Hennecke von Plessen

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Hennecke von Plessen um 1920

Hennecke von Plessen, weitere Taufnamen: Friedrich Nathanael Ludwig Achim Adolf Ferdinand Helmold Johann August Paul (* 16. August 1894 in Kurzen Trechow; † 3. März 1968 in Essen) war bis 1945 deutscher Geheimdienstoffizier der Wehrmacht, Großgrundbesitzer und Gauwirtschaftsberater der NSDAP in Mecklenburg.

Leben

Hennecke von Plessen entstammte dem ursprünglich edelfreien mecklenburg-holsteinischen Adelsgeschlecht von Plessen.[1][2] Seine Eltern waren der Gutsbesitzer zu Kurzen- und Langen Trechow, Major d.R. und zweite Vorsitzende der Herrengesellschaft Mecklenburg, Reimar von Plessen (* 1. Januar 1864 in Reez; † 19. Oktober 1935 Kurzen Trechow) und dessen Ehefrau Johanna, geb. von Voß (* 14. Oktober 1871 in Ahrensberg; † 16. Mai 1957 Niederkleveez). Hennecke von Plessen ehelichte am 31. Januar 1924 die polnische Gräfin Theresa Raczyński; der Ehe entsprang eine Tochter, Maria-Therese (Marita), geboren am 20. Februar 1925 zu Langen Trechow,[3] verstorben am 6. Mai 2014 in Kurzen Trechow.[4]

Burg Trechow: Wohnsitz Hennecke von Plessens bis 1945

Hennecke (Henning) von Plessen war Gauwirtschaftsberater der NSDAP in Mecklenburg[5] von 1933 bis 1942. Als solcher war er unter Gauleiter Friedrich Hildebrandt maßgeblich für die Arisierung des jüdischen Privateigentums in Mecklenburg mitverantwortlich. Unter anderem war er in den durch massivsten Druck erzwungenen Verkauf des Kaufhauses Kychenthal am Schweriner Markt nach dem 9. November 1938 involviert, in deren Folge der Senior des Unternehmens Louis Kychenthal 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert wurde, wo er achtzigjährig am 6. Juni 1943 ums Leben kam.[6] Der Schriftverkehr und die Unterlagen des Gauwirtschaftsberaters Hennecke von Plessen wurden zusammen mit den Akten der Gauleitung im April 1945 vernichtet.[7] In einem zweiten Entnazifizierungsverfahren in Paderborn wurde der Gauwirtschaftsberater der NSDAP im Juli 1949 in die Kategorie V (entlastet) eingestuft.[8] Bis zu seiner Flucht nach Westdeutschland im Jahre 1945 und der Bodenreform in der Sowjetischen Besatzungszone war Hennecke von Plessen Eigentümer des historischen Herrenhauses (vormalige Wasserburg aus dem 12. Jahrhundert) auf seinem Gut zu Kurzen Trechow und Eigentümer des Gutes zu Langen Trechow.

Hennecke von Plessen war Schriftführer und Vorsitzender des Familienverbandes der Plessen.[9] Diese familiären Aufgaben zur Traditionspflege der Plessen hatte er von seinem Vater, dem Nationalsozialisten Reimar von Plessen übernommen, der den Familienverband 1895 gegründet hatte.[10][11]

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands kehrte seine Tochter Maria Therese Schierning mit ihrem Sohn Christian an den vormaligen Familienbesitz in Kurzen Trechow zurück.[12]

Bleiglasfenster von Plessen

Trivia

In der Kapelle Langen Trechow, die zur Evangelisch-lutherischen Kirchgemeinde Langen Trechow gehört,[13] ließ Maria Therese Schierning zu ihrem 75. Geburtstag die Bleiglasfenster mit den Wappen und Namen der Patronatsfamilien hinter dem Altar wiederherrichten und vervollständigen, wobei dort auch „Hennecke von Plessen 1894–1968“ verewigt wurde, eingerahmt wie die übrigen Namen von barocken Putten und Ranken.[14]

