Gregor Schiemann

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Gregor Schiemann (* 17. Juli 1954 in Hamburg) ist ein deutscher Philosoph und seit Januar 2020 ein Hochschullehrer im Ruhestand.[1]

Leben

Nach einer Werkzeugmacherlehre studierte Schiemann Maschinenbau, Physik und Philosophie in Kaiserslautern, Wien und Zürich. An der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich erwarb er 1988 ein Diplom in Physik. Von 1990 bis 2004 war er Lehrbeauftragter und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Philosophie der Technischen Universität Darmstadt, am Institut für Philosophie der HU Berlin und am Philosophischen Seminar der Universität Tübingen. Schiemann wurde 1995 mit einer Untersuchung zum Wandel des Wissenschaftsbegriffes im 19. Jahrhundert („Wahrheitsgewissheitsverlust“) in Darmstadt zum Dr. phil. promoviert. Er habilitierte sich 2003 in Tübingen in Philosophie mit einer Schrift über die gegenwärtige Pluralität von Naturvorstellungen („Natur, Technik, Geist“). In den Jahren 1990 und 2000 arbeitete er als Fellow am Dibner Institute for the History of Science and Technology in Cambridge (MA).

Seit 2004 ist Schiemann Professor für Philosophie mit dem Schwerpunkt Theorie und Geschichte der Wissenschaften an der Bergischen Universität Wuppertal. Seit Januar 2020 befindet er sich im Ruhestand. Er ist Gründungsmitglied des „Interdisziplinären Zentrums für Wissenschafts- und Technikforschung. Normative und historische Grundlagen“ (IZWT). Von 2009 bis 2014 war er Mitherausgeber des „Journal for General Philosophy of Science“ („Zeitschrift für Allgemeine Wissenschaftstheorie“). Seit 2016 ist er Sprecher der Forschergruppe "The Epistemology of the Large Hadron Collider".[2] 2018 wurde er als Vollmitglied in die "Internationale Akademie für Philosophie der Wissenschaften" aufgenommen.[3]

Seine Forschungsgebiete umfassen Wissenschaftsphilosophie und Naturphilosophie sowie Geschichte der Philosophie und Wissenschaftsgeschichte. Schwerpunkte seiner Arbeiten sind der Wandel des modernen Wissenschaftsbegriffes, die Philosophie der Naturwissenschaften –, insbesondere der Physik –, und die Pluralität der Naturauffassungen innerhalb und außerhalb der Wissenschaften.

Veröffentlichungen (Auswahl)

Monographien

  • Lebenswelt und Wissenschaft. De Gruyter, Berlin / New York 2021.
  • Wahrheitsgewissheitsverlust. Hermann von Helmholtz' Mechanismus im Anbruch der Moderne. Eine Studie zum Übergang von klassischer zu moderner Naturphilosophie. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1997, ISBN 978-3-534-13265-2.
    • Englische Ausgabe: Hermann von Helmholtz’s Mechanism: The Loss of Certainty. A Study on the Transition from Classical to Modern Philosophy of Nature. Springer, Dordrecht 2009, ISBN 978-1-4020-5629-1.
  • Natur, Technik, Geist. Kontexte der Natur nach Aristoteles und Descartes in lebensweltlicher und subjektiver Erfahrung. De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-110-18053-7.
  • Werner Heisenberg. Beck, München 2008, ISBN 3-406-56840-8.

Herausgeberschaften

  • Zusammen mit Joshua Rosaler, Robert Harlander, Miguel Ángel Carretero Sahuquillo: Naturalness, Hierarchy, and Fine-Tuning. In: Foundations of Physics. Band 49, Nr. 9, Springer, September 2019, ISSN 0015-9018.
  • Zusammen mit Brigitte Falkenburg: Mechanistic Explanations in Physics and Beyond. European Studies in Philosophy of Science. Springer 2019.
  • Zusammen mit Gernot Böhme: Phänomenologie der Natur. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1997.
  • Zusammen mit Michael Hauskeller, Christoph Rehmann-Sutter: Naturerkenntnis und Natursein. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1998, ISBN 3-518-28927-6.
  • Zusammen mit Dieter Mersch, Gernot Böhme: Platon im nachmetaphysischen Zeitalter. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2006, ISBN 978-3-534-18259-6
  • Zusammen mit Alfred Nordmann und Hans Radder (Hrsg.): Science Transformed? Debating claims of an epochal break. University of Pittsburgh Press, Pittsburgh 2011, ISBN 978-0-82296163-5.
    • Deutsche Ausgabe: Strukturwandel der Wissenschaft. Positionen zum Epochenbruch. Velbruck Wissenschaft, Weilerswist-Metternich 2014, ISBN 978-3-94239370-6.
  • Zusammen mit Renate Breuninger: Langeweile. Auf der Suche nach einem unzeitgemäßen Gefühl. Ein philosophisches Lesebuch. Campus, Frankfurt am Main / New York 2015, ISBN 978-3-593-50182-6.
  • Zusammen mit Thomas Kirchhoff u. a.: Naturphilosophie. Ein Lehr- und Studienbuch. UTB (Mohr Siebeck), Tübingen 2017, ISBN 978-3-825-24769-0.
  • Zusammen mit Dennis Lehmkuhl, Erhard Scholz: Towards a Theory of Spacetime Theories. Springer, Dordrecht 2017, ISBN 978-1-49393210-8.
  • Zusammen mit Michael Heidelberger, Helmut Pulte: Hermann von Helmholtz. Philosophische und populär-wissenschaftliche Schriften. 3 Bände. Hamburg: Meiner Verlag 2017, ISBN 978-3-7873-2896-3.

