Heinrich Staudinger

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Heini Staudinger (2012)

Heinrich „Heini“ Staudinger (* 5. April 1953 in Vöcklabruck) ist ein österreichischer Unternehmer.

Leben

Heinrich Staudinger wuchs in Schwanenstadt in Oberösterreich in einem katholischen Elternhaus[1] auf. Er begann in Wien diverse Studienrichtungen, u. a. Medizin und gründete 1980 mit dem Verkauf von Schuhen der dänischen Marke Earth Shoe ein Schuhgeschäft in Wien in der Lange Gasse im 8. Wiener Gemeindebezirk, welches sich zum Unternehmen GEA (später GEA / Waldviertler) entwickelte – mit Direktversand, Werksverkauf und Messen in Schrems, weiteren 34 Filialen in Österreich, 20 Filialen in Deutschland und einer Filiale in der Schweiz (August 2020).[2]

GEA / Waldviertler

1984 wurde in Schrems im Waldviertel eine selbstverwaltete Schuhfabrik Waldviertler Schuhwerkstatt – die die Waldviertler-Schuhe und andere Produkte produziert und entwickelt – gegründet, wo er als inzwischen ehemaliger Vertriebskunde ab 1991 Miteigentümer war und nun Mehrheitseigentümer ist. Die Fabrik wurde um eine Möbelwerkstatt erweitert. 2009 wurde in Schrems eine Halle aus dem Ergee-Konkurs gekauft, 2013 das leerstehende Hotel Post, das im Mai 2013 als Teil der GEA Akademie (wieder-)eröffnet wurde.[3][4]

Im GEA Verlag erscheint seit 2004 die Zeitschrift brennstoff, eine Weiterentwicklung von Beiträgen und Glossen in den seit „1997 ‚dank‘ einer Krise“[5] erscheinenden Werbeheften GEA Album.

2005 initiierte Staudinger die alternative Währung Waldviertler.

Im Sommer 2013 kündigte er die GEA Formel Z an, einen „Verein zur Förderung von Kindern“.[6]

Genossenschaft

Seit Mitte der Nullerjahre befasst sich Staudinger mit der Idee, sein Unternehmen in eine Genossenschaft zu überführen. 2006 besuchte er die baskische Mondragon, und seit 2012, als er die TAZ-Leute kennenlernte, ist ihm „das Genossenschaftsmodell der TAZ Vorbild“.[7] 2014 gründete er die „Rückenwind COOP“ als „Förderungs- und Prüfungsverein gemeinwohlorientierter Genossenschaften“.[8]

Kreditfall Staudinger / Crowdfunding-Gesetz

Mit dem Kreditfall Staudinger wurde Heinrich Staudinger 2012 zur Staatsaffäre und erhielt internationale Aufmerksamkeit. Weil er von seiner Hausbank keinen Kredit mehr bekam, lieh er mit einer Art Crowdfunding Geld von seinen Freunden und Kunden. Daraufhin wurde gegen ihn von der österreichischen Finanzmarktaufsichtsbehörde FMA ein Verwaltungsstrafverfahren eröffnet, da er durch die Aufnahme von Krediten unerlaubt das Geschäft einer Bank betrieb. In diesem Zusammenhang erhielt Staudinger argumentative Unterstützung von Christoph Leitl, dem Präsidenten der Wirtschaftskammer Österreich.[9][10][11]

Auf einer Demonstration vor dem Wiener Parlament am 7. Dezember 2012 bekräftigte Heini Staudinger seinen Entschluss, die von der FMA geforderte erste Strafe in der Höhe von 2000 Euro nicht zahlen zu wollen und sich notfalls einsperren zu lassen.

2013 schrieb er die Erweiterung der Solaranlage aus, wiederum finanziert mit der Ausgabe von GEA „Sonnen-Gut-Scheinen“.

