Hôtel des Invalides
Das Hôtel des Invalides (deutsch Invalidenheim, französisch auch kurz Les Invalides) in Paris (7. Arrondissement) ist ein ursprünglich unter der Bezeichnung Hôtel royal des Invalides im Auftrag von König Ludwig XIV. in den Jahren von 1670 bis 1676 nach den Plänen der Architekten Libéral Bruant und Jules Hardouin-Mansart errichtetes Heim für kriegsversehrte, berufsunfähige Soldaten. Heute wird es geführt von der Institution nationale des Invalides und beherbergt mehrere Museen, darunter das bedeutende Musée de l’Armée, sowie im Invalidendom die Grabstätten Kaiser Napoleons I. und weiterer hoher Militärs.
Geschichte
Das Gebäude entstand zur Lösung des Problems, was mit den heimatlosen, arbeitslosen oder verwundeten Soldaten nach einem Krieg geschehen sollte.[1] Nicht nur aus Gründen der Humanität fühlten sich Herrscher verpflichtet, für die Soldaten zu sorgen, die ihr Leben riskiert und oft ihre Gesundheit beschädigt hatten. Auch aus Gründen der staatlichen Sicherheit empfahl sich eine solche Maßnahme, denn unbeschäftigte, aber waffenkundige Soldaten konnten gefährlich werden, wenn sie als marodierende Banden unkontrolliert durch das Land zogen. Schon im 12. Jahrhundert dachte Philipp Augustus deshalb an eine Art Hospital. Lange kamen alte Soldaten in Klöstern unter, wo sie häufig Unruheherde bildeten, weil sie sich nicht den strengen Mönchsregeln unterwerfen wollten.
König Ludwig XIV. sorgte mit dem Hôtel des Invalides für eine umfassende Lösung, bei der er für die Architektur die äußere Gestalt des spanischen Escorial zum Vorbild nahm und für die soziale Organisation die Tradition des Klosters. Die Anlage ist eine gewaltige militärische Gedächtnisstätte mit einem riesigen zentralen Innenhof, einem Kreuzgang vergleichbar, der von vier Nebenhöfen mit Wohntrakten umgeben war. Die alten und gebrechlichen Soldaten sollten hier ein geregeltes Leben führen. Ihre Tage waren mit Gottesdiensten und handwerklichen Betätigungen ausgefüllt.
Wohngebäude und Werkstätten
Die Militäranlage bildet ein großes, 390 Meter langes und 450 Meter breites Rechteck. Allein die viergeschossige Fassade ist 195 Meter breit. Sie beherbergt unter anderem ein Hospital und eine Manufaktur.
Den zu der sogenannten Esplanade gelegenen Vorplatz säumen aufgebockte Kanonenrohre des 17. und 18. Jahrhunderts. Durch den Haupteingangsprospekt gelangt man auf den Ehrenhof. Der Haupteingang wird von Kriegerstatuen in antikem Dekor gesäumt.
Durch den Haupteingang geht der Blick auf das Tempelmotiv auf der gegenüberliegenden Seite. Dieser gesamte Bereich ist streng symmetrisch gebaut. Die Mitte ist an den vier Trakten jeweils nur leicht dadurch betont, dass in der langen zweigeschossigen Arkadenreihe eine Dreiergruppe schwach herausgezogen und mit einem Dreiecksgiebel bekrönt wird, ohne dadurch den Eindruck der endlosen Reihung und damit militärischer Strenge und Disziplin zu schmälern.
Der Ehrenhof (französisch Cour d’Honneur) ist heute noch Schauplatz von Militärparaden. Auf der Südseite, gegenüber dem Haupteingang, befindet sich im Zentralbogen der oberen Galerie eine Bronzestatue Napoleons (von Charles Émile Seurre, 1833), die im Volksmund Le Petit Corporal genannt wird. Die oberen Gänge der Wohntrakte, die zum Ehrenhof hin liegen, sind ebenfalls mit historischem Kriegsgerät ausstaffiert.
Museen
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Die ehemaligen Werkstätten beherbergen heute unter anderem
- das Musée de l’Armée, eines der bedeutendsten heeresgeschichtlichen Museen der Welt,
- das Musée des Plans-Reliefs, das Museum für Festungsgeschichte mit Modellen von Städten, Häfen und Festungen,
- das Musée de l’Ordre de la Libération,
- das Historial Charles-de-Gaulle, in dem das Leben Charles de Gaulles dargestellt wird.
Kirchen
Nach der Inbetriebnahme wurden dem Gebäudekomplex zwei Kirchen hinzugefügt:
Soldatenkirche
Der Rohbau der sogenannten Soldatenkirche, der Cathédrale Saint-Louis-des-Invalides, wurde 1676 begonnen und bereits 1677 mit der Überdachung abgeschlossen. Die zur Kathedrale erhobene Kirche ist Sitz der römisch-katholischen Diözese der französischen Armeen (Diocèse des Armées françaises).
