Hans Haberl

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Hans Haberl (* 5. März 1924 in München; † 19. Dezember 2016) war ein deutscher jugendlicher Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus aus Grafing bei München; er gehörte dem Kreis um Walter Klingenbeck an. Haberl wurde am 24. September 1942 „wegen landesverräterischer Feindbegünstigung, Vorbereitung zum Hochverrat und Schwarzsendens“[1] zum Tode verurteilt, aber am 19. Juli 1943 zu 8 Jahren Zuchthaus begnadigt.

Kindheit, Schulzeit, Berufsausbildung

Hans Haberl kam am 5. März 1924 als Sohn des Grafinger Lebensmittelhändlers Johann Haberl und dessen Ehefrau Kreszenz, einer geborenen Huber, in München zur Welt. Von der 1. bis zur 6. Klasse besuchte er die Volksschule in Grafing; in der 7. und 8. Klasse die Volksschule mit Schülerheim der Barmherzigen Brüder in Algasing bei Dorfen. In Elternhaus und Schulen erfährt Haberl eine intensive katholisch-religiöse Prägung.

Haberl absolvierte zunächst eine kaufmännische Lehre bei der Firma F. Scharff in München, anschließend im Edeka-Großhandel und schließt die Lehre mit der Gesellenprüfung ab. Er wohnt in dieser Zeit im katholischen Lehrlingsheim Salesianum. Haberl beschäftigt sich in seiner Freizeit mit elektrotechnischen Geräten, besucht Kurse beim Deutschen Amateur-Sende- und Empfangsdienst und spezialisiert sich dabei auf Hochfrequenztechnik. Am 1. November 1941 tritt Haberl eine Stelle als Hochfrequenztechniker bei der Firma Anders und Co. in München an und plant, Ingenieur zu werden. Im Salesianum freundet sich Haberl mit dem Flugmotorenschlosserlehrling Erwin Eidel an und teilt sich eine Wohnung in der Zweigstraße 7/I mit ihm.

Widerstandsarbeit

In der Kaufmannsschule lernt Haberl den Lehrling und Mitschüler Walter Klingenbeck kennen, der sich ebenfalls für Funktechnik interessiert, wie Haberl tief katholisch geprägt ist und die kirchenpolitischen Maßnahmen des NS-Regimes („Kruzifix-Erlass“ des bayerischen Kultusministers Adolf Wagner, April 1941) ablehnt.

Haberl besucht Klingenbeck mehrmals in dessen Wohnung in der Amalienstraße 44/I und hört mit ihm gemeinsam deutschsprachige Nachrichten des Londoner Rundfunks (BBC) und andere Sender („Feindsender“).

Klingenbeck informiert Haberl über die von ihm gemäß einem BBC-Aufruf geplante und durchgeführte "V-Aktion". Im September 1941 malte Klingenbeck mit schwarzem Altöl große V-Zeichen an etwa 40 Gebäude in München; Haberl beteiligte sich aus Angst vor Entdeckung nicht an der Aktion.

Haberl unterstützt Klingenbeck bei der Textgestaltung von Flugblättern zur Förderung des Umsturzzieles.

Im Herbst 1941 bauen Haberl und Klingenbeck eine kleine Sendeanlage und versuchen Übertragungen zwischen München und Haberls Grafinger Elternhaus.

Denunziation, Verhaftung, Vernehmung, Verurteilung

Die Münchner Radio-Geschäftsinhaberin Klara Dietmayer denunziert Klingenbeck bei der Gestapo; in der Folge werden dieser am 26. Januar 1941 und Haberl am 29. Januar 1941 festgenommen. Haberl wird fünfmal vernommen. In seinen ersten Vernehmungen versucht er, die Verantwortung für die ihm zur Last gelegte „staatsfeindliche Betätigung“ von sich zu weisen. Erst in seiner vierten Vernehmung gibt er zu, dass er nicht nur aus Interesse an der Funktechnik gehandelt habe, sondern „selbst innerlich gegen den nationalsozialistischen Staat eingestellt“ zu sein. Elternhaus, Schule und seine Umgebung hätten ihn zu einem „konfessionell äußerst gebundenen Menschen“ gemacht.

