Herzogsgruft
Die Herzogsgruft befindet sich unter dem Mittelchor des Wiener Stephansdomes und wurde um 1363 von Herzog Rudolf IV. in Auftrag gegeben.
Sie war der erste Bauabschnitt der später so genannten „Katakomben von St. Stephan“ und diente den Habsburgern bis über die Mitte des 16. Jahrhunderts hinaus als wichtigste Familiengrablege.[1] Weiters wurden hier von 1654 bis 1878 im Zuge der „Getrennten Bestattung“ Urnen mit den Eingeweiden oder Herzen von 56 Habsburgern beigesetzt.[2]
Geschichte
Ursprünglich bestand die Gruft aus einem rechteckigen gewölbten Raum unter dem Mittelchor und in der Längsachse des Doms ausgerichtet (der jetzt als Urnenraum genutzt wird). Der Zugang erfolgte über einen 24-stufigen Abgang, der von zwei Gruftplatten abgedeckt wurde. Nach der Beisetzung Erzherzog Karls (1565–1566), Sohn von Kaiser Maximilian II., geriet die Gruft in Vergessenheit.[2] Als sich der kaiserliche Kammerdiener Schnepf unweit der Herzogsgruft eine Familiengruft errichten ließ, wurde die alte Habsburger-Grablege 1645 wiederentdeckt.[3]
Der römisch-deutsche König Ferdinand IV. († 1654) verfügte testamentarisch, dass sein Herz unter der Loretokapelle der Augustinerkirche bestattet werden sollte. Die Eingeweide der verstorbenen Habsburger sollten hingegen in der Herzogsgruft des Stephansdoms beigesetzt werden. Damit begründete er den Brauch, dass auch die folgenden Habsburger ihre Eingeweide oder Herzen getrennt bestatten ließen. Die erste Beisetzung einer Eingeweide-Urne in der Herzogsgruft fand 1654 statt.[2] Die Intestina wurden dabei in Seidentücher gehüllt, in meist kupfernen Behältnissen in Spiritus eingelegt und diese dann zugelötet. In manchen Fällen enthalten die Kupferkessel der Herzogsgruft neben den Eingeweiden auch die Augen und das Gehirn der betreffenden Verstorbenen.[4] Von sechs Personen – allesamt frühverstorbene Kinder – befinden sich neben ihren Eingeweide-Urnen auch ihre Herz-Urnen in der Herzogsgruft, und nicht in der eigentlichen Herzgruft der Habsburger in der Wiener Augustinerkirche.
1754 befanden sich in der Herzogsgruft mit ihrem damals rechteckigen Grundriss 12 Särge und 39 Urnen mit Eingeweiden oder Herzen. 1754/1755 ließ Maria Theresia die Grablege um einen ovalen Raum Richtung Osten erweitern und die Gebeine ihrer Vorfahren, deren alte Särge man 1739 geöffnet hatte und die von Marquard Herrgott dokumentiert wurden, in neue Sarkophage umbetten.
Nach dem Tod des Herzogs von Reichstadt im Jahre 1832 erfolgten nur zwei weitere Beisetzungen von Eingeweide-Urnen in der Herzogsgruft, weil die Intestina der Habsburger aufgrund neuer Methoden der Leichenkonservierung seither im Normalfall nicht mehr separat bestattet wurden.[2] Eine „Getrennte Bestattung“ mit Aufteilung eines Körpers auf alle drei traditionellen Wiener Begräbnisstätten der Habsburger (Kaisergruft, Herzgruft, Herzogsgruft) erhielten im Laufe der Zeit 41 Familienmitglieder – diese sind in der untenstehenden Liste mit Stern (*) markiert.
1956 erfolgte eine Renovierung und Umgestaltung der Herzogsgruft, dabei wurden die Särge im ovalen Gruftraum neu positioniert und im rechteckigen Gruftraum Nischen eingebaut, in denen man hinter Gittern die Urnen mit Eingeweiden oder Herzen der Habsburger aufstellte. 1967 erfolgte eine neuerliche Umgestaltung der Herzogsgruft.[2]
Liste der Metallsarkophage
- Friedrich III., Herzog von Österreich (1347–1362) – Sohn von Herzog Albrecht II.
- Rudolf IV., Erzherzog von Österreich (1339–1365) – Sohn von Herzog Albrecht II.
- Katharina von Luxemburg (1342–1395) – Gemahlin von Erzherzog Rudolf IV.
- Albrecht III., Erzherzog von Österreich (1348–1395) – Sohn von Herzog Albrecht II.
- Albrecht IV., Erzherzog von Österreich (1377–1404) – Sohn von Erzherzog Albrecht III.
- Wilhelm, Erzherzog von Österreich (1370–1406) – Sohn von Herzog Leopold III.
- Leopold IV., Erzherzog von Österreich (1371–1411) – Sohn von Herzog Leopold III.
- Erzherzog Georg (1435–1435) – Sohn des römisch-deutschen Königs Albrecht II.
