Häusliche Intensivpflege
Die Häusliche Intensivpflege ist Häusliche Krankenpflege, die bis zu 24 Stunden am Tag gewährleistet wird. Menschen, die aus medizinischen Gründen einer ständigen Überwachung bzw. intensivpflegerischer Versorgung bedürfen, können mit Hilfe häuslicher Intensivpflege aus dem klinischen Bereich in ihr häusliches Umfeld zurückkehren bzw. dort verbleiben, zum Beispiel Langzeit-Beatmungspatienten. Das häusliche Umfeld bezieht sich auf die Wohnung des Betroffenen, die sich auch im Pflegeheim, bei seiner Familie, in einer Einrichtung des Betreuten Wohnens oder in einer Intensivpflege-Wohngruppe befinden kann.
Grundlage aller Versorgungen in Deutschland ist die Vorgabe der Krankenversicherungen „ambulant vor stationär“. Hierzu trat im Oktober 2020 das Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz in Kraft; der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) konkretisierte 2021 mit der Richtlinie zur außerklinischen Intensivpflege (AKI-RL) die Umsetzung der gesetzlichen Forderungen.
Eine einheitliche Begrifflichkeit für die Intensivpflege im häuslichen Bereich gibt es nicht. Sie wird auch als Beatmungspflege, 1-zu-1-Versorgung, ambulante Intensivpflege oder 24-Stunden-Pflege angeboten. Der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen verwendet in Deutschland die Bezeichnung Außerklinische Intensivpflege (AKI).[1]
Leistungen
Deutschland
In der Richtlinie zur außerklinischen Intensivpflege (AKI-RL) führt der Gemeinsame Bundesausschuss Voraussetzungen für verordnungsfähige Therapieleistungen auf und „konkretisiert, wie die Zusammenarbeit der verschiedenen betreuenden Berufsgruppen koordiniert werden soll“. Bei als beatmungspflichtig eingestuften Patienten fordert die Richtlinie frühzeitige und regelmäßige Überprüfungen dahingehend, ob eine Entwöhnung von der Beatmung möglich ist.[2]
Die Leistungen der häuslichen Intensivpflege umfassen Maßnahmen der Behandlungspflege nach SGB V und der Grundpflege nach SGB XI, wie sie auch in der stationären Kranken- bzw. Intensivpflege durchgeführt werden, unter anderem
- die Körperpflege des Patienten
- das Überwachen seiner Vitalsituation und bei Bedarf entsprechende Interventionen, zum Beispiel eine Reanimation
- der sachgerechte Umgang mit der erforderlichen Medizintechnik wie Infusions- und Spritzenpumpen, Beatmungs- und Überwachungsgeräten
- das Verabreichen von Injektionen und Infusionen
- Wundversorgung
- das Ausführen kleinerer invasiver Eingriffe – z. B. Einlage eines Blasenkatheters oder einer Magensonde
- Tracheostomaversorgung, endotracheales Absaugen
- Mobilisation oder spezielle Positionierungen des Patienten.
Außerdem werden bei Bedarf Hilfsmittel organisiert, Arzttermine und Untersuchungen veranlasst, die Zusammenarbeit mit Therapeuten aller Fachrichtungen und die Pflege sozialer Kontakte koordiniert. Unter Umständen werden auch hauswirtschaftliche Tätigkeiten, wie das Zubereiten kleiner Mahlzeiten, übernommen. Kooperationen mit Mitbewerbern oder anderen ambulanten Diensten sind zur Versorgung des Patienten möglich. So kann eine Übernahme von Nachtschichten in Kombination mit ambulanter Pflege durch andere Leistungserbringer (z. B. Diakonie, Caritas oder private Anbieter) kombiniert werden.
Rückzugspflege
Nach den Rahmenempfehlungen des GKV-Spitzenverbandes zur Versorgung mit Häuslicher Krankenpflege ist der jeweilige Pflegedienst gehalten, sich am Grundsatz der Rückzugspflege zu orientieren. Damit soll der Patient bzw. dessen soziales Umfeld befähigt werden, krankenpflegerischen Maßnahmen ganz oder teilweise durchzuführen. Der Pflegedienst dokumentiert den Versorgungsumfang, der nach ärztlicher Verordnung angepasst wird, und informiert die zuständige Krankenkasse über Beginn, voraussichtliche Dauer und Ende der anleitenden Maßnahmen. Die Maßnahmen sollen dabei in „Art, Umfang und Schwierigkeit der krankenpflegerischen Inhalte die Wünsche der Versicherten und des sozialen Umfeldes sowie deren Grenzen aktiver und passiver Pflegebereitschaft“ berücksichtigen.[3]
Versorgungsformen
In der häuslichen Intensivpflege haben sich unterschiedliche Versorgungsformen etabliert:[4]
- die häusliche Einzel- bzw. 1:1-Versorgung
- die Versorgung in spezialisierten Pflegeeinrichtungen bzw. Altenpflegeeinrichtungen
- die Versorgung in Pflege-Wohngemeinschaften mit Betreuung in 24-Stunden-Schichten durch einen Intensivpflegedienst
Ein geschäftsfähiger Klient kann sein Assistenzpersonal aber auch nach rein persönlichen Kriterien unabhängig von dessen beruflicher Qualifikation auswählen (Arbeitgeber- bzw. Assistenzmodell). Für die ärztliche Betreuung ist der Hausarzt zuständig.
