Habitueller Abort

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Klassifikation nach ICD-10
O26.2 Schwangerschaftsbetreuung bei Neigung zu habituellem Abort
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Um einen habituellen Abort oder eine wiederholte Fehlgeburt handelt es sich ab der dritten spontanen Fehlgeburt zunächst unklarer Ursache. Habituelle Aborte treten bei ca. 1 % aller Paare mit Kinderwunsch auf, wobei sich in 40 % der Fälle keine Ursache finden lässt.

Einteilung

Von einem primären habituellen Abort wird bei wiederholter Fehlgeburt ohne bisherige ausgetragene Schwangerschaft, von einem sekundären habituellen Abort bei einer davor oder dazwischen auch ausgetragenen Schwangerschaft gesprochen.

Ursachen

Von den vielen möglichen Gründen für habituelle Aborte sind nur elterliche Chromosomenauffälligkeiten (z. B. balancierte Translokationen), das Antiphospholipid-Syndrom als einer erworbenen Thrombophilie, Gebärmutterfehlbildungen und eine Zervixschwäche allgemein anerkannt.[1] Als weitere Ursachen werden hormonelle Störungen (Hyperprolaktinämie, Schilddrüsenfunktionsstörungen, Gelbkörperinsuffizienz, Hyperandrogenämie sowie das PCO-Syndrom)[2], angeborene (z. B. Faktor-V-Leiden-Mutation, Prothrombin-Mutation, Protein-S-Mangel), Autoimmunerkrankungen (Systemischer Lupus erythematodes) oder Infektionen durch Ureaplasmen, Chlamydien und Toxoplasmen angegeben. Andere infektiöse Ursachen sind eher unwahrscheinlich. Als mögliche Erklärung wiederholter Fehlgeburten wird auch eine gestörte Interaktion des mütterlichen mit dem kindlichen Gewebe angenommen.

Folgen

Wiederholte Fehlgeburten stellen sowohl für die Mutter wie die behandelnden Ärzte eine große Belastung dar. Bei einem Drittel der betroffenen Frauen kommt es zu einer klinisch signifikanten Depression, in 20 % zu Angstzuständen.[3] Frustrierend ist dabei insbesondere die Tatsache, dass oft kein Grund für die Fehlgeburten angegeben und dementsprechend auch keine erfolgversprechende Behandlung angeboten werden kann.[4]

Abklärung, Therapie

Bei einem Antiphospholipidsyndrom erfolgt aufgrund der vermehrten Thromboseneigung eine Gerinnungshemmung mit Acetylsalicylsäure (ASS) und niedermolekularen Heparinen.

Bei Patientinnen mit habituellem Abort- oder Frühgeburtsneigung kann der frühe totale Muttermund-Verschluss (FTMV) die Chance, ein überlebendes Kind zu behalten, möglicherweise deutlich steigern.[5]

Literatur

  • J. R. Scott: Immunotherapy for recurrent miscarriage. In: Cochrane Database of Systematic Reviews, 2003; 1, S. CD000112.
  • K. Shakhar, E. Rosenne, R. Loewenthal, G. Shakhar, H. Carp, S. Ben-Eliyahu: High NK cell activity in recurrent miscarriage: what are we really measuring? In: Human Reproduction, 2006, 21, S. 2421–2425.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. R. M. Lee, R. M. Silver: Recurrent pregnancy loss: summary and clinical recommendations. In: Semin Reprod Med. 2000;18(4), S. 433–440. PMID 11355802
  2. S2k-Leitlinie Diagnostik und Therapie von Frauen mit wiederholten Spontanaborten der Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (DGGG). In: AWMF online (Stand 02/2018)
  3. R. Rai, L. Regan: Recurrent miscarriage. In: Lancet, 2006, 368, S. 601–611; PMID 16905025
  4. M. Dhont: Recurrent miscarriage. In: Curr Womens Health Rep., 2003 Oct;3(5), S. 361–366; PMID 12959693
  5. Erich Saling, Monika Schreiber: Früher Totaler Muttermund-Verschluss (FTMV).