Hannah Vogt

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Hannah Adelheid Charlotte Vogt (* 3. März 1910 in Charlottenburg bei Berlin; † 13. Februar 1994 in Göttingen) war eine deutsche Autorin.

Leben

Die Tochter des Göttinger Bibliotheksrates Wilhelm Vogt begann nach der Reifeprüfung 1929/30 ein Studium der Naturwissenschaften in Berlin. 1930 wechselte sie sowohl das Studienfach als auch den Studienort und studierte fortan Volkswirtschaft zunächst in Hamburg, im Folgejahr dann an der Georg-August-Universität Göttingen.

Vogt trat im August 1930 in die KPD ein. Fünf Tage nach der Reichstagswahl März 1933 wurde sie wegen Verdachts des Hochverrats in Osterode am Harz inhaftiert. Am 3. Juni 1933 wurde sie als eine der ersten weiblichen „Schutzhäftlinge“ ins KZ Moringen überstellt, wo sie bis Dezember 1933 ohne Gerichtsverfahren festgehalten und erst im Zuge einer Weihnachtsamnestie begnadigt wurde. Vogts 92 Briefe umfassende Korrespondenz aus dieser Zeit ist erhalten und inzwischen veröffentlicht. Nach der Entlassung übte sie zunächst eine Tätigkeit als Mitarbeiterin der Einwandererzentrale des Reichssicherheitshauptamtes aus. 1942 nahm sie ihr Studium der Volkswirtschaft in Marburg wieder auf, um es zwei Jahre später mit einem Diplom abzuschließen. Im Dezember 1945 wurde Hannah Vogt an der Universität mit ihrer Studie zur Dr. phil. promoviert.[1] Es war die zweite Dissertation an der Georg-August-Universität nach deren Wiedereröffnung. Nach dem Krieg engagierte sich Vogt stark bei der Göttinger Nothilfe. Zeitlebens setzte sie sich für eine Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus ein. So hatte sie auch eine Zeitlang den Vorsitz der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit inne.

Ihr Interesse an Politik und neuester Geschichte bestimmte auch ihr berufliches Betätigungsfeld bei der hessischen Landeszentrale für Heimatdienst und später bei der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung. 1961 veröffentlichte Hannah Vogt mit ihrer kritischen Studie Schuld oder Verhängnis? – 12 Fragen an Deutschlands jüngste Vergangenheit einen Bestseller, der sich bereits in den ersten zwei Jahren 400.000 Mal verkaufte. Es folgten diverse Veröffentlichungen zu politischen und historischen Themen sowie Herausgeberschaften der Schriften von Friedrich Naumann und Heinz Rosenberg.

Politisch war sie nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst in der Freien Demokratischen Partei aktiv, ab 1962 in der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. 1948 kandidierte sie erstmals für den Rat der Stadt Göttingen. Sie wurde zwar nicht gewählt, rückte aber später nach. Auf ihre Initiative richtete die Stadt jährliche „Jungbürgerfeiern“ ein, auf denen die neuen Wahlberechtigten begrüßt wurden. Ihre Kandidatur für den Posten des Göttinger Oberbürgermeisters 1973 wurde hingegen von der FDP verhindert, die keine Abtrünnige akzeptieren wollte. 1978 wurde Hannah Vogt das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen.[2] Am 14. März 1987 wurde sie zur Ehrenbürgerin von Göttingen ernannt. Kurz vor ihrem 84. Geburtstag gestorben, wurde sie auf dem Stadtfriedhof (Göttingen) beigesetzt. Im November 2003 wurde in ihrer Osteroder Gefängniszelle eine Gedenkstätte eingerichtet.

Werke

  • 1945: Der Arbeiter. Wesen und Probleme bei Friedrich Naumann, August Winnig, Ernst Jünger, Dissertationsschrift, Grone-Göttingen: Schönhütte.
  • 1946: Der zweite Reiter. Gedichte, Lüneburg: Heliand.
  • 1948: Der Regenbogen, Lüneburg: Heliand.
  • 1952: Die Fibel der Staatsbürgerin, Wiesbaden: Büro für Frauenfragen in der Gesellschaft zur Gestaltung öffentlichen Lebens.
  • 1955: Der Haushalt der Gemeinde, Hessische Landeszentrale für Heimatdienst.
  • 1955: Wir und die Polizei, Wiesbaden: Hessische Landeszentrale für Heimatdienst.
  • 1956: Die Suez-Krise, Wiesbaden: Hessische Landeszentrale für Heimatdienst.
  • 1957: Schwarz und weiß: Zur Woche der Brüderlichkeit, Wiesbaden: Hessische Zentrale für Heimatdienst.
  • 1957: Wer die Wahl hat ..., Weinheim: Beltz.
  • 1958: Die Juden und wir. Zur Woche der Brüderlichkeit 8.–15. März 1958, Wiesbaden: Hessische Zentrale für Heimatdienst.
  • 1959: Selbstkritik der Völker. Zur Woche der Brüderlichkeit 8.–14. März 1959, Wiesbaden: Hessische Zentrale für Heimatdienst.
  • 1959: Gerechtigkeit erhöhet ein Volk: Ein Lesebuch zur Rechtsgeschichte und Rechtserziehung, Frankfurt am Main-Berlin-Bonn: Diesterweg.
  • 1960: Flüchtlinge in aller Welt. Zur Woche der Brüderlichkeit 14.–19. März 1960, Wiesbaden: Hessische Zentrale für Heimatdienst.
  • 1961: Schuld oder Verhängnis? 12 Fragen an Deutschlands jüngste Vergangenheit, Frankfurt am Main-Berlin-Bonn: Diesterweg.
  • 1963: Zum 17. Juni 1963: „Es geht um Freiheit!“, Wiesbaden: Hessische Zentrale für Heimatdienst.
  • 1963: Joch und Krone: Geschichte des jüdischen Volkes vom Exodus bis zur Gründung des Staates Israel, Frankfurt am Main: Ner-Tamid-Verlag.
  • 1965: Israel, die Araber und die Bundesrepublik, Wiesbaden: Hessische Zentrale für Heimatdienst.
  • 1965: Recht muß doch Recht bleiben: Die Prozesse gegen NS-Gewaltverbrecher, Wiesbaden: Hessische Zentrale für Heimatdienst.
  • 1967: Nationalismus gestern und heute: Texte und Dokumente, Opladen: Leske.
  • 1969: Demokratie gleich Mitdenken und Mitentscheiden, Gütersloh: Bertelsmann Ratgeberverlag.
  • 1969: Parlamentarische und außerparlamentarische Opposition, Wiesbaden: Hessische Landeszentrale für politische Bildung.
  • 1978: Georg Diederichs, Zur Woche der Brüderlichkeit 8.–15. März 1958, Hannover: Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung.

Literatur

  • Hans Hesse (Hrsg.): Hoffnung ist ein ewiges Begräbnis. Briefe von Dr. Hannah Vogt aus dem Gerichtsgefängnis Osterode und dem KZ Moringen 1933, Bremen: Ed. Temmen 1998.
  • Ute Hinze, Bettina Kratz-Ritter: Hannah Vogt. Göttinger Ratsfrau und Ehrenbürgerin, Schriften der Göttinger Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Heft 4, Göttingen 2006.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Dissertation: Der Arbeiter. Wesen und Probleme bei Friedrich Naumann, August Winnig und Ernst Jünger.
  2. Bekanntgabe von Verleihungen des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. In: Bundesanzeiger. Jg. 30, Nr. 172, 13. September 1978.