Goldflüssiger Milchling
Goldflüssiger Milchling | ||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Goldflüssiger Milchling (Lactarius chrysorrheus) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
| ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Lactarius chrysorrheus | ||||||||||||
Fries |
Der Goldflüssige Milchling (Lactarius chrysorrheus) ist eine Pilzart aus der Familie der Täublingsverwandten (Russulaceae). Es ist ein mittelgroßer Milchling, dessen Milch sich augenblicklich gelb verfärbt. Der trockene und gezonte Hut ist ockergelb bis lachsfarben gefärbt. Als typischer Eichenbegleiter ist er einer der häufigsten Milchlinge in wärmeliebenden Eichenwäldern. Die Fruchtkörper erscheinen zwischen August und Oktober. Der Pilz ist wegen seines bitteren Geschmacks ungenießbar. Das Artattribut (Epitheton) chrysorrheus leitet sich aus den altgriechischen Wortwurzeln chryso - ‚golden‘ und rheos ‚Fluss‘ ab.[1]
Merkmale
Makroskopische Merkmale
Der Hut ist 5–10 cm breit und gelb, rosa oder orange gefärbt, wobei er dunklere, konzentrische Zonen aufweist. Er ist zunächst konvex, wird dann aber flacher und letztendlich leicht niedergedrückt. Er ist am Rand oft wellig und hat eine glatte Oberfläche.
Der Stiel ist weißlich oder etwas blasser als der Hut gefärbt. Er ist hohl und zylindrisch. Die Lamellen sind bogig und von gleicher Farbe wie der Stiel, färben sich bei Verletzung jedoch gelblich. Sie stehen anfangs sehr dicht und ergeben einen cremig weißen Sporenabdruck.
Das Fleisch ist weiß und schmeckt zunächst mild, später jedoch leicht scharf. Die Milch ist zunächst weiß, färbt sich an der Luft aber schnell schwefelgelb.
Mikroskopische Merkmale
Die Sporen sind rundlich bis breit elliptisch und durchschnittlich 6,4–8,0 µm lang und 5,7–6,3 µm breit. Der Q-Wert (Quotient aus Sporenlänge und -breite) ist 1,1–1,3. Das Sporenornament besteht aus 0,4–0,9 µm hohen, feinen Warzen und kurzen, gratigen Rippen, die fast vollständig netzartig verbunden sind. Dennoch gibt es zahlreiche isoliert stehende Warzen. Der Hilarfleck ist mehr oder weniger inamyloid. Die ziemlich keuligen Basidien messen 30–50 × 8,5–11 µm und tragen je vier Sterigmen.
Die Lamellenschneiden sind heterogen: Neben den Basidien kommen auch zahlreiche Cheilomakrozystiden vor. Diese sind 45–65 µm lang und 5–9 µm breit und spindelig bis pfriemförmig. Die ebenfalls zahlreichen Pleuromakrozystiden sind auch mehr oder weniger spindelig bis leicht keulig geformt und messen 45–90 × 7–12 µm.
Die Huthaut (Pileipellis) ist eine lockere und kaum differenzierte, 145–175 µm dicke Cutis, die aus unregelmäßig verflochtenen 2,5–6 µm breiten Hyphen besteht. Viele Hyphenenden sind aufsteigend und stehen deutlich aus dem Hyphenverband hervor. Die Hyphen in der Subpellis sind 5–7,5 µm breit, leicht aufgeblasen und mehr oder weniger stark miteinander verflochten.[2][3]
Artabgrenzung
Die sich schnell verfärbende Milch des Goldflüssigen Milchlings ist ein Merkmal, mit dessen Hilfe man ihn von anderen ähnlich aussehenden Milchlingen leicht unterscheiden kann. Auch die angedeutete Zonierung ist typisch. Neben dem Goldflüssigen Milchling gibt es noch weitere Arten mit gelb verfärbender Milch. Dazu gehört der ebenfalls häufig unter Eichen zu findende ungenießbare Scharfe Schwefel-Milchling (Lactarius decipiens). Sein fleischbräunlicher bis orange-fleischfarbener Hut ist stets ungezont und die Milch verfärbt sich langsamer.
