Gräfte

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Haus Bodelschwingh: Gräfte mit Schloss und Mühle

Gräfte ist die westfälische Bezeichnung für einen Wassergraben, der ursprünglich einen Adelssitz zu Verteidigungszwecken umgab. In späteren Zeiten konnten Gräften Bestandteil der Gartengestaltung im Umfeld von Wasserschlössern sein. Bei einigen Adelssitzen war die Gräfte auch gleichzeitig der Mühlenteich für die herrschaftliche Kornmühle als Bannmühle.

Auch bäuerliche Höfe waren in der Nordhälfte Westfalens oftmals von Gräften umgeben. Die höchste Dichte solcher Gräftenhöfe befand sich um 1820 zwischen Ruhr und Lippe und im mittleren Münsterland.

Wortherkunft

Das ehemalige niederdeutsche Wort Graft für Graben und das niederländische Gracht sind verwandt. Der Unterschied entstand durch Lautverschiebung von ft zu cht.

Gräftenhöfe

Allgemein lassen sich Gräftenhöfe auf wenige Typen zurückführen.

Ovalrunde Ringgräfte mit Torhaus
Die ringförmige Gräfte umschließt einen abgerundeten Hofraum. Zwischen den Gebäuden und dem Graben liegt ein freier Bereich. Der Zugang erfolgte meist über eine Brücke und durch die Torscheune.
Rechteckige Gräfte mit starker Anlehnung an eine Wasserburg
Die ringförmige Gräfte umschließt einen rechteckigen Hofraum. Die Gebäude stoßen unmittelbar an den Graben, Haupthaus und Nebengebäude bilden ein offenes Rechteck. Der Zugang erfolgte durch eine Tordurchfahrt im Hauptgebäude.
Hof mit Speichergräfte
Bei diesen Hofanlagen war nur der sich meist am Rande des Hofes befindliche Speicher von Wasser umgeben.

Beispiele (Auswahl)

Adelssitze, Wasserschlösser, Wehr- und Gartenanlagen

Gräftenhöfe

Der Meierhof zu Bexten auf einer Karte von 1786: In der Mitte der eigentliche Hof mit der ihn umgebenden Gräfte.

Zur Zeit des Urkatasters sind in den Kreisen Detmold und Herford jeweils drei Gräftenhöfe nachgewiesen, im Kreis Lemgo 21 und im Kreis Bielefeld 25 Höfe.[1] In den OSM-Karten (angefügte Links) sind die Formen der Höfe heute teils noch gut zu erkennen.

Literatur

  • Rudolf Baier, Adolf Mader, Georg-Wilhelm Schluckebier und Heinrich Welslau: Chronik der Gemeinde Lockhausen. Hrsg.: Stadt Bad Salzuflen. A. Kirchhofer, Bad Salzuflen 1982, DNB 550854312, Mittelalterliche Wehrbauten, S. 278 ff.
  • Georg-Wilhelm Schluckebier: Gräftenhöfe in Ostwestfalen. In: Burgen und Schlösser. Band 2, 1968, S. 19 ff.
  • Gustav Wolff: Der Gräftenhof. Münster 1944.

Sonstiges

Das rund 960 Kilometer lange Radwegenetz der 100-Schlösser-Route führt weitgehend abseits von Autostraßen zu Burgen, Wasserschlössern, Herrensitzen und Gräftenhöfen, Schlossparks und Bauerngärten, Klöstern und Kirchen im Münsterland und Tecklenburger Land.

Weblinks

Commons: Gräfte – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. G.-W. Schluckebier: Gräftenhöfe in Ostwestfalen. 1968.
  2. Arbeitskreis 950-Jahrfeier Bexten (Hrsg.): 950 Jahre Bexten. 1. Auflage. Dröge, Bad Salzuflen-Schötmar August 1986, Der Amtsmeierhof - eine bauliche und geographische Beschreibung, S. 26.