Hirschau Keramik

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Hirschau Keramik war eine Steingutmanufaktur, die in der Zeit von 1826 bis 1956 in Hirschau in der Oberpfalz bestand.

Geschichte

Mit dem Einzug der Industrialisierung in die Region kam es auch zur Gründung der Hirschauer Steingutfabrik. 1826 erteilte die Regierung des Regenkreises die Konzession für den Betrieb einer Steingutfabrik, die Heinrich Waffler und die Brüder Karl Martin und Josef Konstantin Dorfner erbauten.[1] Zugezogene, oft evangelische Arbeitskräfte ließen die Einwohnerzahl Hirschaus im Laufe des 19. Jahrhunderts ansteigen; viele siedelten sich auch außerhalb der Stadtmauern an.[2]

Ernst Dorfner leitete die unter Dorfner & Co. firmierende Manufaktur[3] über 50 Jahre.[4] Unter den Erzeugnissen der Manufaktur befanden sich neben Gebrauchsgeschirr[5] vor allem Vasen, Blumentöpfe und Wandteller mit Reliefs.[6] Zu der „alten“ Fabrik kam 1894 die an anderer Stelle im Ort von Hermann & Florian Dorfner – den Söhnen Josef Dorfners – errichtete „neue“ Steingutfabrik hinzu;[6] beide erwarben 1913 auch die Firma Dorfner & Co.[3]

Mit dem vermehrten Angebot von Porzellan war die Steingutmanufaktur in Hirschau gegen Ende des 19. Jahrhunderts rückläufig,[7] daher veräußerte die Firma Gebrüder Dorfner Steingutfabrik, sowie Kaolin Dampfschlämmerei beide Fabriken 1918 an die C. & E. Carstens KG[6] und konzentrierte sich auf die Gewinnung und Raffination des in Hirschau vorkommenden Kaolins.[8] Die „alte“ Fabrik wurde noch im gleichen Jahr geschlossen.[1]

Nach 1918 verringerte sich die Produktion deutlich.[3] Die Hirschauer Steingutfabriken С. & E. Carstens beschäftigten in den 1920er Jahren 250 Arbeiter und betrieben vier Rund- und zwei Muffelöfen.[6] Obwohl sich die Konjunktur in Deutschland zwischen 1925 und 1929 erholte, setzt sich in Hirschau der Niedergangs der Steingutfabrik fort. Im Juli 1926 musste die Steingutfabrik 150 Entlassungen ankündigen und die meisten auch durchführen.[9]

Der Hamburger Künstler Siegfried Möller prägte zwischen 1923 und 1926 die Farb- und Formgebung des Geschirrs aus der Hirschauer Steingutfabrik.[10] Die Industriedesignerin Eva Zeisel entwarf ab 1930 für die Hirschauer Keramik Geschirr im Stil des Bauhauses, ihr wird das Speiseservice „Nürnberg“ zugeschrieben.[11] Andere Künstler wie Helene „Mau“ Fischer (1930) und Maria Piffl (1930/31) steuerten ihre Formgestaltung bei.[12] Um 1930 versuchte die Manufaktur eine Variation ihrer Produktpalette und bot etwa 20 Tierplastiken an, darunter Adler, Birkhahn, Hase, Katze, Mops und andere.[4]

Seit 1929 gehörten die Hirschauer Werke zur Christian Carstens KG.[6] Ab 1930 verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage weiter, sodass die Steingutfabrik 1931 den Betrieb vorübergehend still legen musste und danach nur mehr unregelmäßig weiterarbeitete.[9] Alois Luschka übernahm 1938 die Manufaktur und betrieb sie bis zum Konkurs 1956[13] als Hirschau Keramik GmbH.[14]

Obwohl sich die Besitzverhältnisse oft änderten, blieb die Marke HK gleich. Daher ist eine Zuordnung der Keramiken meist nur über den Produktionszeitraum möglich.[15]

Ausstellungen

In der Alten Mälzerei von Hirschau befindet sich eine permanente Ausstellung mit etwa 800 Exponaten zu Hirschau Keramik.[13]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Zeugen einer bedeutenden Epoche. In: onetz vom 17. März 2016.
  2. Heribert Batzl: Geschichte der Stadt Hirschau. Hirschau 1968, S. 190.
  3. a b c Gebrüder Dorfner G.m.b.H. & Co. In: steinmarks.co.uk
  4. a b Adler. Expressionismus auf Schwingen. In: BR Fernsehen, Kunst + Krempel vom 12. März 2016.
  5. Klaus Beitl, Gertraud Liesenfeld: Vergleichende Keramikforschung in Mittel- und Osteuropa: Referate des 14. Internationalen Hafnerei-Symposiums vom 7.-11. September 1981 im Ethnographischen Museum, Schloss Kittsee. Österreichisches Museum für Volkskunde, Ethnographisches Museum Schloss Kittsee, 1984, ISBN 3-90035-924-5, S. 27.
  6. a b c d e Karl H. Bröhan, Dieter Högermann: Gemälde, Skulpturen, Kunsthandwerk, Industriedesign. Band 3 des Bestandskatalogs des Bröhan-Museums. K.H. Bröhan, 1985. S. 73.
  7. Keramik. In: Bergbau- und Industriemuseum Ostbayern
  8. Gebrüder Dorfner GmbH & Co. Kaolin- und Kristallquarzsand-Werke KG
  9. a b Heribert Batzl: Geschichte der Stadt Hirschau. Hirschau 1968, S. 193.
  10. Juwelen der Keramik aus Hirschau. In: Mittelbayerische Zeitung vom 18. September 2016.
  11. Die Geschichte des „weißen Goldes der Oberpfalz“. In: Mittelbayerische Zeitung vom 24. März 2012.
  12. Abstraktion in die Oberpfalz gebracht. In: Mittelbayerische Zeitung vom 12. Oktober 2017.
  13. a b Steingutausstellung in der „Alten Mälzerei“ in Hirschau. In: pottpourri.net, 2016 .
  14. Pat Moore, Pirco Wolfframm: Eva Zeisel: Life, Design, and Beauty. Chronicle Books, 2013, ISBN 1-45212-959-2, S. 239.
  15. Hirschau Keramik GmbH. In: lavaguys-ceramic.com.au vom 25. März 2017.