Heilquellen in Bad Mergentheim

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Brunnentempel im Kurpark Bad Mergentheim
Denkmal für Schäfer Gehrig im Kurpark

Die Heilquellen in Bad Mergentheim, früher Heilquellen in Mergentheim, liegen im Bereich des äußeren und inneren Kurparks, nahe der Tauber in der Kurstadt Bad Mergentheim, im Main-Tauber-Kreis im Nordosten Baden-Württembergs. Drei der vier Quellen, Albertquelle, Karlsquelle und Wilhelmsquelle, sind nach der mineralischen Zusammensetzung Trinkquellen, die zum Trinken ungeeignete Paulsquelle hingegen eine Badequelle. Die Quellen bildeten die Grundlage für Bad Mergentheim als Kurstadt und internationales Heilbad. Entscheidendes Ereignis war die Entdeckung von salzigem Wasser durch einen Schäfer bzw. dessen Schafe im Jahr 1826. Die Heilquellen gelten als schutzwürdig und wurden daher als Geotop mit der Bezeichnung Heilquellen im Kurpark Bad Mergentheim ins Geotop-Kataster Baden-Württemberg aufgenommen.[1]

f1Symbol einer Weltkugel Karte mit allen Koordinaten der Heilquellen in Bad Mergentheim: OSM | WikiMap

Geschichte

Historische Werbung am alten Lokschuppen im Bahnhof Bad Mergentheim: Mineralbrunnenversand

Ursprünge der Mergentheimer Quellen

Nach Erkenntnissen aus Grabungen wurden mindestens zwei der Mergentheimer Quellen bereits in der Bronzezeit zur Salzgewinnung genutzt. Dabei kristallisierte Salz aus, als man Wasser auf heißen Steinen verdampfte. Die Quellen wurden im weiteren Verlauf jedoch von Kies und Geröll verschüttet. Dennoch gelangte wieder mineralisches Wasser an die Oberfläche. Offenbar kannten auch die Kelten 600 vor Christus die Salzquelle.[2][3][4] In der Folge fielen die verschütteten Quellen jedoch für mehr als zwei Jahrtausende der Vergessenheit anheim.[4]

Entdeckung der Heilquellen in der Neuzeit

Am 13. Oktober 1826 weidete Franz Gehrig, Schäfer des Johanniterhofes, seine Herde im Bereich rechts der Tauber beim heutigen Pavillon der Wilhelmsquelle. Dabei fiel ihm auf, dass die Tiere sich um ein Rinnsal drängten, das vom Hang zur Tauber floss. Er kostete von dem Wasser und stellte bitteren, salzigen Geschmack fest. Gehrig meldete seine Entdeckung im Rathaus beim Stadtschuldheißen Kober. Noch am selben Tag besichtigte der Schultheiß mit Stadträten und dem Oberamtsarzt Christan Friedrich Bauer die Quelle. Untersuchungen des Wassers ergaben danach, dass es mit dem berühmten Kissinger Wasser vergleichbar sei. 1853 bestätigte der berühmte Chemiker Justus von Liebig in einer ausführlichen Analyse, dass „die Mergentheimer Bitterwässer zu den besten Deutschlands zählen“.[2][3][4]

Begründung des Kurortes Bad Mergentheim

Die erste Mergentheimer Kursaison begann am 23. Juni 1829 und war der Anfang eines Kurbetriebs, der die Stadt zunehmend prägte. Am 2. August 1926 erhielt die Stadt zur Hundert-Jahr-Feier der Quellentdeckung das Prädikat „Bad“. Seitdem lautet ihre amtliche Bezeichnung „Bad Mergentheim“.[2][3][4]

2007 wurden die Bad Mergentheimer Quellen staatlich anerkannt.[5] 2009 erhielt die Stadt nach dem Kurortegesetz Baden-Württemberg die Bestätigung, das Prädikat „Heilbad“ führen zu dürfen.[6] Anhand der Übernachtungszahlen kommt der Stadt bis heute der Rang des größten Heilbades in Baden-Württemberg zu.[4]

Trinkquellen

Die Trinkquellen werden im Brunnentempel im Kurpark ausgeschenkt. Sie haben eine hohe Wirksamkeit und sind in der Regel für Kinder nicht geeignet.

