Hansmartin Decker-Hauff

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Hansmartin Decker-Hauff, geboren als Hansmartin Decker (* 29. Mai 1917 in Oberjettingen; † 31. März 1992 in Stuttgart) war ein deutscher Historiker und Genealoge.

Leben

Der Sohn des Oberjettinger Pfarrers Eberhard Decker und Urenkel von Franziska Katharina Decker, geb. Hauff (daher der Namenszusatz Hauff, aus der Löwen-Hauff-Linie) machte das Abitur am Eberhard-Ludwigs-Gymnasium in Stuttgart und studierte in Tübingen, München und Wien die Fächer Geschichte, Klassische Philologie, Kunstgeschichte und Germanistik. Er wurde 1937 Mitglied der Tübinger Burschenschaft Derendingia.[1] 1938 wurde er Mitglied des Württembergischen Geschichts- und Altertumsvereins. Im Jahr 1939 erfolgte in Wien das Staatsexamen für das Lehramt. Eine bei Hans Hirsch begonnene Dissertation über die Immunität englischer Klöster musste wegen des Kriegsausbruches aufgegeben werden. Nach Wehrdienst und Kriegsgefangenschaft wurde er 1946 bei Otto Brunner promoviert mit der Arbeit Entstehung und Entwicklung der altwürttembergischen Ehrbarkeit.

Decker-Hauff arbeitete zunächst von 1945 bis 1947 als wissenschaftliche Hilfskraft am Kunsthistorischen Museum in Wien und ab 1948 am Hauptstaatsarchiv Stuttgart. In Stuttgart wurde auch sein Entnazifizierungsverfahren durchgeführt; der Einstellungsbeschluss vom 31. März 1948 ist bereits an den Staatsarchivrat adressiert.[2] 1949 gehörte er der Württembergischen und ab 1954 der Baden-Württembergischen Kommission für Landesgeschichte an, in deren Vorstand er seit 1956 aktiv war. In seiner achtjährigen Archivzeit beschäftigte er sich besonders mit der Geschichte Altwürttembergs. Im Jahr 1956 folgte er dann Otto Herding als außerordentlicher Professor auf den Lehrstuhl für Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften an der Universität Tübingen. Er wurde 1962 zum ordentlichen Professor ernannt. Er gehörte dem Institut für Österreichische Geschichtsforschung an. Seit 1965 war er Mitglied beim Alemannischen Institut und saß später in dessen Beirat. 1972 gehörte er der Inschriftenkommission der Heidelberger Akademie der Wissenschaften an.

Bis zu seiner Emeritierung am 30. September 1982 leitete er das Institut für Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften der Universität Tübingen. Er betreute über siebzig Dissertationen. Zu seinen akademischen Schülern gehörten Wolfram Angerbauer, Günter Cordes, Franz Quarthal, Gerhard Raff und Klaus Schreiner. Ihm wurde für seine „Geschichte der Stadt Stuttgart“ der Schillerpreis der Stadt Marbach am Neckar (1967) verliehen. Außerdem erhielt er die Universitätsmedaille der Universität Tübingen (1977) und die Medaille für besondere Verdienste um das Land Baden-Württemberg (1977) sowie die Bürgermedaille der Stadt Stuttgart (1982) und das Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse (1982). Hansmartin Decker-Hauff wurde Ehrenbürger seiner Heimatgemeinde Jettingen, wo eine Grundschule nach ihm benannt wurde. Ferner gibt es in Göppingen eine Decker-Hauff-Straße. Sein wissenschaftlicher Nachlass[3] befindet sich zusammen mit dem Familienarchiv Decker-Hauff[4] im Hauptstaatsarchiv Stuttgart.

Kritik

Erst nach seinem Tod wurde in Historikerkreisen bekannt, in welchem Umfang die bereits zu seinen Lebenszeiten umstrittenen genealogischen Studien auf eigenen Quellenfälschungen beruhten.[5]

In der neueren Forschung abgelehnt werden die von Decker-Hauff im Katalog zur Stuttgarter Stauferausstellung 1977 aufgestellten genealogischen Hypothesen, die mit den gefälschten Quellenstellen belegt werden sollten.[6] Der Bonner Historiker Tobias Weller kommt zu dem Schluss, dass es die angeblichen Heiratsverbindungen nie gegeben hat.[7]

Klaus Graf und Gerhard Lubich[8] konnten unabhängig voneinander durch Auswertung der erhaltenen Reste des 1944 im Zweiten Weltkrieg stark beschädigten Roten Buchs des Klosters Lorch zeigen, dass die von Decker-Hauff aus dieser Quelle mitgeteilten Exzerpte dort nicht gestanden haben können. Dieses Ergebnis, das auf den Vorwurf einer Quellenfälschung an die Adresse Decker-Hauffs hinausläuft, wurde in der Forschung akzeptiert.[9]

Auch das von Decker-Hauff wiederholt angeführte Hauff’sche Epitaphienbüchlein ist allem Anschein nach eine Erfindung Decker-Hauffs.[10] Eine fachwissenschaftliche Verteidigung, die Decker-Hauff gegen diese Vorwürfe in Schutz nähme, existiert nicht.