Der mild bis bitterlich schmeckende Flatter-Reizker (Lactarius tabidus) ist ein Vertreter saurer Feuchtgebiete und wächst unter Birken und Erlen. Auch seine Milch gilbt etwas. Der in den Alpen häufiger vorkommende Lärchen-Milchling (Lactarius porninsis) ist dem Goldflüssigen Milchling recht ähnlich, seine Milch bleibt aber weiß.[4]
Ökologie
Der Goldflüssige Milchling ist wie alle Milchlinge ein Mykorrhizapilz, der in Nord- und Mitteleuropa vor allem mit Eichen eine symbiotische Partnerschaft eingeht. In Südeuropa wächst er auch unter Esskastanien. Man findet den Pilz in Eichen-Hainbuchen- und wärmeliebenden Eichenwäldern sowie in Buchen- und Buchenmischwäldern besonders in Hainsimsen-Buchenwäldern. Er wurde aber auch in anderen Waldgesellschaften nachgewiesen. Der Milchling mag eher saure, frische Böden und ist in Kalkgebieten sehr selten oder fehlt ganz. Ansonsten stellt er keine besonderen Ansprüche an den Boden. Er wächst auf Basalt-, Löß-, Sand-, Lehm- oder Tonböden ebenso wie auf Ranker, Braunerden oder Silikatsanden. Der Goldflüssige Milchling ist gebietsweise recht häufig, tritt aber nie in großen Mengen auf. Die Fruchtkörper erscheinen von Ende Juli bis Oktober.[2][5][6]
Verbreitung
Der Goldflüssige Milchling wurde in Nordasien (Ostsibirien, Korea, Japan), Nordamerika (USA, Kanada, Mexiko), Nordafrika (Marokko) und in Europa nachgewiesen. In Europa ist er wohl im gesamten Eichen- und Edelkastanien-Areal verbreitet. Gelegentlich kann man ihn auch außerhalb dieses Gebietes unter gepflanzten Eichen und Edelkastanien finden (z. B. auf den Hebriden). In Estland findet man ihn nur auf der Ostseeinsel Saaremaa.[13] Der Goldflüssige Milchling ist in Deutschland[14] und der Schweiz[2] zerstreut bis selten.[6][7] In Hessen[15] und Nordrhein-Westfalen[16] wird er auf der Roten Liste als gefährdet (RL3) eingestuft.
Systematik
Den Pilz beschrieb 1838 erstmals Elias Magnus Fries, der Begründer der modernen Mykologie. Synonyme sind die von L. Quélet 1886 beschriebene Varietät Lactarius theiogalus var. chrysorrheus sowie Galorrheus chrysorrheus und Lactifluus chrysorrheus, nachdem Paul Kummer 1871 die Art in die Gattung Galorrheus und C. Kuntze sie 1891 in die Gattung Lactifluus gestellt hat.[17] Weitere taxonomische Synonyme sind Lactarius brevis Peck (1905) und Lactarius theiogalus (Bull.) Gray (1821).[18]
Der Milchling wird von Heilmann-Clausen und M. Basso als einzige, europäische Art in die Untersektion Croceini gestellt. Die Untersektion steht ihrerseits in der Sektion Zonarii. Ihre Vertreter haben trockene bis klebrige, glatte Hüte, deren Hutrand bei jungen Exemplaren manchmal leicht samtig ist. Ihre Milch verfärbt sich innerhalb von Sekunden intensiv gelb.[14][18]
Bedeutung
Der Pilz wird von Phillips und Lamaison als giftig eingestuft, aber von Bon als genießbar bewertet. Garnweidner hält ihn für ungenießbar. Der Verzehr von mehreren Arten giftiger Milchlinge kann zu akuten Verdauungsbeschwerden führen, die auch schwerwiegend sein können.[19] Die Milch des Goldflüssigen Milchlings schmeckt sehr scharf.[20]
Quellen
- Marcel Bon: Pareys Buch der Pilze. Paul Parey, Hamburg, Berlin 1988, ISBN 3-490-19818-2, S. 92.
- Roger Phillips: Mushrooms. Pan MacMillan, 2006, ISBN 0-330-44237-6, S. 25.
- Jean-Louis Lamaison, Jean-Marie Polese: The Great Encyclopedia of Mushrooms. Könemann, 2005, ISBN 3-8331-1239-5, S. 49.
- Edmund Garnweidner: GU Naturführer Pilze. 2. Auflage. Gräfe und Unzer, München 1987, ISBN 3-7742-2216-9, S. 168.
Einzelnachweise
- ↑ Henry George Liddell, Robert Scott: A Greek-English Lexicon. Oxford University Press, Oxford 1980, ISBN 0-19-910207-4.
