Heinz Schöffler

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Heinz Schöffler 1972

Heinz Schöffler (* 9. Februar 1921 in Neustadt an der Weinstraße; † 30. April 1973 in Heuchelheim-Klingen) war ein deutscher Lektor, Schriftsteller, Literatur- und Kunstkritiker.

Leben

Nach dem Abitur 1939 studierte der einem wohlhabenden Bildungsbürgertum entstammende[1] Heinz Schöffler noch kurze Zeit Germanistik, Zeitungswissenschaften, Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte, bevor er zum Kriegsdienst eingezogen wurde. Nach dem Krieg promovierte er 1948 in Münster bei Benno von Wiese über Grundmotive und Grundproblematik der Jahrhundertwende in der Dichtung von Friedrich Huch u. Thomas Mann[2] und arbeitete als freier Kulturjournalist u. a. für Akzente, die FAZ, die Welt, aber auch für Rundfunksender wie Radio Bremen, den Südwestfunk und den Süddeutschen Rundfunk.[3]

1956 übernahm Schöffler die literarische Abteilung (Cheflektor) des Luchterhand Verlags in Darmstadt.[4]   Er nahm u. a. Gabriele Wohmann ins Verlagsprogramm, und als Lektor der Blechtrommel von Günter Grass wurde Schöffler 1959 „Geburtshelfer einer neuen Literatur“.[5] 1960 trat er in die Deutsche-Buch-Gemeinschaft ein und entwickelte ein besonderes Programm mit Lizenzausgaben deutscher und ausländischer Literatur.[5]

Neben seinem Gespür für zeitgenössische Strömungen, die er konsequent förderte, galt er als Bewahrer einer in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts unterdrückten oder vergessenen Moderne.[6][7] Nicht von ungefähr zählt daher auch die Faksimile-Herausgabe der großen Expressionismus-Reihe Der jüngste Tag zu seinen besonders erwähnenswerten[8] Veröffentlichungen. Auch gehörte er zu den maßgeblichen Unterstützern des literarischen Expressionisten Karl Otten.[9]

Schöffler war zudem ein engagierter Kunstliebhaber und Sammler zeitgenössischer Kunst, der immer wieder als kenntnisreicher Kunstkritiker[10] in Erscheinung trat und Kunst und Literatur zu verzahnen wusste. Schöffler veröffentlichte kurz vor seinem Tod gemeinsam mit Gabriele Wohmann Über Maler, über Dichter.

Schöfflers umfangreicher literarischer Nachlass, u. a. Briefwechsel mit Elias Canetti, Paul Celan, Hermann Hesse, Günter Grass, Wolfgang Koeppen, Karl Krolow, Thomas Mann, Henry Miller, Gabriele Wohmann und vielen anderen,[11] befindet sich im Deutschen Literaturarchiv Marbach.[12] Seine ansehnliche Kunstsammlung wurde von seiner Witwe, der Autorin, Übersetzerin und zeitweiligen PEN-Sekretärin Rose-Marie (Micheline) Schöffler (* 1925), der Deutschen Stiftung Denkmalschutz übereignet[13] und ist dauerhaft im Alten Schloss in Frankfurt-Höchst ausgestellt.[14][15] Schöfflers Wohnung mit seiner umfassenden Privatbibliothek in der Soderstraße in Darmstadt ist seit seinem Tod im Wesentlichen unverändert geblieben und soll auf Wunsch der Witwe nach ihrem Ableben einem gemeinnützigen, literarischen Zweck zugeführt werden.

