Gleissysteme der Spur H0

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Gleissysteme für die Spur H0 mit 16,5 mm Spurweite (beziehungsweise für die Vorgängerspurweite 16,0 mm) werden seit den 1920er Jahren produziert. Die Nürnberger Firma Bing stellte 1922 zunächst eine Tischbahn mit Uhrwerksantrieb vor; zwei Jahre später folgte eine elektrische Variante.

Die Böschungskörper und Schienen waren zunächst aus Blech gepresst, 1935 folgte Trix Express mit einem Böschungskörper aus Bakelit und drei elektrisch getrennten Schienen. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Schwellenbänder aus schwarzer Isolierpappe eingeführt. Ab Mitte der 1960er Jahre erschienen Schwellenbänder aus Kunststoffen. Zeitgleich wurden die ersten flexiblen Gleise angeboten, die unabhängig von den Gleisgeometrien der Hersteller in beliebiger Form verlegt werden können.

Bei der Spur H0 können drei elektrische Gleissysteme unterschieden werden: Das Zweischienen-Zweileiter-Gleissystem, das Dreischienen-Zweileiter-Gleissystem und das Dreischienen-Dreileiter-Gleissystem. Außerdem gab es für die Uhrwerksbahnen Zweischienen-Gleissysteme ohne elektrische Isolierung der Schienen.

Der Trend geht heute zum vorbildnahen Zweischienen-Zweileiter-Gleissystem. Gleichzeitig werden aber auch zunehmend Nostalgieanlagen mit den alten Gleissystemen, Fahrzeugen und Zubehören gestaltet und ausgestellt.

Zweischienen-Zweileiter-Gleissystem

Zweischienen-Zweileiter-Gleis

Jede Schiene bildet ein elektrisches Potential. Vorteil des Systems ist die internationale Normung mit einer großen Auswahl an Gleissortimenten und Fahrzeugmodellen vieler Hersteller weltweit. Ein Nachteil ist, dass elektrische Funktionen wie beispielsweise eine Gleisbesetztmeldung nicht wie im Vorbild über den Kurzschluss der beiden Schienen durch den darauf stehenden Radsatz erfolgen können. Kehrschleifen und Gleisdreiecke erfordern besondere Schaltungsmaßnahmen, um Kurzschlüsse zu vermeiden.

Aktuelle Gleishersteller (Auswahl): Atlas, Bemo, Fleischmann, Hornby, Kleinbahn, Peco, Piko, Roco, Shinohara, Tillig, Trix-H0 und Weinert „MeinGleis“

Die Schienenprofilhöhe ist in den NEM – Normen Europäischer Modellbahnen definiert. Für die Spurweite H0 wird in NEM 120 eine Schienenprofilhöhe von 2,0 bzw. 2,5 mm empfohlen. Bei den Zweischienen-Gleissystemen werden inzwischen auch kleinere Schienenprofilhöhen angeboten, um die Gleisanlagen maßstäblicher bauen zu können. Diese Varianten werden mit Code xx bezeichnet, wobei zum Beispiel Code 70 eine Schienenprofilhöhe von 0,070 Zoll beschreibt, festgelegt in den RP 15.1 der NMRA. Die Verwendung niedriger Schienenprofile setzt den Einsatz von Fahrzeugen mit verkleinerten Spurkränzen voraus.

Das Zweischienen-Zweileiter-Gleissystem verwendet Gleichstrom für den analogen Fahrbetrieb.

Dreischienen-Zweileiter-Gleissystem

Bei diesem Gleissystem sind die beiden Fahrschienen über den Böschungskörper oder über die Schwellen elektrisch miteinander verbunden, die Mittelschiene ist dazu elektrisch isoliert. Dieses Gleissystem hat seinen Ursprung bei den ersten elektrischen Tinplate-Bahnen der großen Spuren, die Blechschwellen besaßen. Im Jahr 1924 stellte die Firma Bing die erste elektrische Tischbahn mit diesem Gleissystem und der Spurweite 16,0 mm vor; es folgten 1935 Märklin 00 und 1938 Hornby Dublo (3-rail). Die Produktion des Bing-Sortimentes wurde 1932 eingestellt, aber noch für einige Jahre durch die Firma Bub übernommen. Hornby stellte im Jahr 1959 auf das Zweischienen-Zweileiter-Gleissystem (2-rail) um.

Beim Vorbild kommen Mittelschienen in der Regel nicht vor. Im Großraum London sind die Underground-Bahnen und viele Vorortbahnen mit Stromschienen in Mittel- und Seitenlage ausgerüstet.