Albertquelle

Albertquelle im äußeren Kurpark

Die Albertquelle () wurde 1927 entdeckt und wird aus einer Tiefe von 31 m gefördert.[7] Mit ihrer hohen Konzentration zählt sie zu den stärksten der zu Trinkkuren verwendeten Sulfatquellen. Getrunken wird sie meist in kleinen Mengen rasch voraus oder in Mischungen mit der Karlsquelle.[8] Sie enthält knapp 42 Gramm gelöster Mineralien pro Liter und sprudelt durch den Gehalt an Kohlensäure wie Sekt im Glas. Benannt wurde die Albertquelle nach Kommerzienrat Albert Schwarz, Förderer des Bades und Gründer der Aktiengesellschaft. Nach Konkurs der Aktiengesellschaft 1931 übernahm die Kurverwaltung Bad Mergentheim GmbH am 6. Mai 1932 das Bad.[9]

Anwendungsgebiete Albertquelle[8]

  • Anregung der Darmtätigkeit, insbesondere bei chronischer Obstipation (Verstopfung)
  • funktionelle Störungen des Magens, insbesondere Säuremangel
  • anregende Wirkung auf die Galletätigkeit
  • Halsschmerzen (Gurgeln)

Gegenanzeigen

  • Schwere entzündliche Magen- und Darmerkrankungen, eingeschränkte Nierenfunktion, schwere Herzinsuffizienz, fortgeschrittene Leberschädigung
Die Hauptbestandteile der Albertquelle *)[7]
Kationen Anionen Gelöste gasförmige Stoffe
Natrium Na+ 13.250 Chlorid Cl 16.740 Gelöstes freies Kohlendioxid CO2 2.264
Magnesium Mg2+ 799 Sulfat SO42- 7.694
Calcium Ca2+ 787 Hydrogencarbonat HCO3 3.222
Kalium K+ 281
Lithium Li+ 13,3
Summe der gelösten Mineralstoffe: 42.792 *) Massenkonzentration mg/l

Karlsquelle

Karlsquelle im Kurpark

Die nach dem Kronprinzen Karl von Württemberg benannte Karlsquelle () wurde 1828 entdeckt und wird aus einer Tiefe von 27 m gefördert.[7] Bei der Suche nach einer geeigneteren Quellfassung für die Wilhelmsquelle außerhalb des Hochwasserbereichs der Tauber stieß man im August 1828 auf die heutige Karlsquelle. Am 25. Juli 1829 wurde der Grundstein für das Brunnenhaus (jetziger Brunnentempel) gelegt. Aufgrund des hohen Kostenaufwands und hoher Schulden bis 1833 drängte die Regierung die Stadt zum Verkauf der Brunnenanlage. 1834 erwarb der Mühlenbesitzer Kuhn das Bad mit allem Zubehör für 10.000 Gulden. Er erweiterte das Badehaus, richtete dort Wohn- und Gesellschaftsräume für die Kurgäste ein und nahm zahlreiche Verbesserungen vor. Erhebliche Investitionen und Kapitalaufwand führten zu wechselnden Badbesitzern. 1932 übernahmen schließlich Landkreis und Stadt die neue Kurverwaltung Bad Mergentheim als GmbH.[10]

Von 1899 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs bestand der auf Kosten der Karlsbad-Gesellschaft errichtete Haltepunkt Mergentheim-Karlsbad der Bahnstrecke Crailsheim–Königshofen.[11][12]

Die Wirkung der Quelle beruht auf einem hohen Magnesium- und Sulfatanteil.[13] Sie setzt sich aus zwei Mineralquellen mit sehr ähnlicher Konzentration zusammen und befindet sich im hinteren Teil des Kurparks. Sie ist die Standardquelle des Heilbades und entspricht mit 14 und 16 g pro Liter Kochsalz etwa der Salzkonzentration des menschlichen Blutes.[10]