- ↑ a b c Josef Breitenbach, Fred Kränzlin (Hrsg.): Pilze der Schweiz. Beitrag zur Kenntnis der Pilzflora der Schweiz. Band 6: Russulaceae. Milchlinge, Täublinge. Mykologia, Luzern 2005, ISBN 3-85604-060-9, S. 54.
- ↑ Jacob Heilmann-Clausen u. a.: The genus Lactarius. Fungi of Northern Europe. Hrsg.: The Danish Mycological Society,. Vol. 2, 1998, ISBN 87-983581-4-6, S. 122.
- ↑ Ewald Gerhart (Hrsg.): Pilze. Band 1: Lamellenpilze, Täublinge, Milchlinge und andere Gruppen mit Lamellen. BLV Verlagsgesellschaft, München/Wien/Zürich 1984, ISBN 3-405-12927-3, S. 299.
- ↑ Hans E. Laux (Hrsg.): Der Kosmos PilzAtlas. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 2002, ISBN 3-440-10622-5, S. 190.
- ↑ a b c Lactarius chrysorrheus in der PILZOEK-Datenbank. In: pilzoek.de. Abgerufen am 13. September 2011.
- ↑ a b German Josef Krieglsteiner (Hrsg.), Andreas Gminder, Wulfard Winterhoff: Die Großpilze Baden-Württembergs. Band 2: Ständerpilze: Leisten-, Keulen-, Korallen- und Stoppelpilze, Bauchpilze, Röhrlings- und Täublingsartige. Ulmer, Stuttgart 2000, ISBN 3-8001-3531-0, S. 390.
- ↑ Weltweite Verbreitung von Lactarius chrysorrheus. In: GBIF Portal / data.gbif.org. Archiviert vom Original am 2. April 2015. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Abgerufen am 14. September 2011.
- ↑ Jacob Heilmann-Clausen u. a.: The genus Lactarius. Fungi of Northern Europe. Hrsg.: The Danish Mycological Society,. Vol. 2, 1998, ISBN 87-983581-4-6, S. 271–73.
- ↑ Denchev, Cvetomir M. & Boris Assyov: CHECKLIST OF THE MACROMYCETES OF CENTRAL BALKAN MOUNTAIN (BULGARIA). In: Mycotaxon. Band 111:, 2010, S. 279–282 (online [PDF; 592 kB]).
- ↑ Z. Tkalcec & A. Mešic: Preliminary checklist of Agaricales from Croatia V:. Families Crepidotaceae, Russulaceae and Strophariaceae. In: Mycotaxon. Band 88, 2003, ISSN 0093-4666, S. 289 (online [abgerufen am 9. Januar 2012]). online (Memento des Originals vom 24. September 2015 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ T.V. Andrianova et al.: Lactarius of the Ukraine. Fungi of Ukraine. In: www.cybertruffle.org.uk/ukrafung/eng. 2006, abgerufen am 17. Januar 2012 (englisch).
- ↑ Kuulo Kalamees: Checklist of the species of the genus Lactarius (Phallomycetidae, Agaricomycetes) in Estonia. In: Folia Cryptogamica Estonica. Vol 44, S. 63–74.
- ↑ a b Marcel Bon (Hrsg.): Pareys Buch der Pilze. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 2005, ISBN 3-440-09970-9, S. 92.
- ↑ Ewald Langer: Rote Liste der Großpilze Hessens. (PDF; 540 kB) (Nicht mehr online verfügbar.) In: sachsen-anhalt.de. Hessisches Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Forsten, 2000, ehemals im Original; abgerufen am 29. Februar 2012. (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Ludwig Simon et al.: Rote Liste und Artenverzeichnis der Sprödblättler - Russulales - in Nordrhein-Westfalen. (PDF; 50 kB) (Nicht mehr online verfügbar.) In: lanuv.nrw.de. Ministerium für Umwelt und Forsten Rheinland-Pfalz, 2009, archiviert vom Original am 3. Dezember 2013; abgerufen am 29. Februar 2012. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Lactarius chrysorrheus. Fr. 1838. In: mycobank.org. Abgerufen am 29. Februar 2012.
- ↑ a b Maria Teresa Basso: Lactarius Persoon. Fungi Europaei. Vol. 7, 1999, ISBN 88-87740-00-3, S. 316–325.
- ↑ Denis R. Benjamin: Mushrooms: poisons and panaceas — a handbook for naturalists, mycologists and physicians. WH Freeman and Company, New York 1995, ISBN 0-7167-2600-9, S. 364/65.
- ↑ Garnweidner, Lamaison