Die Gleissortimente der drei genannten Hersteller besaßen zunächst Böschungskörper aus Blech und eine mit Pappscheiben isoliert montierte durchgehende Mittelschiene. Die beiden Fahrschienen bildeten die Masse, die Mittelschiene die Phase. Mit diesem Gleissystem sind alle Gleisfiguren ohne schaltungstechnische Besonderheiten möglich.

Einige Typen von Märklin-Gleisen; von links: M-Gleis (alt), M-Gleis (1952–1956), M-Gleis (1956–2000), K-Gleis, C-Gleis

Ab Mitte der 1950er Jahre wurde bei Märklin die optisch auffällige Mittelschiene durch einen unter den Schwellen verborgenen kammförmigen Leiter ersetzt, von dem nur die sogenannten Punktkontakte sichtbar sind. Diese Variante wird auch als Puko-Gleis bezeichnet. An Weichen und Kreuzungen müssen die Mittelschiene bzw. die Punktkontakte ausreichend hoch über die Fahrschienen herausragen, um einen Kontakt des Mittelschleifers zu den Fahrschienen zu vermeiden.

Wenn beide Fahrschienen das gleiche Potential führen, ist es ausreichend, dass nur eine beliebige Fahrzeugseite Kontakt hat. Daher lassen sich auf vorbildnahe Weise durch kurze Abschnitte mit einseitig isolierten Fahrschienen Gleisbesetztschaltungen aufbauen.

Märklin ist derzeit der einzige Vollsortimenthersteller für dieses Gleissystem. Somit gibt Märklin die Normung für die Gestaltung der Fahrzeuge sowie der Gleise und Weichen vor. So sind die beiden Radscheiben eines Radsatzes elektrisch leitend miteinander verbunden.

Die Lokomotiven von Märklin verwenden normalerweise (es kommt ein geregelter Transformator zum Einsatz) Wechselstrom für den Fahrbetrieb. Da Einphasen-Reihenschlussmotoren benutzt werden, lassen sie sich aber auch mit Gleichstrom betreiben. Bei Hornby Dublo kam 1938 bereits Gleichstrom zum Einsatz. Die Lokomotiven von Bing konnten sowohl mit Wechsel- als auch mit Gleichstrom gefahren werden (Allstrommotor mit Feldspule).

Es gibt von einigen kleineren Herstellern spezielle Nachrüstsätze, mit denen sich einfache Zweileitergleise zu Mittelleitergleisen umrüsten lassen. Mit entsprechendem Aufwand ist es natürlich auch möglich, eigenhändig Mittelleiter einzubauen.

Rollmaterial und Zubehör werden hingegen von vielen anderen Herstellern angeboten. Wagen mit isolierten Radsätzen für das Zweischienen-Zweileiter-Systems können fast problemlos auf Märklin-Gleisen eingesetzt werden, nur in den Herzstücken älterer Weichen und Kreuzungen kann es aufgrund des abweichenden Rückflächenabstandes der Radsätze zu Entgleisungen kommen. Die Beleuchtungseinrichtungen funktionieren auf Dreileitergleisen jedoch ohne Umbau auf einen Mittelschleifer nicht. Lokomotiven lassen sich, sofern sie über ausreichend Platz für den Mittelschleifer verfügen und digitalisiert werden sollen, mit einem vertretbaren Aufwand umrüsten.

Der Einsatz von Rollmaterial des Dreischienen-Zweileiter-Gleissystems auf Zweischienen-Zweileiter-Gleisen ist bei Wagen nach Austausch der Radsätze möglich, da dort die Radscheiben der Radsätze elektrisch voneinander isoliert sein müssen. Der Umbau von Lokomotiven ist, im Besonderen bei Dampflokomotiven, mit einem verhältnismäßig hohen Aufwand verbunden.

Dreischienen-Dreileiter-Gleissystem

Trix-Express-Gleis

Durch die Verwendung von Bakelit für den Böschungskörper konnte Trix Express 1935 ein Gleissystem mit drei elektrisch gegeneinander isolierten Schienen vorstellen, das einen unabhängigen Zweizugbetrieb auf einem Gleis ermöglicht. Bei diesem System bildet die Mittelschiene den Rückleiter, beide Fahrschienen führen unterschiedliche Fahrstrompole. Dadurch können zwei Lokomotiven auf demselben Gleis fahren und unabhängig voneinander gesteuert werden.