Schriften

Auswahl aus seinen Veröffentlichungen als Autor und Herausgeber:

  • Der Jüngste Tag : die Bücherei einer Epoche. Faksimile-Ausgabe, Nachdruck der 1970 im Verlag Hans Scheffler erschienenen Ausgabe; Büchergilde Gutenberg, Frankfurt a. M., ISBN 978-3-7632-2639-9 (Reprint der seit 1913 bei Kurt Wolff erschienenen Buchreihe „Der Jüngste Tag“). Lizenz des Verlages Scheffler, Frankfurt a. M.,  Band 1 und 2 (1970)
  • Über Maler, über Dichter. Mit einem Vorwort von Hans Bender und einem Beitrag von Gabriele Wohmann (= Die Mainzer Reihe. Band 41). v. Hase und Koehler Verlag, Mainz 1975, ISBN 3-7758-0886-4 (formal falsch).
  • Fernsehstücke mit Beiträgen von Leopold Ahlsen u. a..; Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt a. M. 1972, ISBN 978-3-436-01476-6.
  • Gedichte / Günter Grass. Bertelsmann Verlag, Gütersloh, Dt. Buch-Gemeinschaft  1970
  • Herausgabe und Nachwort zu Gabriele Wohmann „Treibjagd“ Reclam Verlag, Stuttgart 1970. ISBN 978-3-15-007912-6, Lizenz d. Luchterhand-Verl., Neuwied u. Berlin
  • Der Schriftsteller Hans Bender. In: Hans Bender: Die halbe Sonne. Geschichte und Reisebilder. Signal Verlag, Baden-Baden 1968, S. 7 ff.
  • Werner Helwig. Ein Schriftstellerporträt. In: Weltstimmen. Weltbücher in Umrissen, Franckh Verlag, Stuttgart 1954, Band 23, S. 337 ff.

Literatur

  • Altenhein, Hans: Heinz Schöffler in Stadtlexikon Darmstadt, herausgegeben vom Historischen Verein für Hessen e.V.
  • Hans Bender (Klassenkamerad von Heinz Schöffler): Willst Du nicht beitreten? in Marcel Reich-Ranicki: Meine Schulzeit im Dritten Reich dtv-Verlag, ISBN 3-423-12365-6, S. 31 ff. https://ulis-buecherecke.ch/pdf_neben_dem_krieg/meine_schulzeit_im_3.reich.pdf
  • Dove, Richard: Im Vertrauen auf Ihre Einfühlungsgabe – Karl Otten, Heinz Schöffler und die Neuentdeckung des literarischen Expressionismus in Deutschland in Jahrbuch der deutschen Schillergesellschaft 2006. Wallstein Verlag, 2006, ISBN 978-3-8353-0058-3, S. 375 ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Pestova, Natalia: Wilhelm Runge: Das Denken träumt in Enklaar, Jattie und Ester, Hans, Hrsg.: Im Schatten der Literaturgeschichte – Autoren die keiner mehr kennt? Plädoyer gegen das Vergessen. Editions Rodopi B.V., Amsterdam, ISBN 90-420-1915-8, S. 299 ff.

Einzelnachweise

  1. Bender S. 35
  2. Belegexemplar DNB 481770429 bei der Deutschen Nationalbibliothek.
  3. Dove S. 377
  4. Verlage in Darmstadt. Abgerufen am 23. April 2021.
  5. a b Schöffler, Heinz. Abgerufen am 23. April 2021.
  6. Dove S. 376
  7. Pestova S. 301
  8. Auch ich, auch du. | Revierflaneur. Abgerufen am 23. April 2021.
  9. RP ONLINE: Karl-Otten-Preis für Literaturwissenschaftlerin Belke. 12. Mai 2005, abgerufen am 23. April 2021.
  10. Heinz Schöffler – Person – Archivportal-D. Abgerufen am 23. April 2021.
  11. Bestände – DLA Marbach. Abgerufen am 23. April 2021.
  12. Kalliope – Verbundkatalog für Archiv- und archivähnliche Bestände und nationales Nachweisinstrument für Nachlässe und Autographen. Abgerufen am 23. April 2021.
  13. Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Abgerufen am 23. April 2021.
  14. Eröffnung des Museums Schloss Höchst in Anwesenheit von Bürgermeister Cunitz. Abgerufen am 23. April 2021.
  15. Barocke Turmhaube Archive. In: Burgerbe.de. Abgerufen am 23. April 2021.