Anwendungsgebiete Karlsquelle[13]

  • Leber- und Gallenwegserkrankungen, Magen und Darmerkrankungen (außer Magen- und Darmgeschwüren)
  • funktionelle Darmstörungen (Obstipation)
  • Erkrankung der Bauchspeicheldrüse
  • Stoffwechselerkrankungen

Gegenanzeigen

  • Schwere entzündliche Magen- und Darmerkrankungen, eingeschränkte Nierenfunktion, schwere Herzinsuffizienz, fortgeschrittene Leberschädigung
Die Hauptbestandteile der Karlsquelle *)[7]
Kationen Anionen Gelöste gasförmige Stoffe
Natrium Na+ 4.633 Chlorid Cl 5.887 Gelöstes freies Kohlendioxid CO2 890
Magnesium Mg2+ 338 Sulfat SO42- 3.641
Calcium Ca2+ 733 Hydrogencarbonat HCO3 1.407
Kalium K+ 101
Lithium Li+ 5,6
Summe der gelösten Mineralstoffe: 16.795 *) Massenkonzentration mg/l

Wilhelmsquelle

Wilhelmsquelle im äußeren Kurpark

Die Wilhelmsquelle (), benannt nach König Wilhelm I. (Württemberg), wurde 1826 in einer Bohrtiefe von 9 m entdeckt.[7] Eine Einweihung der Quelle fand am 17. Mai 1907 statt. Hierfür reisten König Wilhelm II. von Württemberg und Königin Charlotte von Württemberg als Ehrengäste nach Mergentheim.[12]

Die Konzentration der Quelle beträgt weniger als ein Drittel der Karlsquelle. Wegen des geringeren Gehalts an Natrium-Ionen wird sie zu den gesündesten Sulfatquellen gezählt. Es ist die Quelle, auf die am 13. Oktober 1826 Schäfer Franz Gehrig aufmerksam geworden war, was die Anfänge des Kurbetriebs in die Wege leitete.[14]

Anwendungsgebiete Wilhelmsquelle[14]

  • Zur Anregung der Gallen- und Pankreassekretion
  • zur Förderung der Darmfunktion, insbesondere bei chronischer Verstopfung (Obstipation)
  • funktionelle Magenbeschwerden
  • Übersäuerung und Untersäuerung
  • zur unterstützenden Behandlung von Fettleibigkeit

Gegenanzeigen

  • Schwere entzündliche Magen- und Darmerkrankungen, eingeschränkte Nierenfunktion, schwere Herzinsuffizienz, fortgeschrittene Leberschädigung
Die Hauptbestandteile der Wilhelmsquelle *)[7]
Kationen Anionen Gelöste gasförmige Stoffe
Natrium Na+ 701 Chlorid Cl 890 Gelöstes freies Kohlendioxid CO2 301
Magnesium Mg2+ 85,1 Sulfat SO42- 1.869
Calcium Ca2+ 671 Hydrogencarbonat HCO3 484
Kalium K+ 35,2
Lithium Li+ 1,31
Summe der gelösten Mineralstoffe: 4.739 *) Massenkonzentration mg/l

Badequelle

Paulsquelle

Paulsquelle unweit des Kurparks
Gradierpavillon im Kurpark

Die Paulsquelle () wurde 1952 in einer Bohrtiefe von 551 m entdeckt.[7] Sie ist benannt nach Kurdirektor Arthur Paul, der die Bohrung mit veranlasst hatte. Die Quelle liefert eine mit knapp 70 Gramm Salzen je Liter hochkonzentrierte kohlensäurereiche Sole von 90 Kubikmetern täglich bei einer Schüttung von bis zu 90 Litern pro Minute. Wasser der Badequelle finden in den Solebecken der Solymar Therme sowie im Gradierpavillon Verwendung.[15][16]

Therapieformen im Heilbad[16]