„Die FMA (die Finanzmarktaufsicht) findet diese Projekte nicht so super. Ich jedoch vertraue auf die Demokratie, in der es keine höhere Instanz gibt als das Volk. Das Volk hat ein Recht und die Pflicht, selber aktiv zu werden … Wir wollen saubere Energie, wir wollen eine gesunde Erde, wir wollen die Wende. JETZT!“

Heini Staudinger, GEA Album, Nr. 87, S. 22[4]

Am 17. Jänner 2014 wird bekannt, dass auch eine letzte Gerichtsentscheidung gegen Heini Staudinger ausging. "Nach dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH) und dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) bestätigte auch der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) die Rechtsmeinung der Finanzmarktaufsicht (FMA). Bis Ende Jänner 2014 gewährt die FMA Staudinger eine Nachfrist, um entweder das ausgeborgte Geld zurückzuzahlen oder alternative Lösungen vorzulegen."[12] Staudinger hatte 3 Mio. Euro zur Finanzierung einer Photovoltaikanlage und einer Lagerhalle bei Privatleuten eingesammelt. Die FMA wurde in ihrer Rechtsmeinung bestätigt, dass es sich dabei um ein Bankgeschäft handle, wofür er eine Bankkonzession brauchen würde. „Nicht öffentliche Anleihe oder die Nachrangigkeitserklärung“ waren laut seinem Bruder und Anwalt Karl Staudinger die Alternativvarianten in Überlegung.[13][14] Laut Kurier vom 21. Jänner 2014 möchte Staudinger das rechtskonforme Nachrangigkeitsdarlehen – der GmbH bei 4 % Zinsen p. a. – anwenden und gibt dazu noch eine persönliche Bürgschaft. Rechtsvertreter RA Dr. Markus Distelberger nimmt in seinem Forumbeitrag vom 23. Jänner Stellung dazu und sieht die herrschende Rechtslage als reformbedürftig.[15]

Crowdfunding-Gesetz

„Die „Waldviertler“ haben einiges bewirkt. Ihr Kampf um die Legalisierung des eigenen Finanzierungsmodells hat in der Bevölkerung und Politik Bewusstsein für die Problematik geschaffen. Dank des inzwischen neu verabschiedeten Crowdfunding-Gesetzes[16] ist es nun um vieles einfacher, Geld von Privatpersonen zu leihen.
Alleine dass die Firma trotz der widrigen Umstände immer noch existiert, könnte man bereits als Erfolg werten. Sie schreiben zudem schwarze Zahlen und bilden neue Lehrlinge in einer konjunkturschwachen Grenzregion aus, um das Aussterben der Schuhproduktion in Europa zu verhindern.“

Nicole Scherg, 2016[17]

Bewerbung als Bundespräsident 2022

2022 rief Staudinger zur Unterstützung seiner Kandidatur zur österreichischen Bundespräsidentschaftswahl auf.[18] Am 1. September 2022 wurde bekanntgegeben, dass er „wesentlich mehr“ als die nötige Anzahl von 6000 Unterstützungserklärungen erhalten hat. Orf.at textet: „Der 69-jährige »Schuhrebell« will die Themen Armut und Natur in den Mittelpunkt seines Wahlkampfes rücken – und als »Gewissen der Politik eine laute Stimme« sein.“[19]

Audio

  • 2013 Im Gespräch: Bürgerrecht vor Bankenrecht. Ö1[20]
  • 2014 Gedanken: Heinrich Staudinger – Wirtschaftsrebell und Unternehmer. Ö1[21]

Film

  • Nicole Scherg: Das Leben ist keine Generalprobe, Österreich 2016, Digital Video/DCP, 90 min., mit Unterstützung von BMUKK Innovative Film, ORF Film/Fernsehabkommen Innovation, Land Niederösterreich[22]