- Albrecht VI., Erzherzog von Österreich (1418–1463) – Sohn von Erzherzog Ernst I.
- Erzherzog Ferdinand (1551–1552) – Sohn von Kaiser Maximilian II.
- Erzherzogin Maria (1564–1564) – Tochter von Kaiser Maximilian II.
- Erzherzog Karl (1565–1566) – Sohn von Kaiser Maximilian II.
- Elisabeth von Österreich (1554–1592) – Tochter von Kaiser Maximilian II., Gemahlin von König Karl IX. von Frankreich, ursprünglich in dem von ihr gegründeten Königinkloster in Wien bestattet und nach dessen Auflösung 1782 hierher übertragen
- Friedrich III., römisch-deutscher König (1289–1330) – Sohn des römisch-deutschen Königs Albrecht I., ursprünglich in der von ihm gestifteten Kartause Mauerbach beigesetzt und nach deren Auflösung 1783 hierher übertragen
- Eleonora Gonzaga (1598–1655) – zweite Gemahlin von Kaiser Ferdinand II., ursprünglich in dem von ihr gegründeten Karmelitinnenkloster in der Leopoldstadt beigesetzt und 1783 hierher übertragen
Neben diesen 15 Personen wurden in der Herzogsgruft auch fünf Kinder Herzog Albrechts II. begraben, die vor 1337 entweder tot geboren wurden oder kurz nach der Geburt namenlos starben,[5] ebenso Anne Eleonore von Lothringen (1645–1646), eine Tochter des Herzogs Nikolaus II. von Lothringen.
Liste der Eingeweideurnen
- * Anna von Tirol (1585–1618) – Gemahlin von Kaiser Matthias
- * Kaiser Matthias (1557–1619) – Sohn von Kaiser Maximilian II.
- Kaiser Ferdinand II. (1578–1637) – Sohn von Erzherzog Karl II. von Innerösterreich
- * König Ferdinand IV. (1633–1654) – Sohn von Kaiser Ferdinand III.
- Kaiser Ferdinand III. (1608–1657) – Sohn von Kaiser Ferdinand II.
- Ferdinand Joseph (1657–1658) – Sohn von Kaiser Ferdinand III.
- * Erzherzog Leopold Wilhelm (1614–1662) – Sohn von Kaiser Ferdinand II.
- Erzherzog Karl Joseph (1649–1664) – Sohn von Kaiser Ferdinand III.
- Erzherzog Ferdinand Wenzel (1667–1668) – Sohn von Kaiser Leopold I.; auch Herzurne in der Herzogsgruft
- Erzherzog Johann Leopold (*/† 1670) – Sohn von Kaiser Leopold I.
- Erzherzogin Maria Anna Antonie (*/† 1672) – Tochter von Kaiser Leopold I.
- * Kaiserin Margaretha Theresia (1651–1673) – 1. Gemahlin Kaiser Leopolds I.
- Erzherzogin Anna Maria Sophie (*/† 1674) – Tochter von Kaiser Leopold I.
- Kaiserin Claudia Felizitas (1653–1676) – 2. Gemahlin Kaiser Leopolds I.
- Erzherzogin Maria Josefa Klementine (1675–1676) – Tochter von Kaiser Leopold I.
- * Kaiserin Eleonore Magdalene (1628–1686) – 3. Gemahlin Kaiser Ferdinands III.
- Erzherzogin Maria Margaretha (1690–1691) – Tochter von Kaiser Leopold I.; auch Herzurne in der Herzogsgruft
- * Erzherzogin Maria Antonia (1669–1692) – Tochter von Kaiser Leopold I.
- * Erzherzogin Maria Theresia (1684–1696) – Tochter von Kaiser Leopold I.
- Erzherzog Leopold Josef (1700–1701) – Sohn von Kaiser Joseph I.; auch Herzurne in der Herzogsgruft
- * Erzherzogin Maria Josepha (1687–1703) – Tochter von Kaiser Leopold I.
- * Kaiser Leopold I. (1640–1705) – Sohn von Kaiser Ferdinand III.
- * Kaiser Joseph I. (1678–1711) – Sohn von Kaiser Leopold I.
- Erzherzog Leopold Johann (*/† 1716) – Sohn von Kaiser Karl VI.; auch Herzurne in der Herzogsgruft
- * Erzherzogin Maria Amalia (1724–1730) – Tochter von Kaiser Karl VI.
- Erzherzogin Maria Elisabeth (1737–1740) – Tochter von Kaiser Franz I. Stephan; auch Herzurne in der Herzogsgruft
- * Kaiser Karl VI. (1685–1740) – Sohn von Kaiser Leopold I.
- Erzherzogin Marie Karolina (1740–1741) – Tochter von Kaiser Franz I. Stephan; auch Herzurne in der Herzogsgruft
- * Erzherzogin Maria Elisabeth (1680–1741) – Tochter von Kaiser Leopold I.