In seiner Geschichte der Stadt Stuttgart postulierte Decker-Hauff deren Stadterhebung durch Hermann V. von Baden im Jahr 1219 – eine These, die in der Fachwelt keine Akzeptanz fand. Vielmehr gilt der 8. März 1229 als erstes urkundlich gesichertes Datum (Nennung in einer Urkunde Papst Gregors IX. für das Kloster Bebenhausen).[11]

Schriften (Auswahl)

  • Frauen im Hause Württemberg. DRW-Verlag, Leinfelden-Echterdingen 1997.
  • Gärten und Schicksale. Historische Stätten und Gestalten in Italien. DVA, Stuttgart 1992.
  • Geschichte der Stadt Stuttgart. Bd. 1: Von der Frühzeit bis zur Reformation. Kohlhammer, Stuttgart 1966.
  • Adel und Landesherren im nördlichen Schwarzwald. Kohlhammer, Stuttgart 1954.

Literatur

Weblinks

Anmerkungen

  1. Mitglieder-Verzeichnis der Burschenschaft Derendingia zu Tübingen. 1967, Stammrollen-Nr. 843. Vgl. dazu auch Hansmartin Decker-Hauff: Zum 90. Stiftungsfest der Burschenschaft Derendingia. In: Tübinger Blätter 54 (1967), S. 74–80. (Digitalisat).
  2. Entnazifizierungsunterlagen Bü 67711 im Bestand EL 902/20 (Spruchkammer 37 – Stuttgart: Verfahrensakten) im Staatsarchiv Ludwigsburg.
  3. Q 3/36 b (Online-Findbuch).
  4. Q 3/36 a (Online-Findbuch).
  5. Vgl. den Abschnitt Die Quellenfälschung im Stauferkatalog bei Klaus Graf: Der Mythos der Staufer – Eine schwäbische Königsdynastie wird erinnert und instrumentalisiert. In: Schwäbische Heimat 61 (2010), S. 296–306. (Erweiterte Online-Fassung).
  6. Hansmartin Decker-Hauff: Das staufische Haus. In: Die Zeit der Staufer, Geschichte – Kunst – Kultur. Katalog der Ausstellung, Band 3: Aufsätze, Stuttgart 1977, S. 339–374.
  7. Tobias Weller: Die Heiratspolitik des deutschen Hochadels im 12. Jahrhundert. Köln 2004, S. 29–34, 211–220; Tobias Weller: Auf dem Weg zum „staufischen Haus“. Zu Abstammung, Verwandtschaft und Konnubium der frühen Staufer. In: Hubertus Seibert, Jürgen Dendorfer (Hrsg.): Grafen, Herzöge, Könige. Der Aufstieg der Staufer und das Reich (1079–1152). Ostfildern 2005, S. 41–63, hier S. 56–63 (online).
  8. Klaus Graf: Staufer-Überlieferungen aus Kloster Lorch. In: Sönke Lorenz, Ulrich Schmidt (Hrsg.): Von Schwaben bis Jerusalem. Facetten staufischer Geschichte. Sigmaringen 1995, S. 209–240 (online); Gerhard Lubich: Auf dem Weg zur „güldenen Freiheit“. Herrschaft und Raum in der Francia orientalis von der Karolinger- zur Stauferzeit. Husum 1996.
  9. So bereits bei Stephan Molitor: Zur südwestdeutschen Adelsforschung. In: Sönke Lorenz, Stephan Molitor (Hrsg.): Herrschaft und Legitimation. Hochmittelalterlicher Adel in Südwestdeutschland. Erstes Symposion „Adel, Ritter, Ritterschaft vom Hochmittelalter bis zum Modernen Verfassungsstaat“ (21./22. Mai 1998, Schloss Weitenburg). Leinfelden-Echterdingen 2002, S. 1–12, hier: S. 9 f. Vgl. dazu auch RI IV,1,2 n. 4, in: Regesta Imperii Online, (Abgerufen am 8. April 2018).
  10. Vgl. die Rezension von Klaus Graf zu Die Inschriften des Rems-Murr-Kreises. In: Blätter für württembergische Kirchengeschichte 105 (2005), S. 255–257 (online).
  11. Holger Gayer: Stuttgarts falsches Jubiläum. In: Stuttgarter Zeitung, 29./30. Dezember 2018, S. 27; Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Stuttgart: Beantwortung zur Anfrage 194/2018. 28. Juli 2018, abgerufen am 31. Dezember 2018.