Einziger Vollsortimenthersteller dieses Systems war von 1935 bis Ende der 1990er Jahre die Nürnberger Firma Trix unter der Markenbezeichnung Trix Express. Trix ließ sich dieses System durch Patente schützen. In England wurde unter der Markenbezeichnung Trix Twin Railways vom dortigen Trix-Unternehmen ein eigenes Sortiment für den britischen Markt gebaut.

In Verbindung mit einer Oberleitung ermöglichte dieses Gleissystem sogar einen unabhängigen Dreizugbetrieb. Elloks mit eingeschalteten Dachstromabnehmern beziehen die Spannung über die Oberleitung, die Rückleitung wird über den Mittelleiter bereitgestellt. In diesem Fall sind die Radschleifer abgeschaltet (oder sogar ausgebaut), die Elloks können in jeder Ausrichtung auf das Gleis gestellt werden und ohne Einschränkung Wendeschleifen und Gleisdreiecke durchfahren. Bei anderen Lokomotiven (ohne aktive Dachstromabnehmer) ist durch die Ausrichtung der Lokomotiven und der Außenschleifer der genutzte Stromkreis festgelegt.

Die Trix Express-Fahrzeuge besaßen seit 1935 bis zur Produktionseinstellung relativ hohe Spurkränze und einen abweichenden Rückflächenabstand. Die Maße der Leit- und Rillenweiten in den Herzstückbereichen von Weichen und Kreuzungen und die Schienenprofilhöhen waren darauf abgestimmt. Zu einer Modernisierung dieser Maße konnte sich Trix beim Dreischienen-Dreileiter-System nicht durchringen. Trix versuchte ab 1964 unter der Produktbezeichnung Trix International mit einem Zweischienen-Zweileiter-Sortiment gemäß den international genormten Vorgaben den Anschluss an die Entwicklung zu bekommen.

Inzwischen gewinnt das historische Trix Express-System wieder an Beachtung. Nostalgiebahnen werden zunehmend mit dem originalen Gleissystem und passenden Fahrzeugen aufgebaut und auf Ausstellungen vorgestellt.

Die Trix Express-Lokomotiven besaßen zunächst Motoren mit Feldwicklung (Allstrommotoren) und wurden meist mit Wechselstrom betrieben. Eine Schaltwalze ermöglichte in Verbindung mit einem speziellen Fahrregler den Fahrrichtungswechsel. Ab 1953 wurden die Lokomotiven durch Permamentfeldmotoren auf den Gleichstrombetrieb umgestellt.

Oberleitungsbetrieb

Zusätzlich kann bei allen drei Gleissystemen eine Oberleitung zum unabhängigen Betrieb eines weiteren Fahrzeugs auf demselben Gleis genutzt werden – die Einführung der Digitaltechnik Mitte der 1980er Jahre macht eine Oberleitung allerdings obsolet, so dass sie heute meist keine elektrische Funktion mehr hat und vielfach nur noch zu Dekorationszwecken dient.

Begriffe

Lange Zeit waren die Begriffe Zweileiter-Gleichstrom-Gleissystem und Mittelleiter-Wechselstrom-Gleissystem für die Systeme mit der größten Verbreitung an dieser Stelle korrekt. Durch die bereits Mitte der 1980er Jahre aufkommenden Digitalsysteme sind diese Begriffe aber nicht mehr zeitgemäß.

Mittelleiter-Wechselstrom-Gleissystem

Der systembedingte mechanische Fahrtrichtungsumschalter in den Lokomotiven für das Mittelleiter-Wechselstrom-Gleise wurde zwischenzeitlich durch elektronische Umschalter ersetzt, die heute reine Digitaldecoder oder aber kombinierte Digital-, Funktions- und Sounddecoder sind. Auf Mittelleiter-Wechselstrom-Gleisen wird immer mehr im Digitalbetrieb gefahren. Das bedeutet, dass nicht mehr eine sinusförmige Wechselspannung, sondern eine Rechteckspannung an den Gleisen anliegt, die neben der Leistung die Digitalbefehle überträgt.

Zweileiter-Gleichstrom-Gleissystem

Auch im Zweileiter-Gleichstrom-Gleissystem erfolgt seit Jahren eine schrittweise Digitalisierung. Da systembedingt nie mechanische Fahrtrichtungsumschalter notwendig waren, verbreitete sich die Digitaltechnik jedoch lange nur zögernd. Erst das Aufkommen der kombinierten Digital-, Funktions- und Sounddecoder Mitte der 2000er Jahre führte nun auch im Zweileiter-Gleichstrom zu einer Trendwende hin zum Digitalbetrieb.

Siehe auch