Beiträge

  • Old and New Mechanistic Ontologies. In: Brigitte Falkenburg und Gregor Schiemann (Hg.), Mechanistic Explanations in Physics and Beyond (Part of the European Studies in Philosophy of Science book series (ESPS, volume 11)). P. 33-46. Dordrecht: Springer 2019.
  • Phänomenologische Todesbegriffe. In: Inga Römer und Alexander Schell (Hg.), Phänomenologie und Metaphysik, Hamburg: Meiner Verlag 2019, S. 289-306.
  • The Coming Emptiness: On the Meaning of the Emptiness of the Universe in Natural Philosophy. In: Philosophies, Volume 4, Issue 1, 2019.
  • Levels of the World. Limits and Extensions of Nicolai Hartmann’s and Werner Heisenberg’s Conceptions of Levels. In: Horizon, Studies in Phenomenology, Volume 8, Issue 1, 2019 (Special issue: philosophy of Nicolai Hartmann), S. 103-122.
  • The Transparency of Disenchantment. In: Chiasma, A Site for Thought 2020.
  • Tausendfaltige Naturen. Zur Vielgestaltigkeit der Naturdeutungen in Novalis' "Die Lehrlinge zu Sais". In: Klaus Feldmann und Nils Höppner (Hg.), Wie über Natur reden? Philosophische Zugänge zum Naturverständnis im 21. Jahrhundert, Reihe PHYSIS, Freiburg: Karl Alber Verlag 2020, S. 91-106.
  • Das kommende Nichts. In: Information Philosophie, Heft 1, 2021, S. 18-22.
  • Totalität oder Zweckmäßigkeit? Kants Ringen mit dem Mannigfaltigen der Erfahrung im Ausgang der Vernunftkritik. Kant-Studien 1992/93, S. 294–303.
  • The Loss of World in the Image. Origin and Development of the Concept of Image in the Thought of Hermann von Helmholtz and Heinrich Hertz. In: Davis Baird (Hrsg.): Heinrich Hertz. Classical Physicist, Modern Philosopher. Dordrecht: Kluwer 1998, S. 25–38.
  • Natur: Kultur und ihr Anderes. In: Friedrich Jaeger, Burkhard Liebsch (Hrsg.): Handbuch der Kulturwissenschaften. Eine interdisziplinäre Bestandsaufnahme, Stuttgart: Metzler 2004, S. 60–75.[4]
  • Naturphilosophie als Arbeit am Naturbegriff, in: Christian Kummer (Hrsg.): Was ist Naturphilosophie und was kann sie leisten? Freiburg u. a.: Alber 2009, S. 151–169.
  • Is an epoch-making change in the development of science currently taking place? A critique of the ‘epochal-break-thesis’. In: M. Carrier und A. Nordmann (Hg.): Science in the Context of Application. Berlin: Springer 2011, S. 431–453.
  • Wahrheitsgewissheitsverluste. Nietzsches und Helmholtz’ Wissenschaftsauffassung im Anbruch der Moderne. In: Helmut Heit (Hg.): Nietzsches Philosophie des Wissens im Kontext des 19. Jahrhunderts. Berlin/New York: de Gruyter 2014, S. 46–75.
  • Nihilismus der Transparenz. Grenzen der Medienphilosophie Jean Baudrillards: In: Jan-Hendrik Möller, Jörg Sternagel, Lenore Hipper (Hg.) Paradoxalität des Medialen. Paderborn: Wilhelm Fink 2013, S. 237–254.
  • Die Relevanz nichttechnischer Natur. Aristoteles‘ Natur-Technik-Differenz in der Moderne. In: Gerald Hartung und Thomas Kirchhoff (Hg.), Welche Natur brauchen wir? Freiburg: Alber Verlag 2014, S. 67–96.
  • The Objectivity of Nihilism, in: Divinatio. Studia Culturologica 2016.
  • Quellen und Grenzen lebensweltlicher Vorstellungen vom Tod. In: Jassen Andreev et al. (Hg.): Das interpretative Universum, Würzburg: Königshausen und Neumann 2017, S. 415–439.

Weblinks

Einzelnachweise