704 wurde die Glashütte von Meisenthal gegründet. Im 19. Jahrhundert beschäftigte sie Hunderte von Arbeitern, die Millionen Stücke Gebrauchs- und Schmuckglas herstellten. Von 1867 bis 1894 arbeitete sie mit Emile Gallé zusammen. Sie erprobte neue Herstellungstechniken und erwarb sich den Titel “Berceau du verre Art Nouveau” (Wiege des Jugendstil Glases).[2] Nach dem 2. Weltkrieg ging die Produktion immer weiter zurück, bis am 31. Dezember 1969 der Betrieb eingestellt wurde.[3]

Meisenthal vor der Renovierung 2022

1721 gründete Jean-Georges Poncet, ein Glasbläser aus Meisenthal, eine Glashütte in Goetzenbruck. Sie stellte zum Schluss Brillengläser her und wurde 2005 geschlossen.[4]

Goetzenbruck

1767 wurde die Kristallmanufaktur Saint-Louis in Saint-Louis-lès-Bitche gegründet.

Saint-Louis

1921 gründete René Lalique die Glashütte in Wingen-sur-Moder. Das Musée Lalique wurde an der Stelle der ehemaligen Glashütte Hochberg errichtet, die Glashütte von Lalique, die heute noch in Betrieb ist, befindet sich nördlich der Ortsmitte hinter der Bahnstrecke.

1925 wird die Glashütte in Lemberg im Bitcherland gegründet. Sie beschäftigte bis zu 200 Arbeiter und arbeitete für große Pariser Kunden wie Le Bon Marché, La Samaritaine oder Galeries Lafayette. 1973 musste sie den Betrieb einstellen.[5] [6]

Neben den Glashütten haben sich auch viele selbständige Glasschleifer niedergelassen. Nur wenige haben bis heute überlebt, z. B. Cristal Lehrer in Arzviller.

Glashütten im 21. Jahrhundert

Überlebt haben nur Glashütten, die künstlerische oder Luxusstücke produzieren.

  • Lalique in Wingen-sur-Moder: 1994 wurde Lalique von der Schweizer Gruppe Art & Fragrance SA übernommen, die Parfums, Kosmetik und Schmuck herstellt. Kurz darauf änderte sie ihren Namen in Lalique Group.[7]
    Wingen-sur-Moder Lalique Glasfabrik
  • St. Louis in Saint-Louis-lès-Bitche: Saint Louis gehört seit 1995 zu Hermès (Unternehmen) und stellt klassische Schmuck- und Tafelgläser her.[8]
  • Meisenthal: hat sich auf Handarbeit mit künstlerischen Vorlagen spezialisiert.

Weblinks

Einzelnachweise