Weblinks

Commons: Heinrich Staudinger – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. http://www.mittelbayerische.de/wirtschaft-nachrichten/schuhfabrikant-geht-viele-neue-wege-21840-art1298945.html
  2. Webpräsenz der Firma GEA: GEA-Läden – Stand April 2016
  3. Markus Lohninger: Heini kauft Hotel Post (Memento des Originals vom 28. September 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/admin.bvz.at – Wiederbelebung / Aufatmen in der Granitstadt: Das einzige Hotel wird wieder geöffnet – und soll an Gea-Standard herangeführt werden, 20. Februar 2013, NÖN
    Jürgen Zahrl: Schuhrebell macht altes Hotel flott – Heinrich Staudinger eröffnet im Waldviertel ein Literaturcafé – im alten Hotel "Post" / Trotz seines Streits mit der Finanzmarktaufsicht (FMA) will Heinrich Staudinger seine Investitionslaune keinesfalls bremsen 26. März 2013, Kurier (auch im GEA brennstoff (Memento des Originals vom 15. Dezember 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.w4tler.at auf w4tler.at/geaneu)
  4. a b GEA Album, Nr. 87 – PDF (Memento vom 21. Juli 2013 im Internet Archive), 5,5 MB
  5. GEA Album, Nr. 67, S. 4 (download PDF (Memento des Originals vom 21. Juli 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.w4tler.at, 5,5 MB)
  6. „Formel Z“ als neuer Steuer-Trick, kurier.at, 22. August 2013
  7. Genossenschaft – Illusion und Wirklichkeit, GEA brennstoff Nr. 45 /16, Seite 15 – PDF: http://w4tler.at/wp-content/uploads/2014/10/Brennstoff_45_MASCHINE_LR.pdf
  8. rueckenwind.coop – Web von „Rückenwind COOP“
  9. Karl Leban: Waldviertler Behördenschreck hat Gesprächstermin in Wirtschaftskammer, 20. November 2012, Wiener Zeitung
  10. Franz Schellhorn: SuperMarkt: Ein Volkstribun namens "Heini", 24. November 2012, Die Presse
  11. FMA | Hintergrundinformation (Memento des Originals vom 27. November 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.w4tler.at – Heini Staudinger über den Konflikt mit der FMA, GEA Album Nr. 64, Herbst 2012
  12. „Schuhrebell“ Staudinger verliert Recht[s]streit, shoez.biz vom 19. Jänner 2014
  13. http://orf.at/stories/2214532/ Waldviertler gegen FMA: Staudinger blitzt bei UVS ab, vom 17. Jänner 2014
  14. http://kurier.at/wirtschaft/unternehmen/strafe-fuer-schuhrebellen-bestaetigt-darlehensmodell-muss-geaendert-werden/46.375.576 Waldviertler: Strafe für Schuhrebellen bestätigt, Kurier.at vom 16. Jänner 2014, abgerufen am 25. Jänner 2014
  15. http://kurier.at/wirtschaft/unternehmen/schuhrebell-macht-friedensangebot/47.379.107 Schuhrebell macht „Friedensangebot“, Kurier.at vom 21. Jänner 2014 mit Forumbeitrag von RA Dr. Markus Distelberger vom 23. Jänner 2014, abgerufen am 25. Jänner 2014 vom
  16. AlternativfinanzierungsgesetzAltFG
  17. Nicole Scherg: Das Leben ist keine Generalprobe – Regiestatement 2016
  18. Heini Präsident – Heini Staudinger kandidiert für die Bundespräsidentschaft. Abgerufen am 18. August 2022 (österreichisches Deutsch).
  19. Bundespräsidentenwahl: Auch Staudinger kann antreten. 1. September 2022, abgerufen am 1. September 2022.
  20. Bürgerrecht vor Bankenrecht Interview mit Michael Kerbler, 3. Oktober 2013.
  21. Heinrich Staudinger – Wirtschaftsrebell und Unternehmer Gestaltung: Ursula Burkert, 20. Juli 2014.
  22. daslebenistkeinegeneralprobe.at