Nach seinem ersten Geständnis reicht Haberl in den ersten Monaten 1942 mehrere Schreiben an den Gestapo-Sachbearbeiter Krüger, später an den Jugendstaatsanwalt, ein, in denen er den Anschein zu wecken versucht, das NS-System stützen zu wollen und auch versucht, die Verantwortung für die der Widerstandsgruppe zur Last gelegten Taten abzuwälzen.

Am 24. September 1942 verhandelt der 2. Senat des Volksgerichtshofes unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten Karl Engert im Schwurgerichtssaal des Justizpalastes in München den Fall „Klingenbeck und andere“. Haberl, Klingenbeck und von Recklinghausen werden, obwohl minderjährig, „wegen landesverräterischer Feindbegünstigung, Vorbereitung zum Hochverrat und Schwarzsendens“ zum Tod verurteilt, das weitere Gruppenmitglied Eidel erhält „wegen Nichtanzeige eines hochverräterischen Unternehmens, Abhörens ausländischer Rundfunksender und Beihilfe zur Schwarzsendung“ eine Strafe von acht Jahren Zuchthaus. Der Tatbestand, dass alle vier Angeklagten zum Zeitpunkt der ihnen zur Last gelegten Handlungen noch Jugendliche gewesen sind, wird vom Gericht mit dem Argument beiseite gewischt, dass die Betroffenen, obwohl sie vor Gericht als „Lausbuben“ und „Rotzjungen“ beschimpft werden, „ihrer geistigen und sittlichen Entwicklung nach einer über 18 Jahre alten Person gleich zu achten“ seien. Mehrere Gnadengesuche werden abgelehnt.

Begnadigung

Am 2. August 1943 wird Haberl und von Recklinghausen im Vollstreckungsgefängnis Stadelheim mitgeteilt, dass sie vom Reichsjustizminister Dr. Otto Thierack begnadigt worden seien und dass ihre Todesstrafe in acht Jahre Zuchthaus umgewandelt worden sei. Walter Klingenbeck wird drei Tage später, am 5. August 1943, mitgeteilt, dass er als Anführer der Widerstandsgruppe noch am selben Tag mit dem Fallbeil hingerichtet werde. In einem Abschiedsbrief an Haberl schreibt er:

„Lieber Jonny! Vorhin habe ich von Deiner Begnadigung erfahren. Gratuliere! Mein Gesuch ist allerdings abgelehnt. Ergo geht’s dahin. Nimm’s net tragisch. Du bist ja durch. Das ist schon viel wert. Ich habe soeben die Sakramente empfangen und bin jetzt ganz gefaßt. Wenn Du etwas für mich tun willst, bete ein paar Vaterunser. Lebe wohl. Walter.“

Haberl gelingt es 1944, in der Haft mit eingeschmuggelten Materialien einen Kleinstempfänger von der Größe einer Streichholzschachtel zu bauen. Mit diesem durchbricht er in der Folge für sich und seine Mithäftlinge die Isolation von der Außenwelt.

Nach dem Einmarsch der Amerikaner in München am 1. Mai 1945 werden Haberl, von Recklinghausen und Eidel aus dem Gefängnis Stadelheim entlassen.

Nachkriegszeit

Nach seiner Haftentlassung ging Haberl wieder zurück in seine Heimatgemeinde Grafing. Ab Juni 1952 betrieb er in seinem Elternhaus in Grafing (Bahnhofstraße) einen Radio-Reparaturbetrieb. Aus diesem entwickelte sich in der Folge ein Einzelhandelsgeschäft für Radio, TV und Elektro samt Entwicklungslabor, das bis 1983 bestand. Er betrieb eine eigene Funkstation (Funkzeichen DA2DH, später DL1AX) und setzte sich intensiv für den Amateurfunk in Deutschland ein.

Haberl verstarb am 19. Dezember 2016.

Quellen

Siehe entsprechende Abschnitte bei Walter Klingenbeck. Ferner Zeitzeugen-Berichte und unveröffentlichtes Material des Grafinger Stadt-Archivars Bernhard Schäfer.

Einzelnachweise