Hervarar saga ok Heiðreks konungs

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Hervors Tod, Gemälde von Peter Nicolai Arbo

Hervarar saga ok Heiðreks konungs oder Hervarar-Saga ist eine Vorzeitsaga, deren älteste Form im 13. Jahrhundert entstand und die auf älteren Sagen basiert. Sie ist in drei Redaktionen bekannt, die teilweise nicht unerheblich differieren. Sie handelt von einem Krieg zwischen einem gotischen und „hunnischen“ Volk um das 4. bis 5. Jahrhundert.

Handlung

Hervör, eine Kriegerin in Männerkleidung, und ihr Sohn Heidrek, der König des mythischen Königreiches Reidgotaland wurde, sind die Hauptfiguren zu Beginn der Saga. Zwischen Heidreks Söhnen, Angantýr und Hlǫd (Hlǫðr), bricht ein Bürgerkrieg um das Erbe des Vaters aus. Hlǫd holt sich Hilfe bei den Hunnen, doch in der folgenden Schlacht wird er besiegt und erschlagen. Das Schwert Tyrfing spielt eine zentrale Rolle. Dieser Teil der Saga wird oft als Hunnenschlachtlied (Hlǫðskviða) bezeichnet.

Zum Ende der Saga wird berichtet, dass Angantýr den Sohn Heidrek Ulfham bekommt, der für längere Zeit König in Reidgotaland bleibt. Heidreks Tochter hieß Hild. Sie gebar den Sohn Halvdan der Gütige, der wiederum Vater von Ivar Vidfamne war. Die beiden letztgenannten Könige kommen auch bei Snorri Sturluson vor. Anschließend folgt in einer Redaktion der Saga (U-Redaktion) eine Auflistung des schwedischen königlichen Stammbaumes bis hin zu Philipp, der auch historisch belegt ist.

Kulturhistorischer Kontext

Die Themen der Saga gehen bis auf die Völkerwanderungszeit zurück. Dies gilt insbesondere für das Hunnenschlachtlied (Hlǫðskviða). Dieser Teil gehört zu den Heldensagas. Dagegen ist der Teil über Hervor, der sich um das Hervorlied (Hervararkviða) aufbaut, zu den Wikingersagas zu rechnen. Auffallend ist, dass es in dieser Saga mehr Verse gibt als in den übrigen Sagas. Die Einleitung und der erste Teil der Saga spielt fast ausschließlich in ostnordischen Gebieten, die meisten in Schweden oder in schwedischem Einflussgebiet. Die ausschließlich dem südöstlichen Ostseegebiet oder generell dem südosteuropäischen Raum zugeschriebenen Handlungsorte des zweiten Teils sind umstritten[1] und werden z. B. von Reinhard Wenskus zurückgewiesen. Nach seinen textkritischen Untersuchungen handelt es sich in diesem Überlieferungsbereich mit größerer Wahrscheinlichkeit um die ausgetragene Schlacht zwischen einem gotländischen Stamm und jenem Volk, das im nördlichen Bereich des Hunalands, einschließlich auch der heutigen Niederlande, ansässig war.[2] Gemäß dieser Auslegung fände sich für das von Hlǫðr angegriffene Árheimar, Königssitz des Angantyr, eine Entsprechung im dortigen Arnhem. Wenskus interpretiert diesen Erzählungsabschnitt als einen salfränkischen Eroberungszug unter Chlodio, den er mit dem altnordischen Hlǫðr sowohl etymologisch als auch sagengeografisch vereinbar sieht. Über diesen Erzählungsraum enthält eine Handschrift der Hervara saga auch dieses geografische Zitat ihres Redaktors: „Er þat sagt, at Reiðgotaland ok Húnaland sé nú þýðskaland kallat.“ (þýðskaland = Deutschland). Das Reiðgotaland wird in anderen Redaktionen dieser Saga auch mit dem zeitgenössischen Umfang von Jütland gleichgesetzt.

Ausgaben

  • Erdmann Matthias Reifegerste: Die Hervarar-Saga. Eine kommentierte Übersetzung und Untersuchungen zur Herkunft und Integration ihrer Überlieferungsgeschichten. = Die Saga von Hervör (= Altnordische Bibliothek. Band 6). Norden Reinhardt, Leverkusen 1989, ISBN 3-927153-01-X (Zugleich: Köln, Universität, Dissertation, 1988).

Literatur

  • Dan Korn: Tre isländska sagor om Sverige. D. Korn, Mölnlycke 1990.
  • Johan Henrik Schück: Smärre bidrag till nordisk litteraturhistoria. I. Den Svenska krönikan i Hervararsagan. In: Axel Kock et al. (Hrsg.): Arkiv för nordisk filologi (ANF). Neue Folge, Band 8 (= Band 12 der Gesamtausgabe). C. W. K. Gleerups förlag, Lund 1896, S. 217–222 (mehrsprachig, runeberg.org).
  • Johan Henrik Schück: Studier i Hervararsagan (= Upsala universitets årsskrift 1918, Teil 2, ZDB-ID 211708-3). Almqvist & Wiksell, Uppsala 1918, S. 3–56.

Einzelnachweise

  1. Vgl. u. a. Helmut Humbach: Die geografischen Namen des altisländischen Hunnenschlachtliedes. In: GERMANIA. Anzeiger der Römisch-Germanischen Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts. Jg. 47 1969. S. 145–162.
    Jan de Vries: Altnordische Literaturgeschichte I. Berlin 1942. S. 36–38, 47f. und (m. E.) Hermann Schneider: Germanische Heldensage III. Berlin 1934. S. 96f.
  2. Reinhard Wenskus: Der 'hunnische' Siegfried. In: Heiko Uecker (Hrsg.) Studien zum Altgermanischen. Festschrift für Heinrich Beck, Berlin/New York 1994. (Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, 11) S. 686–721. Siehe S. 717f. (PDF; 1,3 MB)