Orgel
Die Orgel wurde 1687 von dem Orgelbauer Alexandre Thierry mit 37 Registern auf vier Manualen und Pedal erbaut. Das Instrument wurde mehrfach repariert und erweitert. Rekonstruiert wurde das Instrument insbesondere durch den Orgelbauer Gadault im Jahre 1852, und in den Jahren 1957, 1962 und 1979 durch den Orgelbauer Beuchet-Debierre. Dementsprechend heterogen ist das heutige Pfeifenwerk in der Orgel. Sie hat heute 64 Register auf drei Manualen und Pedal. Die Trakturen sind elektrisch.[2]
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Église du Dôme – Grabmal Napoleons
Die im Anschluss an die Soldatenkirche in Auftrag gegebene, ebenfalls dem heiligen Ludwig geweihte, nach ihrer Kuppel (frz. dôme) „Église du Dôme“ genannte ehemalige Chapelle royale des Invalides wird im Deutschen „Invalidendom“ genannt. Diese Bezeichnung als Dom ergab sich aus dem „falschen Freund“ dôme; es handelt sich nicht um den Sitz des Militärbischofs (siehe oben). Der in den Jahren 1677 bis 1691 errichtete Rohbau konnte aufgrund von Kapitalmangel erst im Jahr 1706 endgültig vollendet und ausgeschmückt werden. Ein Gesetz bestimmte das Gebäude am 10. Juni 1840 zum Grabmal Napoleons. Die Aushebung und Ausstattung der Krypta, die den Innenraum der Kuppelkirche erheblich veränderten, nahmen rund zwanzig Jahre in Anspruch und wurden 1861 abgeschlossen.
Gouverneure des Invalidenheims
- ????–????: ? Lemaçon d’Ormoy (?–1675)
- 1678–1696: André Blanchard de Saint-Martin de Taley (1613–1696)
- 1696–1705: Nicolas Desroches d’Orange (1626–1705)
- 1705–1722: Alexandre de Boyveau (1660–1722) ???
- 1723–1730: ? Beaujeu de Jauges ?
- 1730–1738: Pierre de Vissec de Latude de Ganges (1652–1738)
- 1738–1742: Joseph de Mornay de Saint-André (1670–1742)
- 1742–1753: Jean-Marie Cornier de la Courneuve (1670–1753)
- 1753–1760: François d’Azemard de Panat de la Serre (1695–1766)
- 1766–1783: Jean-Baptiste-Joseph de Sahuguet-Damarzil (1713–1783), baron d’Espagnac
- 1783–1786: Jacques Antoine Hippolyte de Guibert (1743–1790)
- 1786–1792: Charles François de Virot de Sombreuil (1725–1794)
- ?
- 1796?–1804: Jean-François Berruyer (1737–1804)
- 1804–1816: Jean Mathieu Philibert Sérurier (1742–1819)
- 1816–1821: Henri de Franquetot, duc de Coigny (1737–1821)
- 1821–1830: Marie Victor Nicolas de Fay de La Tour-Maubourg (1768–1850)
- 1830–1833: Jean-Baptiste Jourdan (1762–1833)
- 1833–1837: Charles-Marie Denys de Damrémont (* 1783)
- 1837–1842: Bon-Adrien-Jeannot de Moncey (1754–1842)
- 1842–1847: Nicolas Charles Oudinot (1767–1847), duc de Reggio
- 1847–1848: Gabriel Jean Joseph Molitor (1770–1849)
- 1848–1852: Jérôme Bonaparte (1784–1860)
- 1852–1853: Jean Toussaint Arrighi de Casanova (1778–1853)
- 1853–1863: Philippe-Antoine d’Ornano (1784–1863)
- 1863–1883: Edmond de Martimprey (1808–1883)
- 1883–1891: Louis Sumpf (1816–1891)
- 1891–1902: Paul-Edouard Arnoux (1822–1902)
- 1902–1919: Gustave Léon Niox (1840–1921)
- 1919–1923: Gabriel Malleterre (1858–1923)
- 1923–1944: Augustin Mariaux (1864–1944)
- 1944–1944: Marie-Joseph Pinon (1888–1947)
- 1944–1951: Antoine Rodes (1870–1951)
- 1951–1960: Jean Houdémon (1885–1960)
- 1961–1962: André Kientz (1896–1962)
- 1962–1964: Raoul Magrin-Vernerey (1892–1964), Pseudonym Ralph Monclar
- 1964–1973: Jacques de Grancey (1894–1973)
- 1973–1991: Gabriel de Galbert (1912–2001)
- 1991–1997: Maurice Schmitt (1930– )
- 1997–2002: Bertrand Guillaume de Sauville de La Presle (1937– )
- 2002–2009: Hervé Michel Gobilliard
- 2009–2014: Bruno Cuche (1948– )
- 2014–2017: Bertrand Ract-Madoux (1953– )
- 2017-heute: Christophe de Saint Chamas (1959– )
Literatur
- Les Invalides. Trois siècles d’histoire. 2 Bde. Paris 1974.
- Bertrand Jestaz: L’Hôtel et l’église des Invalides (= Monuments en perspective.). Paris 1990.
- Jean-Marcel Humbert, Lionel Dumarche, Susanna Prause: Das Grabmal Napoleons & Das Invalidenheim. Editions la Goélette, Paris 1988, ISBN 2-906880-03-5.
Einzelnachweise
- ↑ Dazu allgemein Bronisław Geremek: Geschichte der Armut. Elend und Barmherzigkeit in Europa. Artemis, München 1988, ISBN 3-7608-1917-6, S. 274–281; Achim Hölter: Die Invaliden. Die vergessene Geschichte der Kriegskrüppel in der europäischen Literatur bis zum 19. Jahrhundert. Metzler, Stuttgart 1995, ISBN 3-476-01273-5, zugleich Habilitationsschrift, Universität Wuppertal, 1993.
- ↑ Nähere Informationen zur http://www.uquebec.ca/musique/orgues/france/slouisip.html Orgel
Weblinks
- Hôtel des Invalides in der Base Mérimée des französischen Kulturministeriums (französisch)
- Hôtel des Invalides. In: archINFORM. (französisch)
- Offizielle Website (französisch)
Koordinaten: 48° 51′ 20,9″ N, 2° 18′ 45,5″ O