Die Hauptbestandteile der Paulsquelle *)[7]
Kationen Anionen Gelöste gasförmige Stoffe
Natrium Na+ 23.850 Chlorid Cl 36.080 Gelöstes freies Kohlendioxid CO2 3.790
Magnesium Mg2+ 887 Sulfat SO42- 5.670
Calcium Ca2+ 1.380 Hydrogencarbonat HCO3 3.688
Kalium K+ 427
Lithium Li+ 20,30
Summe der gelösten Mineralstoffe: 72.014 *) Massenkonzentration mg/l

Siehe auch

Literatur

  • Christian Friedrich Bauer: Mergentheim und seine Heilquellen. 78 Seiten. Mergentheim 1830.
  • Ulrich Sanden: "Ach hier, wie liegt die Welt so licht": die Heilquellen von Bad Mergentheim. Aufsatz. In: Kult-Bäder und Bäderkultur in Baden-Württemberg / Wolfgang Niess ... (Hg.). Fotos von Joachim Feist. Filderstadt 2004. S. 128–143.
  • Thomas Schober, Theo Simon, Ronald Kolig: Bad Mergentheim – Geologie und Heilquellen (Exkursion A am 29. März 2005): mit 5 Tabellen. Aufsatz. In: Oberrheinischer Geologischer Verein: Jahresberichte und Mitteilungen des Oberrheinischen Geologischen Vereins. – N.F. 87. 2005. S. 45–63.

Weblinks

Commons: Heilquellen in Bad Mergentheim – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau: gtk_2489.pdf. In: media.lgrb-bw.de. Abgerufen am 30. Juni 2021.
  2. a b c Fränkische Nachrichten vom 18. August 2009, Die Bad Mergentheimer Heilquellen (1): „Bitterwässer“ von hoher Qualität.
  3. a b c Fränkische Nachrichten vom 20. August 2009, Die Bad Mergentheimer Heilquellen (2): Die Wilhelmsquelle, Bereits in der Bronzezeit war die Salzquelle begehrt.
  4. a b c d e www.bad-mergentheim.de: Stadtgeschichte - Die Entdeckung der Heilquellen. Abgerufen am 21. Januar 2021.
  5. Main-Post vom 12. Februar 2007, Mergentheimer Quellen staatlich anerkannt.
  6. Fränkische Nachrichten vom 3. November 2009, Heilbad staatlich anerkannt. Kurstadt für Anstrengungen „belohnt“.
  7. a b c d e f g h www.bad-mergentheim.de: Flyer - Bad Mergentheimer Heilquellen. (PDF; 2,1 MB) Abgerufen am 21. Januar 2021.
  8. a b www.bad-mergentheim.de: Trinkquellen - Die Albertquelle. Abgerufen am 21. Januar 2021.
  9. Fränkische Nachrichten vom 24. August 2009, Die Bad Mergentheimer Heilquellen (4): Die Albertquelle, Nur in geringer Dosierung genießbar.
  10. a b Fränkische Nachrichten vom 22. August 2009, Die Bad Mergentheimer Heilquellen (3): Die Karlsquelle, Sie ist die Standardquelle des Heilbades.
  11. Fränkische Nachrichten vom 5. Januar 2019, Bis 1968 gab es einen Bahnwärterturm (online).
  12. a b Fränkische Nachrichten vom 9. März 2019, König Wilhelm II. weilte am Haltepunkt Karlsbad. (online.)
  13. a b www.bad-mergentheim.de: Trinkquellen - Die Karlsquelle. Abgerufen am 21. Januar 2021.
  14. a b www.bad-mergentheim.de: Trinkquellen - Die Wilhelmsquelle. Abgerufen am 21. Januar 2021.
  15. Fränkische Nachrichten vom 25. August 2009, Die Bad Mergentheimer Heilquellen (5): Die Paulsquelle, Das Solymar profitiert von dem Wasser.
  16. a b www.bad-mergentheim.de: Die Paulsquelle. Abgerufen am 21. Januar 2021.