- * Erzherzogin Maria Anna (1718–1744) – Tochter von Kaiser Karl VI.
- * Kaiserin Elisabeth Christine (1691–1750) – Gemahlin von Kaiser Karl VI.
- * Erzherzog Karl Joseph (1745–1761) – Sohn von Kaiser Franz I. Stephan
- * Erzherzogin Johanna Gabriela (1750–1762) – Tochter von Kaiser Franz I. Stephan
- * Kaiser Franz I. Stephan (1708–1765) – Schwiegersohn von Kaiser Karl VI.
- * Kaiserin Maria Theresia (1717–1780) – Tochter von Kaiser Karl VI., Gemahlin von Kaiser Franz I. Stephan
- * Erzherzogin Louise Elisabeth (1790–1791) – Tochter von Kaiser Franz II.
- * Kaiser Leopold II. (1747–1792) – Sohn von Kaiser Franz I. Stephan
- * Kaiserin Maria Ludovica (1745–1792) – Gemahlin von Kaiser Leopold II.
- * Erzherzogin Karoline Leopoldine (1794–1795) – Tochter von Kaiser Franz II.
- * Erzherzog Alexander Leopold (1772–1795) – Sohn von Kaiser Leopold II.
- * Erzherzogin Maria Christine (1742–1798) – Tochter von Kaiser Franz I. Stephan
- * Erzherzogin Maria Amalia (1780–1798) – Tochter von Kaiser Leopold II.
- * Erzherzogin Karoline Luise (1795–1799) – Tochter von Kaiser Franz II.
- * Erzherzog Maximilian Franz (1756–1801) – Sohn von Kaiser Franz I. Stephan
- * Erzherzogin Carolina Ferdinanda (1793–1802) – Tochter von Großherzog Ferdinands III. von Toskana
- * Großherzogin Luisa Maria (1773–1802) – 1. Gemahlin von Großherzog Ferdinands III. von Toskana
- * Erzherzog Ferdinand Karl Anton (1754–1806) – Sohn von Kaiser Franz I. Stephan
- * Kaiserin Maria Theresia Caroline (1772–1807) – 2. Gemahlin von Kaiser Franz II.
- * Erzherzog Joseph Franz Leopold (1799–1807) – Sohn von Kaiser Franz II.
- * Erzherzog Johann Nepomuk (1805–1809) – Sohn von Kaiser Franz II.
- * Erzherzogin Maria Karolina (1752–1814) – Tochter von Kaiser Franz I. Stephan
- * Kaiserin Maria Ludovika (1787–1816) – 3. Gemahlin von Kaiser Franz II.
- * Albert, Herzog von Sachsen-Teschen (1738–1822) – Gemahl der Erzherzogin Maria Christine
- * Franz, Herzog von Reichstadt (1811–1832) – Sohn Kaiser Napoleons I.[6]
- * Kaiser Ferdinand I. (1793–1875) – Sohn von Kaiser Franz II.
- * Erzherzog Franz Karl (1802–1878) – Vater Kaiser Franz Josephs
Liste der Herzurnen
- Erzherzog Ferdinand Wenzel (1667–1668) – Sohn von Kaiser Leopold I.
- Erzherzogin Maria Margaretha (1690–1691) – Tochter von Kaiser Leopold I.
- Erzherzog Leopold Josef (1700–1701) – Sohn von Kaiser Joseph I.
- Erzherzog Leopold Johann (*/† 1716) – Sohn von Kaiser Karl VI.
- Erzherzogin Maria Elisabeth (1737–1740) – Tochter von Kaiser Franz I. Stephan
- Erzherzogin Marie Karolina (1740–1741) – Tochter von Kaiser Franz I. Stephan
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Herzogsgruft im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
- ↑ a b c d e Reinhard H. Gruber: Die Katakomben im Wiener Stephansdom; Verlag Bauer, Wien 2010
- ↑ Karl August Schimmer: Die Ruhestätten der österr. Fürsten; Wien 1841 (Online)
- ↑ Alexander Glück, Marcello LaSperanza, Peter Ryborz: „Unter Wien: Auf den Spuren des Dritten Mannes durch Kanäle, Grüfte und Kasematten“, Christoph Links Verlag 2001 online auf Google Books, S. 43–44
- ↑ Reifenscheid, Richard: Die Habsburger in Lebensbildern, Styria Verlag 1982, S. 47.
- ↑ Nach dem Tod des Herzogs von Reichstadt 1832 wurde sein Körper nach dem Hofprotokoll auf alle drei traditionellen Wiener Begräbnisstätten der Habsburger (Kaisergruft, Herzgruft, Herzogsgruft) aufgeteilt. 1940 wurde der Sarkophag auf Befehl Adolf Hitlers aus der Kaisergruft entfernt und nach Paris überführt, wo er sich jetzt im Invalidendom befindet.
Koordinaten: 48° 12′ 30,6″ N, 16° 22′ 23,2″ O