Kosten und Kostenträger
Die Kosten für diese besondere Art der ambulanten Pflege werden in der Regel voll von den Krankenkassen, den Pflegekassen und der Beihilfe sowie den Sozialhilfeträgern übernommen. Die Anbieter rechnen ihre Leistungen im Gegensatz zur Grundpflege nicht als Module bzw. Leistungskomplexe ab, sondern in Stundensätzen nach Leistungsgruppe IV ab. Die Leistungen der einzelnen Unternehmen können, je nach dem Leistungskatalog des jeweiligen Anbieters, stark variieren. Die meisten Dienste übernehmen die Verhandlungen mit den Kostenträgern. Ein fester Zeitraum für die Versorgung des Betroffenen ist generell nicht vorgesehen, ein bestimmter Pflegegrad ist nicht erforderlich. Muss der Betroffene während der Betreuung im Krankenhaus behandelt werden, ruht der Versorgungsvertrag.
Voraussetzungen
Die Voraussetzung für häusliche Intensivpflege ergibt sich aus einem erhöhten Pflegeaufwand und/oder einer vitalen Bedrohung des Patienten, z. B. einer schweren Störung vitaler Funktionen wie lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen, Beatmung, respiratorische Insuffizienz, Bewusstlosigkeit, Koma, Störungen des Flüssigkeits-, Elektrolyt-, Säure- und/oder Basenhaushalts. Die Kosten für Alterserkrankungen wie beispielsweise eine reine Demenzversorgung werden in diesem Zusammenhang nicht getragen. Treten die Altersbeschwerden jedoch zusammen mit den oben genannten Krankheitsbildern auf, schließt dies eine Verordnung von Leistungen nicht aus.
Leistungserbringer
Leistungserbringer sind mobile Pflegedienste, die neben anderen Leistungen häusliche Intensivpflege anbieten oder sich allein darauf spezialisiert haben.
Pflegepersonal
In der häuslichen Intensivpflege wird Pflegepersonal unterschiedlicher Qualifikation eingesetzt. Je nach Einsatzbereich wird eine abgeschlossene Berufsausbildung als Altenpfleger, Gesundheits- und Krankenpfleger, Krankenpfleger, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger oder Kinderkrankenpfleger vorausgesetzt. Ausnahmen bilden Wohngruppen, die auch Pflegehelfer beschäftigen. Eine Weiterbildung zur Fachpflegekraft für Intensivpflege und Anästhesie oder Respiratory Therapist wird vom Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) für die Pflegedienstleitung eines Außerklinischen Intensivpflegedienstes empfohlen.[5]
Weblinks
- S2 – Leitlinie – Nichtinvasive und invasive Beatmung als Therapie der chronischen respiratorischen Insuffizienz (Memento vom 16. Mai 2011 im Internet Archive) (PDF; 1,14 MB)
- Häusliche Intensivpflege: Bundessozialgericht entlastet Pflegebedürftige und verpflichtet Krankenkassen – Berlin, 19. Oktober 2010 (Nr. 40/2010) (Memento vom 12. August 2011 im Internet Archive) (PDF; 16 kB)
- Übersicht Pflegedienste in Deutschland mit Leistungen AOK Pflegedienstnavigator
Einzelnachweise
- ↑ Qualitätsprüfungs-Richtlinie häusliche Krankenpflege (QPR-HKP) beschlossen. Meldung des MDS vom 11. Dezember 2017; abgerufen am 11. Februar 2019
- ↑ Außerklinische Intensivpflege wird neu aufgestellt – G-BA setzt gesetzlichen Auftrag um. Pressemitteilung des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 19. November 2021; abgerufen am 21. Dezember 2021.
- ↑ Rahmenempfehlungen nach § 132a Abs. 1 SGB V zur Versorgung mit Häuslicher Krankenpflege vom 10.12.2013 i. d. F. vom 14.10.2020. www.gkv-spitzenverband.de; abgerufen am 10. Dezember 2021.
- ↑ Außerklinische Intensivpflege: Aktuelle Herausforderungen im Hygienemanagement. Epidemiologisches Bulletin des Robert Koch-Instituts, Nr. 39 vom 28. September 2015; abgerufen am 11. Februar 2019.
- ↑ Anforderungsprofil für in der Intensivpflege tätige Pflegedienste. Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste e. V. (bpa), März 2009; abgerufen am 11. Februar 2019