Hippogryph

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Hippogryph (Louis-Édouard Rioult, 1824)

Der Hippogryph (re-latinisierte Form des italienischen ippogrifo, Zusammensetzung aus altgriechisch ἵππος hippos „Pferd“ und italienisch grifoGreif“, dies aus lateinisch gryphus, dies wiederum aus altgriechisch γρύψ gryps) ist ein Fabelwesen, das zur einen Hälfte Greif und zur anderen Hälfte Pferd ist. Der Begriff ist aus dem Griechischen gebildet[1] und eine Erfindung von Matteo Maria Boiardo,[2] der das unglaublich schnell rasende Fabelwesen 1486 in seinem Roman "Der verliebte Roland" (L'Orlando Innamorato") auftreten ließ. Dann übernahm 1532 Ariost den "Roß-Greif" in seinem EposDer rasende Roland“.[3] Das Fabelwesen basiert auf der Redewendung, dass eine Kreuzung zwischen einem Greif und einem Pferd ein Ding der Unmöglichkeit sei.[4] Vermutlich wurde Boiardo von einer Stelle in den Eclogae des Vergil[5] inspiriert, in der eine solche Paarung als Metapher für eine absurde Ehe verwendet wird („Nunmehr werden sich Greife mit Pferden paaren“).[6]

Das Fabelwesen im Epos „Der rasende Roland“ dient verschiedenen Helden als schnelles Reit- bzw. Flugtier. Roland (Ruggiero) rettet mit seiner Hilfe die schöne Prinzessin Angelica vor einem Meeresungeheuer und der englische Prinz Astolfo fliegt auf dem Hippogryphen sogar zum Mond, um dort Rolands verlorenen Verstand wiederzufinden.

In späteren Erzählungen, z. B. bei dem deutschen Dichter Christoph Martin Wieland (Oberon), taucht der Hippogryph oft als Synonym für Pegasus auf.[7] Joseph von Eichendorff schrieb das Gedicht „Hippogryph“[8] und Friedrich Schiller „Pegasus im Joche“.[9] Wilhelm Raabe verwendete den Begriff in der Erzählung „Die Gänse von Bützow“.[10]

Gelegentlich taucht der Hippogryph in der modernen Fantasy auf, so unter anderem in Eric Rücker Eddisons Der Wurm Ouroboros (1922) und im Rollenspiel Dungeons & Dragons. In der deutschen Übersetzung der Harry-Potter-Romane von Joanne K. Rowling wird die Form „Hippogreif“ verwendet, die aber den in anderen Sprachen üblichen Bezeichnungen näher kommt. Im Englischen werden sowohl hippogriff (so bei Rowling) als auch hippogryph verwendet. Der Hippogreif Seidenschnabel spielt eine Schlüsselrolle im dritten Band, Harry Potter und der Gefangene von Askaban.

In der griechischen Mythologie gibt es ein ähnliches Mischwesen, das Hippalektryon, dessen Vorderteil vom Pferd und dessen Hinterteil vom Hahn stammt. Das Hippalektryon hat vier Beine und Flügel.

Die Heraldik greift das Motiv als Pferdegreif auf.

Weblinks

Commons: Hippogryph – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelhinweise

  1. Meyers Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 359–360.
  2. Ansgar Hillach, Klaus-Dieter Krabiel: Eichendorff-Kommentar: Zu den Dichtungen. Winkler, 1971, S. 55.
  3. Wilhelm Waiblinger: Werke und Briefe: Erzählende Prosa. Cotta, 1981, ISBN 978-3-7681-9918-6, S. 830.
  4. Hippogriff in Encyclopædia Britannica. Abgerufen am 12. Dezember 2019.
  5. Vergil, Eclogae 8,27 (lateinisch/deutsch).
  6. Wilhelm Waiblinger: Werke und Briefe: Erzählende Prosa. Cotta, 1981, ISBN 978-3-7681-9918-6, S. 830.
  7. Meyers Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 359–360.
  8. Siehe dazu Liste der Gedichte Joseph von Eichendorffs.
  9. Pegasus im Joche auf Wikisource.
  10. Wilhelm Raabe: Ausgewählte Werke in sechs Bänden. Band 1, Berlin und Weimar 1964–1966, S. 597–605.