Literatur

  • Genealogisches Handbuch des Adels, Adelige Häuser A Band I, Seite 258, Band 5 der Gesamtreihe, C. A. Starke Verlag, damals Glücksburg, heute Limburg (Lahn) 1953.
  • Max Naumann: Die Plessen. Stammfolge vom XIII. bis XX. Jahrhundert. Limburg an der Lahn 1971.
  • Avraham Barkai: Vom Boykott zur „Entjudung“. Der wirtschaftliche Existenzkampf der Juden im Dritten Reich 1933–1943. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt 1988, ISBN 3-596-24368-8.
  • Helmut Genschel: Die Verdrängung der Juden aus der Wirtschaft im Dritten Reich. Muster-Schmidt, Göttingen 1966, (immer noch gültiges Standardwerk zur „Arisierung“)
  • Constantin Goschler, Philip Ther (Hrsg.): Raub und Restitution. 'Arisierung' und Rückerstattung des jüdischen Eigentums in Europa. Fischer-Verlag, Frankfurt 2003, ISBN 978-3-596-15738-9.
  • Helen B. Junz: Die Vermögenslage jüdischer Bevölkerung vor dem Krieg in Ländern der nationalsozialistischen Besatzung, Deutschland und Österreich, o. J., o. O.
  • Johannes Ludwig: Boykott, Enteignung, Mord. Die „Entjudung“ der deutschen Wirtschaft. 2. überarbeitete Auflage, Piper Verlag, München 1992, ISBN 3-492-11580-2.
  • Michael Buddrus: Hennecke von Plessen (1894–1968). Biographie eines mecklenburgischen Adligen, Thomas Helms Verlag, Schwerin 2015, ISBN 978-3-940207-12-8
  • Hennecke von Plessen: Aus einer versunkenen Welt. Erinnerungen eines Junkers. (1948 verfasstes, im März 1949 auf Schloss Hinnenburg abgeschlossenes Manuskript seiner bisher nicht veröffentlichten Lebenserinnerungen)

Einzelnachweise

  1. vergl. Stammlinie von Plessen
  2. Familiengeschichte auf der Internetseite einer der zahlreichen Familien derer von Plessen; vergl. Genealogisches Handbuch des Adels, Adelige Häuser A Band XXI, Seite 301, Band 98 der Gesamtreihe, C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn), 1990
  3. vergl. M. Naumann: Die Plessen. Stammfolge vom XIII. bis XX. Jahrhundert, Starke Verlag, Limburg a. d. Lahn, 1971, S. 26
  4. Todesanzeige Schweriner Volkszeitung 10. Mai 2014
  5. Adelige Funktionäre in der NSDAP im Jahre 1939 – Plessen, Hennecke v., Pg., Gauwirtschaftsberater in Schwerin
  6. Matthias Baerens: Die “Arisierung” des jüdischen Kaufhauses Kychenthal in Schwerin. In Irene Diekmann (Hrsg.): Wegweiser durch das jüdische Mecklenburg-Vorpommern. Verlag für Berlin-Brandenburg 1998, S. 450 ff.; 16. November 2014 http://www.svz.de/mv-uebersicht/kychenthals-rueckkehr-id8198826.html
  7. Michael Buddrus: Hennecke von Plessen (1894–1968). Biographie eines mecklenburgischen Adligen, Thomas Helms Verlag, Schwerin 2015, S. 22.
  8. Michael Buddrus: Hennecke von Plessen (1894–1968). Biographie eines mecklenburgischen Adligen, Thomas Helms Verlag, Schwerin 2015, S. 60.
  9. Vergl. M. Naumann: Die Plessen. Stammfolge vom XIII. bis XX. Jahrhundert. Starke Verlag, Limburg a. d. Lahn, 1971, S. 26.
  10. vergl. Max Naumann: Die Plessen. Stammfolge vom XIII. bis XX. Jahrhundert. Starke Verlag, Limburg a. d. Lahn, 1971, S. 25.
  11. Lothar Elsner, Eva-Maria Elsner, Heinz Koch: Die Herrengesellschaft. Leben und Wandlungen des Wilhelm von Oertzen. Weymann Bauer Verlag 1998, S. 83.
  12. www.gut-trechow.de - “Die Geschichte und Besitzer der Wasser-Burg von Kurzen Trechow”; www.gutshaeuser.de – Kurzen Trechow bei Bützow
  13. Kapelle zu Langen Trechow. In: stiftskirche-buetzow.de (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.stiftskirche-buetzow.de
  14. Maria Therese ließ dort auch ihren eigenen Namen mit dem Geburtsjahr und dem Zusatz „fecit 2001“ einsetzen. Siehe auch Nadine Schuldt: Hochzeit in Langen Trechower Kleinod. In: svz.de vom 7. September 2000 (abgerufen am 24. August 2015)

Weblinks